Wenn er es wolle, gebe es bei Honda nichts, was Ross Brawn nicht ändern könne, davon ist der Neo-Teamchef überzeugt. Dass die Aufgabe, die vor ihm liegt, aber nicht einfach wird, das weiß er auch. Trotzdem, die Herausforderung und die Möglichkeiten waren für ihn ein Anreiz, die Stelle bei dem in der Saison 2007 wenig erfolgreichen Team zu übernehmen. "Das war auch ein wichtiger Punkt bei meinen Gesprächen mit Honda: Was erwarten sie von mir, welche Verantwortung bekomme ich übertragen?", sagte er in einem Interview mit Auto Motor und Sport.

Wichtig ist für ihn dabei vor allem die bessere Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen in Japan und England. Denn seiner Meinung nach lag dort in der Vergangenheit eines der Hauptprobleme. Ideen aus Japan wurden in Brackley nicht ernst genommen oder verworfen. "Das lag meistens daran, dass die Aufgabenstellung nach Japan schon falsch formuliert worden ist. Das Rennteam hat Honda immer noch wie einen Motorenlieferanten behandelt, nicht als gleichwertigen Partner", erklärte Brawn. Deswegen will er einiges umkrempeln, die Leute an den richtigen Positionen einsetzen und die Arbeitsmethoden effizienter machen.

Wie wichtig das ist, zeigte für ihn vor allem die Saison 2007 als einfach versucht wurde, mit raschen Änderungen etwas zu verbessern. Meist wurde dabei aber nicht verstanden, was denn nun eine Verbesserung gebracht hatte. "Im letzten Jahr wurde blind in alle Richtungen geschossen, in der Hoffnung zu treffen. Es gab insgesamt drei verschiedene Hinterradaufhängungen. Eine Hinterradaufhängung löst in der Regel nicht deine Aerodynamikprobleme", betonte Brawn. Statt etwas zu bewegen wurde daher nur Energie verschwendet, die Leute verstanden ihre Aufgabengebiete aber nicht.

Der Honda der ersten Tests war eine Basis-Version, Foto: Sutton
Der Honda der ersten Tests war eine Basis-Version, Foto: Sutton

Ziel muss es seiner Meinung nach sein, die Mitarbeiter in Japan besser in das Team zu integrieren. Allerdings könnte es bis 2009 dauern, bis effektiv alle Mechanismen greifen, doch dann soll man sehen, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Für 2008 hat Brawn aber auch schon ambitionierte Ziele. "Wir müssen Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, mit jeder Entwicklungsstufe besser werden, und uns in die Lage versetzen, regelmäßig Punkte sammeln zu können."

Die bisherigen Testergebnisse würden nicht darauf schließen lassen, dass Punkteplätze so einfach möglich sein werden, doch für Brawn war das noch kein Maßstab. "Wir sind spät dran, weil die Fehleranalyse lange gedauert hat. Deshalb zeigen wir das neue Auto auf Raten. Zu Beginn bringen wir eine Basisversion, von der man sich keine großartigen Rundenzeiten erwarten darf", erklärte er. Erst bei den nächsten Tests werde es Schritt für Schritt neue Teile geben und dann könne man mehr sagen. Die endgültige Version des RA108 käme aber erst kurz vor Saisonstart.

Ein Konzept, mit dem sich Brawn gut anfreunden kann, ist die Budget-Obergrenze, die Max Mosley gerne schon ab der Saison 2009 einführen möchte. Allerdings sieht er dafür gerade bei Hersteller-Teams Probleme. "Wir profitieren von den Ergebnissen der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Japan. Welcher Anteil davon wird dem Rennteam angerechnet? Das setzt sich im Kleinen fort. Sie gehen mit einem Bremsenhersteller eine Entwicklungspartnerschaft ein. Der Lieferant bezahlt einen Teil der Kosten. Wie wird das eingerechnet?", fragte Brawn. Dennoch verspricht er sich von der Budget-Grenze mehr Erfolg als durch Beschneidungen an der Aerodynamik oder der Arbeit am Computer. "Zu sagen, dass nur noch acht Leute am CFD-Computer arbeiten dürfen, ist unmöglich zu überwachen. Honda wäre an einer derart eingeschränkten Formel 1 auch nicht interessiert", betonte er.