Die zweite Saisonhälfte 2006 neben Michael Schumacher, auch die meiste Zeit 2007 neben Kimi Räikkönen - da schien das ewige Talent sich zu stabilisieren. Massa konnte seinen immer vorhandenen extremen Speed jetzt auch immer öfter im Rennen umsetzen, die Fehlerquote sank, letztlich war es nur der technische Defekt von Monza, der ihn im Kampf um den Titel zurückwarf.

Schon in Australien verabschiedete sich Massa vorzeitig., Foto: Sutton
Schon in Australien verabschiedete sich Massa vorzeitig., Foto: Sutton

Doch jetzt fällt Massa plötzlich wieder in alte Unsitten zurück, dicke Fehler in Melbourne, jetzt der Abflug in Sepang, null Punkte nach den beiden ersten Rennen... Ist es der Druck, der durch die Angst entsteht, teamintern hinter Weltmeister Kimi Räikkönen doch wieder nur zur Nummer zwei abgestempelt zu werden? Vor allem nach dem Abgang von Jean Todt, der ihn intern natürlich seiner größten Stütze beraubt? Oder will Massa, der vor Saisonbeginn vor allem zu Hause in Brasilien groß getönt hatte, er sei neben Räikkönen auf jeden Fall absolut gleichberechtigt, einfach nur zuviel?

Was auch immer die Ursache ist, die Wirkung ist eindeutig: Massa gerät nicht nur in der italienischen Presse ins Kreuzfeuer der Kritik, auch bei Ferrari selbst macht man sich natürlich Gedanken - selbst wenn das öffentlich noch weit von der Hand gewiesen wird. Schon letztes Jahr war es ja ein offenes Geheimnis, dass Ferrari bei anderen Teams sondierte, ob etwa Interesse daran bestünde, sich Massa "auszuleihen." Umso überraschender kam dann die Vertragsverlängerung bis 2010 kurz vor dem Brasilien-GP. Aber vielleicht lagen da die Zyniker gar nicht so falsch, die darin vor allem eine PR-Aktion sahen - und ein Zuckerl für Massa, um sich dessen absoluter Loyalität beim WM-Finale zu versichern, was ja auch bestens gelang...

Aber das Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo gerne Fernando Alonso holen würde, ist nichts Neues. Jetzt ist mit Jean Todt das größte Hindernis für einen solchen Deal verschwunden. Und Alonso lässt ja auch schon durchklingen, dass er natürlich nichts dagegen hätte, mal wieder "das beste Auto im Feld" zu fahren, auch wenn er dann im nächsten Satz wieder nachschiebt, dass es ja eigentlich noch viel zu früh sei, über solche Dinge zu reden... Dass der Spanier am Saisonende dank seiner Erfolgsklausel bei Renault frei wird, ist nicht unwahrscheinlich. Insofern sind wohl auch die Chancen für Sebastian Vettel, im Falle eines Falles der Massa-Nachfolger zu werden, eher gering Außerdem ist es, bei aller Wertschätzung von Vettel, sicher immer noch ein Unterschied, ob man sich den Ärger und die Kosten einer vorzeitigen Vertragsauflösung für einen Newcomer macht, den man mit Sicherheit in ein oder zwei Jahren auch noch bekommen kann - oder für einen zweimaligen Weltmeister...

Dass Felipe Massas Gattin Raffaela Bassi sämtliche Gerüchte um ihren Mann in Fernseh-Interviews schlicht als "bullshit" bezeichnet, ist ja ehrenwert und sehr loyal - aber geben sollte man darauf wohl genauso wenig wie auf die Beteuerungen von Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali, es gebe keine Zweifel an und keinen Druck auf Massa. Jeder weitere Bock, der dem Brasilianer in den nächsten Wochen und Monaten vielleicht noch unterläuft, wird neue Diskussionen auslösen. Das weiß der natürlich auch - was die Wahrscheinlichkeit neuer Böcke nicht geringer macht. Ein Teufelskreis, an dessen Ende leicht der unfreiwillige Abschied stehen könnte...

Die Freundin von Felipe Massa ist zur Zeit eine der wenigen Fürsprecher des Brasilianer, Foto: Sutton
Die Freundin von Felipe Massa ist zur Zeit eine der wenigen Fürsprecher des Brasilianer, Foto: Sutton

Wobei es Massa sicher nicht hilft, dass er auch öffentlich nicht unbedingt viele Fürsprecher hat. Daran ist er allerdings auch selbst nicht unschuldig mit seiner Tendenz, Fehler eher nicht zugeben zu wollen, Erklärungen zu suchen, die dann schon verdächtig nach Ausreden klingen, wie jetzt der Ausritt über den Curb, der angeblich vielleicht das Auto beschädigt habe... Das Ganze dann noch vorgetragen in einer Mischung aus weinerlich, ratlos und aggressiv den kritischen Fragestellern gegenüber - so macht man sich keine Freunde. Und kriegt dann halt schon mal in diesem speziellen Fall zur Antwort, dass man auf dem Curb ja eigentlich auch nichts zu suchen gehabt habe. Sogar von brasilianischen Landsleuten...