Wenn ich an Bahrain denke, kommt mir unweigerlich das Jahr 2004 in den Sinn. Damals fuhr ich meine erste Formel 1-Saison für Jaguar und der Große Preis von Bahrain war erst der dritte Grand Prix, an dem ich teilgenommen habe. Die Strecke bietet viele Überholmöglichkeiten, die ich in diesem Rennen einige Male nutzen konnte. Das hat viel Spaß gemacht.

'Überholmanöver machen Christian besonders viel Spaß., Foto: Sutton
'Überholmanöver machen Christian besonders viel Spaß., Foto: Sutton

Leider werden Überholmanöver heutzutage in der Formel 1 immer seltener. Die Autos sind aerodynamisch so ausgereizt, dass hinter einem anderen Auto nicht die nötige Luft auf dein Auto einströmt, so dass du Downforce verlierst und dich nicht mehr so leicht an den Vordermann ansaugen kannst. Das Besondere am Bahrain International Circuit ist, dass es einige langsame Kurven im Anschluss an lange Geraden gibt, was in der modernen Formel 1 eine Art Schlüsselstelle für Überholmanöver ist. Deshalb sehen wir in Bahrain immer wieder viele Überholmanöver.

Aus Fahrersicht sieht das so aus: Du sitzt im Cockpit und legst dir den Vordermann zurecht, studierst einige Runden lang seine Linie und bekommst so ein Bild davon, wo er langsamer ist als du. Dann musst du eine günstige Situation ausnutzen und ihn überholen. Dazu musst du allerdings schneller sein als dein Vordermann, sonst klappt es aufgrund der beschriebenen Aerodynamikproblematik nicht mit dem Überholen. Sobald du zum Überholen ansetzt, schnellt der Puls in die Höhe. In der Datenauswertung nach dem Rennen erkennt man, wie der Puls beim Start, bei brenzligen Situationen und eben bei Überholmanövern ausschlägt - da kann er bis zu 180 hochgehen.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass es durch den Wegfall der Traktionskontrolle in dieser Saison mehr Fehler und dadurch mehr Überholmanöver geben würde. Das trat jedoch nur zum Teil ein. Sicher, die Abschaffung der Fahrhilfen macht das Fahren ein bisschen schwieriger, der Fahrer hat mehr Verantwortung, weil er durchdrehende Räder mit dem Gasfuß kontrollieren muss. Dieses Jahr sieht man öfter durchdrehende Räder oder quer stehende Autos, was beim Herausbeschleunigen aus den Kurven Geschwindigkeit kostet und so die Möglichkeit für Überholmanöver eröffnen kann. Insofern ist es ohne Traktionskontrolle schon interessanter geworden.

Trotzdem haben die Autos noch immer so viel Grip und Downforce, dass die Auswirkung des Verbots nicht so groß ist, wie wir es uns vorgestellt haben. Auf der anderen Seite wird in allen anderen Rennserien ohne Traktionskontrolle gefahren, jeder kennt sich aus, weiß, was er zu tun hat. Deshalb glaube ich, dass wir erst nächstes Jahr einen größeren Unterschied sehen werden. Dann wird der Downforce durch die neuen Aerodynamikregeln deutlich verringert. Das sollte zu mehr Fehlern und mehr Manövern führen.

Christian überholt Kimi Räikkönen im McLaren!, Foto: Moy/Sutton
Christian überholt Kimi Räikkönen im McLaren!, Foto: Moy/Sutton

Das beste Beispiel ist die GP2. Dort haben die Autos weniger PS, aber auch deutlich weniger Downforce. Sie können viel dichter hintereinander herfahren und es gibt viel mehr Überholmanöver. Die F1 ist auf dem Weg in diese Richtung, für die Zuschauer und die Fahrer sollte das mehr Spaß bringen. Denn eins ist klar: Zweikämpfe und Überholmanöver sind das Beste am Motorsport, sie machen am meisten Spaß. Leider gibt es davon momentan zu wenig.

Ich würde gerne in jedem Rennen so viele Überholmanöver sehen, wie 2004 bei meinem ersten Rennen in Bahrain. Mein schönstes Überholmanöver hatte ich im gleichen Jahr, allerdings in Spa-Francorchamps. Ich lag vor der La Source Haarnadel hinter dem Toyota von Olivier Panis. Ich war direkt hinter ihm, ging vorbei und fuhr so meinen ersten WM-Punkt ein. Das ist mir gut in Erinnerung geblieben. Aber auch in Bahrain waren einige erinnerungswürdige Manöver dabei, zum Beispiel eines gegen Kimi Räikkönen im McLaren, den ich mit meinem Jaguar überholt habe - das war eine tolle Sache!