Als Jenson Button vor gut einem Jahr das Weltkugelauto enthüllte, hatte er ein ungutes Gefühl. Nicht, weil ihm das ungewöhnlich lackierte Auto verschreckte. Button wusste schon damals, dass es nicht gut, nicht schnell genug war. Ein Jahr später, so sagt er zumindest, hatte er am Tag der Fahrzeugpräsentation ein viel besseres Gefühl. Er wusste, dass er den Journalisten in Interviews und Presserunden nicht erzählen müsste, wie gut das Auto sei, obwohl er selbst vom genauen Gegenteil überzeugt war. Aber stimmt das wirklich?

Der RA108 kommt bislang ganz nach seinem Vorgänger., Foto: Sutton
Der RA108 kommt bislang ganz nach seinem Vorgänger., Foto: Sutton

Bislang schlug sich der RA108 sogar noch schlechter als sein katastrophaler Vorgänger. Die beiden Honda-Piloten hatten ein Abonnement auf die letzten Plätze der Testergebnislisten - noch hinter Super Aguri, wenn sie denn mal fuhren, hinter Force India und hinter allen anderen, vor allem den eigenen Ansprüchen. Der neue Heilsbringer Ross Brawn hat das erkannt. Er erwartet in seiner ersten Honda-Saison, seiner ersten Saison als F1-Teamchef harte Zeiten.

Das Team Honda besteht nicht nur aus Ross Brawn, Ross Brawn und Ross Brawn. Doch letztlich wird es Ross Brawn richten müssen. Schon bei Ferrari half er mit, das Team aus dem Sumpf zu ziehen, eine rote Erfolgsära einzuläuten. Doch bei Honda fehlen ihm seine kongenialen Partner. Es gibt keinen Jean Todt, keinen Rory Byrne, keinen Michael Schumacher. Stattdessen muss er mit Nick Fry, Jörg Zander und Jenson Button Vorlieb nehmen. Mit Rubens Barrichello trifft er wenigstens auf einen alten Bekannten aus Ferrari-Zeiten. Sein Einfluss auf den RA108 war jedoch gleich null. Dafür nahm er viel zu spät die Arbeit auf. Erst im Laufe des Jahres wird sich sein Wirken auf das Auto auswirken.

Aber er ist ohnehin nicht da, um ein komplettes Auto im Alleingang zu bauen. Davon abgesehen, dass dies in der modernen F1 schon lange nicht mehr möglich ist, hat Brawn eine viel wichtigere, vielleicht auch schwierigere Aufgabe: er muss Honda neu organisieren, umstrukturieren, zum Erfolg führen - in zwei Jahren. So viel Zeit gibt er sich, um Honda flott zu machen. Neben Brawn sind auch Loic Bigois, Jörg Zander und John Owen neu im Boot. Auch das wird sich nicht sofort bemerkbar machen. Die Baustellen sind zudem vielfältig: angefangen bei der Aerodynamik des RA108 bis hin zu einer endlich korrekten Kalibrierung des Windkanals.

Alex Wurz soll Honda auf die Sprünge helfen., Foto: Sutton
Alex Wurz soll Honda auf die Sprünge helfen., Foto: Sutton

Das Auto Das neue Auto sei viel besser als das alte. Was Rubens Barrichello im Scherz sagte, weil der RA107 erwiesenermaßen eine Katastrophe war, ließ ihn nicht lange darüber lachen. Denn der RA108 war bislang nicht viel besser. Im Gegenteil: die Zeitenlisten wiesen ihn als Schlusslicht der neuen Fahrzeuggeneration aus. Das Auto war langsam und schlecht. Honda hält sich mit Horrorszenarien noch zurück. Angeblich sei dem Team von Anfang an klar gewesen, dass man die neuen Aerodynamikteile erst spät bekommen würde. Der Plan soll vorgesehen haben, mit der alten Aerodynamik an der Zuverlässigkeit zu werkeln und kommende Woche bei einem Exklusivtest in Jerez mit einer komplett neuen Aerodynamik zu fahren. Damit soll es dann endlich klappen, die Zeiten besser werden, alles noch rechtzeitig für den Saisonstart. Allerdings hat Honda schon letztes Jahr immer neue Aeropakete für den missratenen RA107 angekündigt und Geheimtests abseits der Konkurrenz durchgeführt - herausgekommen ist dabei nie etwas Zählbares.

Die Fahrer Eins war den Verantwortlichen schnell klar: die Misere von 2007 lag nicht an den Fahrern. Deshalb sitzen Jenson Button und Rubens Barrichello auch dieses Jahr wieder in den Autos - ob sie sich darüber wirklich freuen dürfen, wird sich erst zeigen, wenn klar ist, wie das neue Aeropaket einschlägt. Jenson Button ist weiterhin die unausgesprochene Nummer 1. Er ist der Motivator des Teams, der Mann, der den ersten Sieg holte und danach vom Auto im Stich gelassen wurde. Aber auch für ihn wird es langsam Zeit, ein konkurrenzfähiges Auto zu bekommen, sonst kann er seine großen Karriereziele bald vergessen.

Honda muss Gas geben. Auch Button hat nicht ewig Zeit., Foto: Sutton
Honda muss Gas geben. Auch Button hat nicht ewig Zeit., Foto: Sutton

Rubens Barrichello wird dieses Jahr einen neuen Rekord aufstellen, den der meisten Grand Prix-Starts; es steht aufgrund diverser Statistikstreitereien allerdings noch nicht fest, wo genau das sein wird. Im letzten Jahr plagten den Brasilianer Motivationsprobleme, der Frust über den RA107 schlug sich in seinen Leistungen nieder - das darf sich nicht wiederholen. Schon im Winter wurde über einen vorzeitigen Abgang des Ex-Vizechampions spekuliert. Von alleine abtreten will er nicht. Zumindest Ross Brawn stärkt seinem alten Weggefährten den Rücken. Die Leistung muss Barrichello trotzdem selbst erbringen.

Von Luca Filippi und Mike Conway darf man als Nachwuchstester nicht so viel erwarten. Deshalb zog Honda das richtige Ass aus dem Ärmel: Edeltester Alex Wurz. Als Einsatzpilot hatte er 2007 seine Mühe und Not, vor allem im Qualifying, aber als Testfahrer ist er in seinem Element. Zuletzt hat er Williams mit seinem präzisen Feedback zurück auf die Spur gebracht, jetzt soll es bei Honda zur Fortsetzung kommen.

Honda - Hausaufgaben gut gemacht?*

Pluspunkte Minuspunkte
+ Ross Brawn
+ neue Techniker
+ Ressourcen
- schwache Tests
- unausgegorenes Auto
Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose
Schwache Testzeiten, auf einer Runde und über die Distanz. Noch fehlt das neueste Aerodynamikpaket, aber um Honda vor der nächsten Blamage zu retten, muss das schon sensationell gut sein. Note: 5 Es sieht nicht gut aus für Honda. Nach der Blamage von 2007 müsste ein Befreiungsschlag erfolgen, doch nach den Wintertests sieht es nicht danach aus. Ross Brawn & Co haben viel Arbeit vor sich, wenn sie sich bis zum Saisonende durch das beinharte Mittelfeld nach vorne kämpfen möchten.

* Hausaufgaben gut gemacht ist seit 2001 die traditionelle Saisonvorschau auf motorsport-magazin.com/f1welt.com. Die vergangenen 7 Jahre ergeben noch nicht ganz 760 Seiten, aber total viele Kopien sollen dieses Jahr gesichtet worden sein...