"Jeder will, dass ich heute hier gewinne", wusste Lewis Hamilton vor dem Rennstart. Oder sagen wir besser: Fast jeder wollte, dass der Lokalmatador gewinnt. Denn da waren noch ein gewisser Fernando Alonso und auch ein gewisser Kimi Räikkönen, ein Felipe Massa, eigentlich alle in roter Kleidung. Sie wollten Lewis den Heimsieg abjagen. Aber sie waren in der Minderheit, nicht erst, nachdem Felipe Massa seinen Ferrari vor dem Start abwürgte, sie waren umzingelt von zigtausend Briten - zigtausend Hamilton-Fans.

So richtig durften diese aber nur am Samstagnachmittag jubeln - Silverstone bebte. Hamilton fuhr in allerletzter Sekunde auf die Pole. Die britischen Fans tobten. "Ich habe selbst fast meine Stimme verloren", so Hamilton. "Ich fuhr über die Ziellinie und konnte die Zuschauer hören - ich weiß nicht, ob sie mich hören konnten, aber ich schrie genauso laut wie sie." Am Sonntag kam der Urschrei zu einem abrupten Ende. 85.000 Fans erstarrten, Totenstille auf den Tribünen. Sie waren plötzlich in der stummen Welt des Iceman.

Aber der Reihe nach: Am Start setzte sich Hamilton knapp gegen Räikkönen durch. Der Finne erwischte einen guten Start, schaffte es aber nicht, in der ersten Kurve am Briten vorbeizugehen. Auch im Laufe des ersten Stints konnte sich Hamilton noch gegen den schnelleren Ferrari wehren. Erst als er in Runde 14 zur Box ging, hatte Räikkönen freie Fahrt, um sich an Hamilton vorbei zu schieben und ihm zu enteilen. Derweil ging Fernando Alonso zur Überraschung aller in Führung. Er stoppte zwei Runden nach Räikkönen und erkaufte sich die Führung mit einem kurzen Tankstopp. So musste er früher zu seinem zweiten Stopp hereinkommen und fiel wieder hinter den Finnen zurück, der ungefährdet zum zweiten Sieg innerhalb von sieben Tagen fuhr.

Schlag gegen die Kritiker

Der Ice Man meldete sich zurück im Titelkampf., Foto: Sutton
Der Ice Man meldete sich zurück im Titelkampf., Foto: Sutton

Die Kritik der Vorwochen löste sich in Wohlgefallen auf. Räikkönen sei noch nicht im Team angekommen, er sei zu langsam, arbeite nicht hart genug, komme mit den Reifen, dem Auto nicht klar. Die Spekulationen überschlugen sich: er sollte ausgetauscht werden gegen Michael Schumacher, gegen Nico Rosberg, gegen Fernando Alonso, gegen jeden, der den Gerüchteköchen in den Sinn kam. All das war plötzlich verflogen, alle liebten ihren Iceman. "Ich habe Räikkönens Runden genossen", sagte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. "Diese fünf fehlerfreien Runden waren auf einem Level mit den besten von Michael Schumacher."

Aber was war mit Hamilton los? "Ich wollte pushen, hatte aber Probleme mit der Balance", begann Hamilton. "Er hatte Probleme mit den Reifen", fügte Martin Whitmarsh hinzu. Außerdem erkannte das Team frühzeitig, dass Platz 3 das Maximum war. "Ohne das Problem von Massa, wäre ich sogar nur Vierter geworden", gestand Hamilton. "Ich hatte mich hier für eine andere Abstimmung entschieden als Fernando, vor allem im Heckbereich - das war falsch, das hat mich einiges an Zeit gekostet."