Der erste Sieg. Ein hehres Ziel, eine vollmundige Ankündigung. Toyota wartet noch immer darauf. Honda wäre daran fast zerbrochen und ist danach definitiv eingebrochen. So schlimm sieht die Formel 1-Welt für BMW Sauber Anfang 2008 nicht aus. Als Vizekonstrukteursweltmeister geht das Team in die Saison, auch wenn man selbst nur vom WM-Dritten spricht - ein Platzgewinn am grünen Tisch durch die McLaren-Bestrafung interessiert Mario Theissen & Co nur am Rande.

Gut oder weniger gut? Die Saisonprognose von BMW Sauber ist noch verschwommen., Foto: Sutton
Gut oder weniger gut? Die Saisonprognose von BMW Sauber ist noch verschwommen., Foto: Sutton

Das Ziel und die Ansprüche sind trotzdem klar - und keineswegs gering: der erste GP-Sieg soll her. Nicht nur durch Glück und bei einem Chaosrennen wie bei Honda in Ungarn 2006. BMW Sauber will aus eigener Kraft auf das oberste Podesttreppchen. Nick Heidfeld wäre mit einer Wiederholung der Vorjahresergebnisse nicht zufrieden, auch wenn er beim Launch zurückruderte und das Gegenteil behauptete. Druck abbauen könnte man das nennen. Vielleicht ahnte er da schon, was ihn beim ersten Test erwarten würde.

Das Team Der Teamausbau ist abgeschlossen. In Hinwil wird zwar noch gebaut, aber die Personalstärke ist an beiden Standorten am gewünschten Punkt angekommen. Zusammen mit Supercomputer Albert² und dem modernen Windkanal sind die Voraussetzungen für ein Topteam absolut gegeben. Mit Christoph Zimmermann wurde der Posten des Chefdesigners intern besetzt. Ihre Zelte in Hinwil abgebrochen haben Jörg Zander, der mal wieder zu Honda geht, und Chefaerodynamiker Dirk de Beer, der sich zu Renault absetzte. Davon abgesehen steht Willy Rampf immer noch eine schlagkräftige Designertruppe zur Verfügung, die im Einklang mit der State-of-the-Art Infrastruktur nun Ergebnisse abliefern muss.

Robert Kubica erholte sich von den Problemen schneller., Foto: Sutton
Robert Kubica erholte sich von den Problemen schneller., Foto: Sutton

Das Auto Der neue F1.08 sah schon auf den ersten Blick ungewöhnlich, anders und neu aus. Aber ungewöhnlich, anders und neu ist in der Formel 1 nicht immer auch schnell. Die erste Panne ereignete sich bereits bei der Showausfahrt in der BMW-Welt: eine der neuen Radkappe kullerte durch die Gegend. Das war noch halb so schlimm, sorgte höchstens für ein paar nette Schmunzler.

Gar nicht zum Schmunzeln fand Nick Heidfeld die Balanceprobleme beim ersten Test in Valencia. Untersteuern, Übersteuern - so hatte Heidfeld keinen Spaß an seinem neuen Arbeitsgerät. Er sagte sogar, dass man im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt das Auto besser verstand und damit weiter fortgeschritten war. BMW Sauber reagierte ruhig auf die Probleme, keine Überreaktion, keine Panik! Die Probleme wurden analysiert, immer wieder neue Teile ans Auto gebaut, bis die Fahrer immer positivere Fazits zogen. Die Frage ist: wie viel Zeit für andere Entwicklungen ging bei der Fehlersuche und Beseitigung verloren?

Die Fahrer Nick Heidfeld bleibt ruhig und gelassen. Kommt das Fahren ohne Traktionskontrolle eher dem Fahrstil seines Teamkollegen entgegen? Das glaubt er nicht. Ist es ein Zeichen, dass Robert Kubica bei den Tests oftmals schneller war? Abwarten. Hat er Angst das Teamduell zu verlieren? Bislang habe er alle seine Teamkollegen im Griff gehabt, warum solle das diesmal anders sein?

Kann BMW Sauber den F1.08 vergolden?, Foto: Sutton
Kann BMW Sauber den F1.08 vergolden?, Foto: Sutton

Ein heißes Duell steht BMW Sauber auf alle Fälle ins weiß-blaue Haus - wie schon 2007. Aussetzer wie am Nürburgring will das Team jedoch von vorneherein ausgeschlossen haben. Die Fahrer sollen sich gegenseitig antreiben, das Auto und die Ergebnisse verbessern. Sollte Heidfeld recht behalten und erneut deutlich vorne liegen, könnte es für Kubica eng werden. Selbst der Lieblingsfahrer könnte dann einem anderen Piloten weichen, der das große Ziel WM-Titel 2009 eher ermöglichen könnte. Andererseits muss auch Heidfeld beweisen, dass er 2009 ein Titelanwärter sein kann.

Die beiden Testfahrer sind davon - noch - weit entfernt. Christian Klien und Marko Asmer sind nicht unbedingt ein Pendant zum letztjährigen Testerduo Timo Glock und Sebastian Vettel. Aber Asmer kommt immerhin mit der Empfehlung des britischen F3-Titels und Klien als Ex-F1-Pilot, der sich mit Testfahrerjobs für ein Einsatzcockpit empfehlen will - vielleicht sogar bei BMW Sauber. Die Mischung aus Erfahrung und Jugend stimmt, jetzt muss nur noch das technische Feedback stimmen.

BMW Sauber - Hausaufgaben gut gemacht?*

Pluspunkte Minuspunkte
+ Infrastruktur
+ Budget
+ Personal
- Balanceprobleme
- Testrückstand
- Erfolgsdruck
Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose
Schwacher Beginn, durchschnittliches Ende. Bei den letzten Tests rutschte BMW Sauber weiter nach vorne in den Zeitenlisten und wurde auch wieder als Geheimfavorit gehandelt, der noch nicht alles gezeigt habe. Die Frage bleibt: wie viel hat das Ausbessern der Aeroprobleme gekostet? Note: 3 Ein Überraschungsangriff auf den WM-Titel ist ausgeschlossen, aber die erhofften GP-Siege könnten trotzdem im Laufe des Jahres möglich sein. Beim Saisonbeginn dürfte aber selbst ein Podium schwierig sein, vorausgesetzt McLaren und Ferrari halten bei Speed und Zuverlässigkeit, was man sich von ihnen verspricht. Von hinten drücken Renault, Williams und Red Bull, aber die sollte BMW Sauber auf lange Sicht bezwingen können.

* Hausaufgaben gut gemacht ist seit 2001 die traditionelle Saisonvorschau auf motorsport-magazin.com/f1welt.com. Die vergangenen 7 Jahre ergeben noch nicht ganz 760 Seiten, aber total viele Kopien sollen dieses Jahr gesichtet worden sein...