Die Formel 1-Saison 2007 war wie ein Boxkampf. In der roten Ecke teilte der Herausforderer einen Schlag nach dem anderen aus, genau getimt, immer perfekt gezielt, manchmal sogar unter der Gürtellinie - alles unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit. In der silbernen Ecke kauerten gleich zwei Kämpfer aus dem gleichen Stall - ein Weltmeister, ein aufstrebender Neuling, die auch schon mal gegenseitig auf sich eingeschlagen haben, trotzdem aber noch den Gürtel des Spitzenreiters tragen durften. Doch selbst ihr Coach hing schon verdächtig angeschlagen in den Seilen.

Immer neue Anschuldigungen, immer neue angebliche Beweise, Justizbesuch direkt vor dem Qualifying, immer wieder Fragen zum Streit zwischen den Fahrern, der Spionageaffäre, der anstehenden Verhandlung und vielen, vielen Dingen, die ein Team schon alleine aus dem Tritt bringen können, geschweige denn alle auf einmal. Der Druck auf McLaren Mercedes war enorm, die Nerven waren auch nach dem Sieg in Monza noch immer angespannt.

Umso schöner war die Genugtuung, Ferrari im eigenen Land geschlagen zu haben - erst mit einer Doppel-Pole, dann mit einem unumstrittenen Doppel-Sieg; egal ob Räikkönen kurz an Hamilton vorbei kam. "Es war ein perfektes Wochenende", schwärmte Fernando Alonso. "Manchmal spielt einem eben alles in die Hände. Man fühlt sich gut und holt das Maximum heraus."

Befreiungsschlag

Alonso setzte den Befreiungsschlag., Foto: Sutton
Alonso setzte den Befreiungsschlag., Foto: Sutton

Alles war Rot in Monza - die Tribünen, die Kappen, die Fahnen, nur die Gorillakostüme der Räikkönen-Fans waren nicht in Rot getaucht. Doch die Ausgangssituation war nicht die Beste für die Scuderia. McLaren Mercedes belegte die erste Startreihe. Fernando Alonso und Lewis Hamilton standen vor Felipe Massa, Kimi Räikkönen stand hinter Nick Heidfeld sogar nur auf Platz 5.

In Monza teilten also einmal andere aus, musste die Scuderia einstecken, und zwar kräftig. "Das war eine gehörige Watschen für Ferrari", betonte Christian Danner. "Eine solche Überlegenheit hat McLaren selbst nicht erwartet, aber Ferrari hat sicher auch nie gedacht, dass es so schlecht laufen würde." Die Gründe lassen sich nicht ganz so einfach benennen. "Wir waren dieses Jahr definitiv nicht konkurrenzfähig auf Kursen, auf denen wir viel mechanischen Grip benötigen und auf denen es wichtig ist, über die Kerbs zu fahren", gestand Jean Todt. Dazu gehören Monaco, Kanada, Budapest und eben Monza. Niki Lauda glaubte noch einen anderen Grund für die rote Niederlage zu kennen. "McLaren war klar schneller", lobte Lauda. "Alonso fährt in Höchstform. Er war von Freitag bis Sonntag unschlagbar."

Ein Befreiungsschlag genau zur richtigen Zeit. Ein Sieg, der im Ferrari-Land nicht süßer schmecken könnte. "Vielleicht sind es alles Ferrari-Fans auf den Tribünen, aber über allem sind sie Formel 1-Fans und sehr emotional - sie lieben die Formel 1 in Italien, deswegen ist es toll, hier zu gewinnen," kostete Alonso seinen Triumph aus. Auch in der silbernen Ecke wusste man, wie man dieses Spiel spielt.

Technischer KO

Die Hoffnungen der Roten beruhten auf dem Rennspeed und einer anderen Strategie. Am Start stiegen die Chancen der Scuderia. Massa kam gut weg, überholte Hamilton, musste aber schon in der ersten Schikane zurückstecken und Hamilton den Vortritt lassen. Alonso fuhr derweil unbeeindruckt vorne weg. Räikkönen konnte einen Platz gutmachen und an Heidfeld vorbeigehen. Doch die Stimmung der Tifosi sollte schon kurz darauf wieder gen Nullpunkt sinken. Massa kam schon in Runde 9 zu seinem ersten Boxenstopp herein. Danach rollte er noch einmal um die Strecke, ein mechanisches Problem beendete seinen Italien GP.

Für Rot gab es keinen Grund zum Jubeln., Foto: Sutton
Für Rot gab es keinen Grund zum Jubeln., Foto: Sutton

Es war der zweite Ausfall und der einzige technische Defekt des Rennens. "Irgendetwas hat bei der hinteren Aufhängung nicht funktioniert", sagte Massa. "In die Ascari hinein konnte ich beim Bremsen ein Problem spüren und kam in die Box, weil ich dachte, es könnte ein Plattfuß sein. Nachdem die Reifen gewechselt waren, war es immer noch unfahrbar und ich musste aufgeben." Verantwortlich für den dritten technisch bedingten Ausfall des Teams in der Saison war ein defekter Hinterraddämpfer.

Somit ruhten die Hoffnungen der Italiener auf Räikkönen. Der war wie erwartet auf einer Einstoppstrategie und konnte zu Beginn nicht mit den leichteren McLaren mithalten. So stoppte Alonso in Runde 20 das erste Mal, zwei Runden nach seinem Teamkollegen Hamilton. Räikkönen kam in Umlauf 25 zum einzigen Stopp an die Box. Da keimte noch einmal Hoffnung auf. Erst Recht, als Räikkönen bei Hamiltons zweitem Stopp am Briten vorbeiging. Nur wenige Minuten später der Schock für die Tifosi: Hamilton quetschte sich in der ersten Schikane mit einem ebenso harten wie unerwarteten Manöver am Ferrari mit der Startnummer 6 vorbei. Aus der Traum vom 2. Platz - Räikkönen musste sich hinter dem ungefährdeten Sieger und Lewis Hamilton mit dem 3. Platz begnügen. Dieser war jedoch in Gefahr: Räikkönen schleppte seinen Ferrari in den letzten Runden nur mit Mühe und Not über die Ziellinie.