Es ist ein Dschungel da draußen, selbst wenn man in der Wüste ist. Es geht hart zu, es wird einem nichts geschenkt und der Schwächste fliegt sowieso. Hier wird nicht nach Mama gerufen oder gesagt, dass man berühmt sei und raus will. Hier wird rein gehalten, wenn es sein muss auch wieder und wieder. Das Geschäft ist eben hart und nur die Härtesten dürfen mitmachen. Fünf von ihnen sind aus Deutschland und sie zählen zu den Besten und Härtesten ihrer Zunft. Sie sind professionelle Sandkornzähler.

Die Zählbrille sitzt, Foto: Sutton
Die Zählbrille sitzt, Foto: Sutton

Der Erfahrenste unter ihnen ist Nick. Er kann 300 Arten von Körnern durch seine Sonnenbrille unterscheiden und hat es einmal geschafft, die Anzahl Körner in einer Handvoll Sand einfach an ihrem Gewicht zu schätzen - aufs Korn genau. In Bahrain hatte er allerdings seine Probleme. Wind machte die Zählerei schwierig. Letztendlich ging aber alles gut aus. "Ich bin zufrieden, nachdem das Wochenende so schlecht begonnen hatte", bilanzierte Nick. "Im Training ging gar nichts. Da ist Platz 4 versöhnlich, aber ich hoffe, dass es nicht noch öfter vorkommt in dieser Saison", sagte er. Es ärgerte ihn trotzdem ein wenig, dass es so kompliziert mit der Zählerei losgegangen war. Als Routinier hatte er aber einen Tipp für seine jungen Kollegen. "Aber wenn es nicht klappt, darf man den Kopf nicht hängen lassen, muss alles geben und das hat dieses Wochenende geholfen. Man darf einfach nicht aufgeben."

Nico hat mittlerweile auch schon seine Erfahrungen mit dem Sand gemacht und schaffte vor zwei Jahren sogar einmal die schnellste Zählzeit in Bahrain. Doch die Körner waren ihm diesmal nicht so wohl gesonnen. Denn vor ihm war ein Profizähler aus Italien, der neben Körnern auch stark mit Erbsen umgehen kann. "Gegen den Jarno hatte ich heute keine Chance. Es war komisch draußen. Am Anfang war ich schneller als er, hatte aber die harten Reifen drauf. Ich habe es dann nicht geschafft, dran zu bleiben", sagte Nico und umriss das Problem. Will der Reifen beim zählen nicht, dann hängt man bald in einer Grube, aus der man sich erst rauszählen muss. Doch es geschah Komisches bei Zählmeister Nico. "Am Ende war ich wieder ganz schnell und das war etwas eigenartig und nicht ganz ideal."

Timo hat jedes Korn im Blick, Foto: Sutton
Timo hat jedes Korn im Blick, Foto: Sutton

Timo und Adrian sind noch recht neu im Geschäft, aber sie finden sich schön langsam zurecht. Diesmal konnten sie immerhin bis zu Ende zählen, was ihnen wichtige neue Erfahrungswerte brachte. So wissen sie nun auch, wie sich ein Sandkorn nach 57 Zählrunden anfühlt, wenn die Finger eigentlich nur mehr in eine Schale mit Zitronenwasser wollen. Glock war es diesmal allerdings wichtig, vorneweg gut ins Zählen zu kommen. "Der Start war ziemlich spannend. Da gab es ziemlich viele Kollisionen. Dieses Mal bin ich einigermaßen drumherum gekommen", erzählte er. Dafür winkte am Ende auch die Zielankunft, obwohl sein Abakus zwischendurch Schwierigkeiten machte. "Wir haben dann von einer auf die andere Runde ein ziemliches Problem gekriegt und ich musste mich dann mehr verteidigen, als dass ich nach vorne schauen konnte", sagte er. So ist natürlich keine Sandburg zu gewinnen, denn Zählen lässt sich nur gut, wenn die Augen nach vorne gerichtet sind.

Dass man auch nach hinten schauen muss, erlebte Adrian, der kurz davor war, eine Hand ausgezählt zu haben, als ihn von hinten ein Stoß ereilte, der den Sand aus der Hand schlug. Alles zählen war umsonst gewesen und Adrian musste dem Feld hinterher eilen. Doch er biss sich durch und sah auch, dass sein Zählkollege Giancarlo dank aufgerüsteter Zähltechnik einigermaßen mithalten konnte. "Es ist recht knapp. Im Qualifying können wir noch zulegen, aber wenn man sich die Rennpace im Vergleich zu den anderen Autos ansieht, dann waren wir da heute dabei. Schauen wir, wie es in Barcelona ist", sagte er.

Wenn es ums Zählen geht, ist Adrian voll konzentriert, Foto: Sutton
Wenn es ums Zählen geht, ist Adrian voll konzentriert, Foto: Sutton

Der unglücklichste Zähler war Sebastian. Jung und äußerst talentiert will ihm der Sand in diesem Jahr ständig durch die Finger gleiten. Oft wird er aber auch ganz einfach sabotiert. So auch diesmal, als er gleich zu Beginn loszählte, als wären drei Strände durchzuzählen. "Ich hatte nach weniger guten Starts in den vergangenen beiden Rennen diesmal einen echt guten Start. Ich kam weg wie eine Rakete und konnte zwei oder drei Autos überholen", erzählte er. Kurz nach Beginn erfolgte aber der erste Schlag, der Sebastian noch nicht aus dem Tritt brachte. Er wusste noch immer, dass auf 784.321.539 784.321.540 folgt. Dann, als es zum vierten Haufen ging, wollte ihn aber ein harscher Zähler ausbremsen und traf ihn hinten. "Wegen des Schadens musste ich aufgeben. Ich weiß nicht, wer das war und was er tun wollte", ärgerte sich Sebastian. Der nächste Sandhaufen kommt aber bestimmt und Sebastian ist wie alle ein harter Hund. Er gibt nicht auf und wird weitermachen, bis er selbst das letzte Korn gezählt hat.