In der 26. Runde hielt die Formel 1-Welt den Atem an - alle Betrachter hielten inne, bangten, hofften, starrten entsetzt auf das, was von Robert Kubicas BMW Sauber übrig geblieben war. Auf den rot-blauen Helm des Polen, der regungslos in den umgekippten Wrackteilen lag. Um 19:41 Uhr hob Robert Kubicas Auto nach einem Überholversuch gegen Jarno Trulli kurz ab, drohte sich rückwärts zu überschlagen, raste ungebremst in die Mauer, prallte zurück auf die Strecke, überschlug sich und blieb erst an der nächsten Mauer liegen. Kubica trug eine leichte Gehirnerschütterung und einen verstauchten Knöchel davon. Ansonsten blieb er unverletzt.

Unverletzt, unverletzt, unverletzt - man musste es sich immer wieder vorsagen, um es tatsächlich zu glauben. Eine knappe Viertelstunde nach dem Unfall ging das Feld nach der zweiten von insgesamt vier Safety-Car-Phasen wieder auf die Reise. "Der einzige, der heute ein problemfreies Rennen hatte, war Lewis Hamilton", sagte Flavio Briatore. "Für alle anderen ging es nur darum, so wenige Fehler wie möglich zu begehen." Hamiltons größtes Problem war es, immer wieder seinen Vorsprung auszubauen. "Immer wenn ich einen Vorsprung herausgefahren hatte, kam das Safety Car heraus und ich musste von vorne anfangen", bilanzierte er. "Erst einige Runden vor Schluss realisierte ich, dass der Sieg in Reichweite war." Dann nahm er die Fans auf den Tribünen wahr, zählte die Runden bis zur schwarz-weiß karierten Flagge. "Es war ein fantastischer Tag, das ist wahrlich Geschichte", strahlte er. Der erste GP-Sieg im fünften Rennen!

Neben Hamilton durften sich zwei deutschsprachige Piloten über einen Podiumsbesuch freuen. Nick Heidfeld fuhr das ganze Rennen im Schatten von Hamilton und belegte einen verdienten zweiten Platz. Als Überraschung schaffte Alex Wurz im Williams den Sprung aufs Treppchen - von Startplatz 19 und mit einem seit einer Kollision mit Scott Speed angeknacksten Heckflügel!

Das Chaos nahm seinen Lauf

Kubica entstieg diesem Wrack unverletzt., Foto: Sutton
Kubica entstieg diesem Wrack unverletzt., Foto: Sutton

Den ersten Mauerkontakt hatte Christijan Albers. Dann krachte es zum ersten Mal richtig; wieder war ein Spyker beteiligt. Diesmal landete Adrian Sutil in der Mauer. Das Aus für den Deutschen bedeutete die erste Safety Car-Phase des Tages und den Anfang vom Ende für vier Toppiloten. Fernando Alonso und Nico Rosberg begingen ihre Fehler bei der Boxeneinfahrt. Sie gingen zu früh an die Box, als diese noch nicht geöffnet war. Allerdings hatten sie keine andere Wahl, sonst wären sie ohne Sprit liegen geblieben. Für das Vergehen bekamen sie eine 10 Sekunden Stop-and-Go-Strafe aufgebrummt, die sie weit nach hinten zurückwerfen sollte. Felipe Massa und Giancarlo Fisichella begingen ihren Fehler bei der Boxenausfahrt; sie überfuhren wie einst Juan Pablo Montoya die rote Boxenampel und wurden beide mit der schwarzen Flagge disqualifiziert.

"Ich konzentrierte mich zu sehr auf Kubica, der neben mir war - ich habe die rote Ampel nicht gesehen", war Fisichella ehrlich. "Jeder kann so einen Fehler machen", unterstützte ihn sein Chefingenieur Pat Symonds. "Giancarlos Instinkt ist Rennen zu fahren und er konzentrierte sich voll auf Kubica - da kann man leicht die Ampel übersehen." Das gleiche Argument brachte Massa vor: "Leider habe ich beim Verlassen der Box noch nicht einmal auf die Ampel geachtet, unter anderem weil so viele Autos hinter mir waren."

Ungewöhnliches Ergebnis

Der Große Preis von Kanada war eines der chaotischsten Rennen der letzten Jahre. Vier Safety-Car-Phasen, ein Horrorunfall, mehrere Stop-and-Go-Strafen, zwei schwarze Flaggen, Überholmanöver, blankes Chaos und eine kleine Sensation am Ende, als Takuma Sato zunächst Ralf Schumacher und dann Weltmeister Fernando Alonso überholte - in einem Super Aguri! Ralf und Fernando hatten mit dem Graining ihrer weichen Reifen zu kämpfen, während Sato auf den harten Pneus unterwegs war. Die Fans rissen die Szenen dennoch von den Sitzen.

"Ich hatte ein grandioses Gefühl während der letzten Runden, als ich mit den Vordermännern mitfahren und sie letztlich auch sicher überholen konnte", sagte Takuma Sato strahlend. "Das war auf jeden Fall der schönste Tag in meinem Leben als Rennfahrer und das ist ein unglaubliches Resultat."

Aber nicht alle freuten sich mit Super Aguri über die zweite Punkteankunft der jungen Teamgeschichte. Wenn Murmeltiere F1-Fanclubs gründen könnten, würden sie sich Ralf Schumacher und Toyota anschließen, keinesfalls Super Aguri und Anthony Davidson. Denn Ralf bremste am Freitag auch für Murmeltiere und ließ den kleinen haarigen Gesellen unbeschadet die Straße überqueren, auch wenn der nächste F1-Zebrastreifen in Monaco lag. Davidson war im Rennen weniger umsichtig. "Es tut mir so leid um das Murmeltier", sagte der betroffene Brite. "Ich habe es gar nicht gesehen und habe mich gewundert, warum auf einmal die Vorderreifen blockierten." Das Murmeltier war ihm vor das Auto gerannt und hatte den Frontflügel beschädigt. Die Diagnose: Leider alles andere als unverletzt. Dennoch sei es für Davidson ein sehr schönes Rennen gewesen. Die Murmeltiere dürften das anders gesehen haben...