Max Mosley und Jackie Stewart werden so schnell keine gemeinsamen Urlaubsreisen unternehmen. Nachdem Stewart die Entscheidungen der FIA im McLaren-Spionagefall kritisiert hatte, bezeichnete der FIA-Präsident den Ex-Champion als "beglaubigten Trottel". Eine ungleichere Paarung als Keynote-Speaker hätte das Motorsport Business Forum in Monaco also kaum haben können. Am Mittwoch eröffnete Mosley das Event mit einer langen Rede über die Zukunft der Formel 1, am Donnerstag war Sir Jackie Stewart dran - mit einer langen Rede über die Fehler des FIA-Systems.

"Um in Zukunft die Stabilität der F1 zu gewährleisten, müssen alle Bedenken über die Unabhängigkeit und Transparenz der Sporthoheit beseitigt werden", begann Stewart seine Kritik an der FIA und deren ungenannten Präsidenten. "Damit multinationale Unternehmen riesige Mengen an Geld in die F1 investieren, muss sichergestellt sein, dass sie dabei nicht riskieren, weltweite Schlagzeilen mit einer 100 Millionen Dollar Strafe zu machen."

So eine hohe Strafe habe es bislang noch nie in irgendeinem Sport gegeben, so Stewart. "Deshalb bekam sie so viel Aufmerksamkeit rund um die Welt und deshalb waren einige Investoren besorgt. Denn die Härte der Strafe und die Größe des Vergehens stehen nicht im Einklang." Ein weiteres Problem sei die Zusammensetzung des World Motor Sport Council an sich. Dieser habe die Macht, enorme Strafen auszusprechen. Dazu müsse er aber unabhängig und unparteiisch sein. "Das wirft Fragen über die Rolle des FIA-Präsidenten auf", so Stewart. Der FIA-Präsident habe so viel Macht, sitze im WMSC, wähle einen Großteil der Mitglieder aus, bestimme den Disziplinarprozess und könne so viele Bereiche des Motorsports beeinflussen. "Nicht nur ich stelle das in Frage", sagte Stewart, der auf die immense Macht und den großen Einfluss des Präsidenten hinwies.

"Der Präsident organisiert die Anhörungen, hört sich dort die Beweislage an, zieht sich dann mit den anderen Mitglieder zurück und agiert als Richter", so Stewart. "Aber wie kam man bei McLaren zu dieser enormen Strafe? Was waren die Gründe dafür? Was waren die Beweise? Es gibt keine vernünftigen Antworten auf diese Fragen. Wie kann da Gerechtigkeit ausgeübt werden?" Wie könne man unter diesen Vorzeichen den Investoren versichern, dass sie nicht die nächsten Opfer einer willkürlichen, massiven Strafe werden?

Der nächste Fall steht am heutigen Donnerstag an. Renault erwartet in Monaco die Entscheidung des WMSC in der zweiten Spionageaffäre des Jahres. "Meiner Meinung nach muss die Sporthoheit umstrukturiert werden", sagte Stewart, "bevor ein großer Hersteller damit droht, die F1 zu verlassen." Stewart spricht sich für einen CEO innerhalb der FIA aus. "Jemanden, der nicht im Motorsport involviert ist und nicht aus dem WMSC oder der FIA stammt. Das ist übrigens auch kein Job für einen zurückgetretenen F1-Fahrer." Nach dieser Ansprache sahen auch nur wenige Jackie Stewart in dieser Rolle...

Schon gar nicht FIA-Mann Tony Purnell. "Wenn man Veränderungen will, ist ein starker Leader meistens der richtige Weg, ein Kommittee oft der falsche. Als Teamchef rollt man bei einem starken Gegenüber mit den Augen, aber wenn man mittendrin steckt, denkt man: oh Gott, ist das schwierig. Man kann die Leute nur gleichmäßig unglücklich machen - das ist mein neues Motto."