In Melbourne war er haarscharf dran, doch mit einem Fehler verspielte er die Chance auf die Pole Position. In Sepang stand er so weit oben auf dem Podium wie noch nie - auf dem zweithöchsten Treppchen. In Sakhir hat er es geschafft: Robert Kubica holte seine erste Pole Position.

Schon nach Malaysia ernannte motorsport-magazin.com Kubica zum Mann des Grand Prix. Unser Redakteur Juha Päätalo beschrieb den Polen als eine Art zweiten Iceman. Warum, zeigte Kubica nach seiner ersten Pole, die gleichzeitig die erste in der Geschichte seines Teams war: mit versteinerter Mine saß Kubica in der Pole-Pressekonferenz und kritisierte zuerst einmal einen Bremsplatten, Vibrationen und einige Fehler auf seiner Pole-Runde. Freuen kann er sich ein andermal.

"Ich kann mich an einige Kommentare erinnern, die sehr negativ über Robert waren - selbst Anfang dieses Jahres", sagt Kubicas Chef Mario Theissen mit einer gewissen Genugtuung. "Es ist gut für ihn, jetzt so eine starke Leistung zu Saisonbeginn gezeigt zu haben." Aber nicht nur das: "Robert kann einer der Stars in der Formel 1 werden." Den BMW-Motorsportdirektor weiß er schon einmal hinter sich.

Ins Blickfeld von BMW geriet Kubica in seiner Formel 3-Zeit. "Wir haben realisiert, dass er mehr drauf hatte, als die Ergebnisse auswiesen", erinnert sich Theissen. Wie viele Nachwuchspiloten mühte sich Kubica damals mit minderwertigem Material ab. "Aber wir bemerkten, dass er sehr ehrgeizig war und sich kompromisslos auf seine Rennfahrerlaufbahn konzentrierte." Auf dieser Basis holte BMW den jungen Polen als F1-Testfahrer ins Team - ohne, dass er je in einem BMW Sauber F1-Boliden gesessen hätte. "Das war ein großes Risiko", gesteht Theissen, "aber wir haben schnell gemerkt, dass die Entscheidung richtig war."

Selbst der Bigboss gratulierte., Foto: Sutton
Selbst der Bigboss gratulierte., Foto: Sutton

Kubica spielte in die Hände, dass das Reglement Einsätze als Freitagstestfahrer erlaubte, so dass er sich schnell als F1-Tester etablieren und viel lernen konnte. "Dabei konnte er zeigen, was in ihm steckt." Das überzeugte Theissen so sehr, dass er sich schon nach einer halben Saison sicher war: Kubica hat das Zeug zum Formel 1-Stammfahrer. Nach Hockenheim musste Ex-Champion Jacques Villeneuve für Kubica Platz machen. "Mit seinen guten Leistungen war er schon vor seinem Podium in Monza für die nächste Saison gesetzt."

Das Jahr 2007 war ein schwieriges für Kubica. Zum einen wegen seines schweren Unfalls in Montreal, zum anderen wegen vieler technischer Defekte und der ungewohnten Einheitsreifen, die von ihm eine Fahrstiländerung verlangten. "Er hat als Persönlichkeit viel mitgenommen", sagt Theissen. Das kommt ihm 2008 zugute. "Er hat über den Winter einen großen Schritt gemacht. Er ist positiver, offener und motivierter." Das wirke sich vor allem auf die Zusammenarbeit mit dem Team aus. "Man spürt sowohl bei ihm als auch bei den Ingenieuren um ihn herum, dass alle sehen, wir können dieses Jahr enorm etwas erreichen. Das schmiedet zusammen, seigert die Motivation und den Einsatz."

Die ersten Früchte erntete BMW Sauber an den ersten zweieinhalb Rennwochenenden. "Wenn das Auto stimmt, ist Robert bereit, ein Rennen zu gewinnen", prophezeit Theissen. "Das gibt ihm Selbstbewusstsein in seine Fähigkeiten." Theissen vergleicht die Fahrweise von 2008 mit jener von 2006 - als es noch keine Einheitsreifen gab. "Letztes Jahr war sein aggressiver Ansatz von 2006 nicht möglich, aber jetzt sehe ich ihn wieder."

Dennoch befindet sich Kubica weiter in einer positiven Lernphase. "Er ist realistisch, sieht sehr wohl, was möglich ist und verlangt sich selbst nichts Unmögliches ab", betont Theissen. "Wenn er aber sieht, dass mehr möglich gewesen wäre, dass ungenutztes Potenzial vorhanden war, dann stachelt ihn das an." Dann kann er auch schon einmal unangenehm werden. Doch auch hier glaubt Theissen, dass Kubica die über den Winter angeeignete Lockerheit gut tut. Ebenso wie die Gewichtsabnahme. Es ist die Rede von sieben Kilo in sechs Wochen. "Das hat uns selbst überrascht", so Theissen.

Kubica war klar, dass er das Gesamtpaket verbessern konnte, wenn er abnehmen würde. "Denn was er verliert", erklärt Theissen, "kann in Form von Ballast hinzugefügt werden - das macht das Auto schneller." In der F1 ist eben alles eine Frage der Gewichtsverteilung.