Testzeiten bedeuten nichts. Aber irgendwie ist es schon verlockend, darüber zu diskutieren... In Bahrain fährt Kimi Räikkönen einen Rekord nach dem anderen, eine schnellere Zeit als die Vorjahrespole nach der nächsten, wenn auch ohne echte Gegenwehr von Toyota. Dazu schwelgte Luca Badoer schon nach dem ersten Testtag im siebten Himmel: "Kimi fuhr eine großartige Zeit und es ist nur der erste von sechs Tagen hier. Wir haben erst damit begonnen, uns die möglichen Entwicklungen für diese und ähnliche Strecken anzusehen." Ist Ferrari wirklich so gut? Kann der Rest schon vor Saisonbeginn einpacken, und zwar nicht nur für die lange Reise nach Australien?

Die Konkurrenz scheint sich relativ einig zu sein: "Bevor die Saison beginnt, weiß man nie, wo jeder steht", sagt Patrick Head mit der Erfahrung von zig Saisonstarts. "Aber hinter Ferrari und McLaren sieht es sehr eng aus." Und zwischen den beiden Top-Teams? "Im letzten Jahr war mal Ferrari weit vorne, mal McLaren weit vorne, aber es gab kaum Wheel-to-Wheel Racing auf der Strecke."

Das habe laut Head daran gelegen, dass die Autos so unterschiedlich gewesen sind. Also geht er davon aus, dass Ferrari den Wagen für jene Strecken verbessert hat, wo sie nicht gut waren und McLaren den Wagen dort verbessert hat, wo sie Schwächen hatten. "Vielleicht wird es 2008 also enger." Für Timo Glock ist es ebenfalls schwierig, das Kräfteverhältnis einzuschätzen. "Ich will keine Prognose abgeben", sagt er. "Ferrari dominiert, danach kommt McLaren, und dann der Rest mit Renault, Williams und uns mittendrin. Aber das Mittelfeld ist wieder extrem hart umkämpft, wie es ja auch schon in der letzten Saison der Fall war."

Manche sehen McLaren etwas im Hintertreffen., Foto: Sutton
Manche sehen McLaren etwas im Hintertreffen., Foto: Sutton

Ferrari dominiert also, das sieht David Coulthard ähnlich. "Ich denke, sie haben einen Vorteil, ja - einen großen Vorteil." Eine Erklärung für die Stärke von Ferrari und McLaren will er beim Chassis gefunden haben, das gut mit den Reifen arbeitet. "Einige Teams arbeiten in einem bestimmten Temperatur-Fenster sicher effizienter mit den Reifen und wenn es heiß wird, haben sie Probleme. Es ist möglich, dass die McLaren und die Ferrari den Reifen einfach mehr nutzen. Dadurch bekommen sie mehr Hitze aus dem Reifen und dadurch mehr Rundenzeit."

Auch Coulthards Teamkollege Mark Webber sieht Rot vorne. "Ferrari scheint bislang einen kleinen Vorteil gegenüber McLaren zu haben", sagt der Australier. "Aber beide sind viel schneller als alle anderen." BMW Sauber habe einen kleinen Rückschritt gemacht, Renault sei etwas besser geworden. "Wir müssen die Lücke zu den beiden Topteams schließen", bestätigt Fernando Alonso den noch immer vorhandenen Rückstand seines Teams auf die beiden Spitzenreiter. "Wir sind momentan zu weit dahinter. Derzeit können wir nicht um Siege und Podestplätze mitfahren. Zwei, drei Zehntel wären kein großes Problem, aber über eine Sekunde ist etwas zu viel."

So weit wähnt sich McLaren nicht im Hintertreffen, doch einen gewissen Rückstand räumte Geschäftsführer Martin Whitmarsh gegenüber der Sport Bild ein. "Nach unserer Analyse der letzten Tests geht es zwischen Ferrari und uns sehr eng zu", sagte er. "Wir hatten zuletzt wohl Vorteile in der ersten Runde mit neuen Reifen. Ferrari ist etwas stärker gegen Mitte und Ende eines circa 15 Runden dauernden Tests." Der McLaren neige eher zum Übersteuern, der Ferrari zum Untersteuern.

Und was ist das alles wert? "Die Wintertests bieten viele Möglichkeiten für Spielereien", gesteht BMW Sauber-Technikchef Willy Rampf. "Die neuesten Aerodynamikpakete kommen meistens erst sehr spät auf die Autos, weil die Teams die neuesten Windkanalergebnisse einfließen lassen wollen. Dazu kommen noch die unterschiedlichen Spritmengen." Demnach könne man die Rundenzeiten nicht so einfach vergleichen. "Grundsätzlich verstecken wir nichts absichtlich, wir machen keine Fake-Tests", sagt Mario Theissen. Das soll bei McLaren nicht anders sein. "Bei den Tests spielen wir noch keine Psychospiele", betont Heikki Kovalainen. "Das kommt erst in Melbourne." Oder doch schon eher? Testzeiten bedeuten eben doch nichts.