Max Mosley ist nicht unumstritten. Als Präsident des Automobilweltverbandes FIA ist das auch keine Position, die er anstrebt - außerhalb des Weltmotorsportrates und der FIA. Er will seine Ziele durchsetzen, die Welt der Automobile, auf den Straßen und den Rennstrecken, sicherer machen, neue, umweltfreundliche Technologien antreiben und die Kosten senken. Damit stößt er gerade bei den in der Formel 1 engagierten Automobilherstellern immer wieder auf Widerstand. Denn Max Mosley hat die chronische Angewohnheit, Regeln zu ändern, was die Formel 1-Welt über die vergangenen Jahre hinweg immer wieder am eigenen Auto erleben musste.

"Das wichtigste Element für unsere neue Herangehensweise war der Motor", sagte Mosley in seiner Eröffnungsrede auf dem Motorsport Business Forum in Monaco. Alles begann im Jahr 2004. Danach lernte man Jahr für Jahr anhand neuer Regeländerungen neue Lektionen, was man mit einem so komplexen Gebilde wie einem F1-Motor machen konnte und was nicht. "Zu Beginn wussten wir, dass die Hersteller mehr als eine Milliarde pro Jahr ausgaben, das schien für uns unhaltbar - worin sie uns bekräftigten."

Doch die ersten Regeländerungen reduzierten die Kosten nicht wie gewünscht, musste Mosley rückblickend eingestehen. "Also gingen wir zu weiteren Einschränkungen über, bis wir zu den Motoren aus dieser Saison kamen." Also eingefrorenen Triebwerken mit einem Drehzahllimit von 19.000. "Jetzt waren wir uns sicher, dass es große Einsparungen geben würde - aber das war nicht der Fall", gestand Mosley. "Die meisten Motorenabteilungen blieben unverändert, alle Leute wurden weiter beschäftigt. Jetzt arbeitete man eben mit dem gleichen riesigen Aufwand an kleineren Bereichen des Motors." An Bereichen, die von der Einfrierung nicht betroffen waren. Auf diese Weise hätten alle Hersteller zwischen 10 und 30 PS gefunden. "Nur durch ein Umgestalten der Bereiche außerhalb der beweglichen Teile des Motors."

Mosley peilt weitere Änderungen an., Foto: Sutton
Mosley peilt weitere Änderungen an., Foto: Sutton

Das führte dazu, dass Mosley die Diskussionen über ein zukünftiges Motorenreglement auf Eis legte, und zwar sprichwörtlich mit einer zehnjährigen Einfrierung des aktuellen Motorenreglements. "Von dem Moment an, indem die Luft in die Airbox eintritt und bis die Auspuffgase aus dem Auspuff austreten, darf nichts mehr geändert werden." Das sei der Grundgedanke hinter Mosleys neuem Plan. So würde man die ständige Weiterentwicklung in irgendwelchen nicht eingefrorenen Bereichen verhindern. "Warum machen wir das?", stellte er eine rhetorische, aber logische Frage. "Der F1-Motor ist momentan voll entwickelt, es gibt keinen Grund, ihn weiter zu entwickeln." 19.000 Umdrehungen seien mehr als bei allen anderen Rennmotoren, der Motor sei zuverlässig und die sechs eingefrorenen Triebwerke der verschiedenen Hersteller seien momentan ziemlich gleichwertig. "Es gab die ganze Saison über keine Beschwerde eines Fahrers, dass sein Auto weniger PS gehabt hätte als das eines Konkurrenten", betonte Mosley. Durch die Einfrierung werde das auch zukünftig so bleiben.

Das gesparte Geld soll nun sinnvollen und nützlichen Zwecken zugeführt werden. Denn wenn ein F1-Team sein Budget an einer Stelle nicht voll ausnutzen darf, wird es immer auf ein anderes Gebiet umgeleitet. "Anstatt das Geld für kleine Verbesserungen auszugeben, erlauben wir den Herstellern, das Geld für wirklich sinnvolle Entwicklungen auszugeben", so Mosley. Aus diesem Grund kamen er und Prof. Burkhard Göschel im Juli 2006 zu einer Einigung: sie wollten die Formel 1 verändern. "Wir brauchten keine Motoren mit über 20.000 Umdrehungen - das ist nicht das zukünftige Ziel der Automobilindustrie", betonte Göschel bei seiner Ansprache in Monaco. "Unsere Idee war, dass die F1 für die Straßenautos wichtiger werden sollte." Die F1 sollte die Effizienz der Straßenwagen verbessern, Umwelteinflüsse berücksichtigen.

So wurde die Idee des KERS Energierückgewinnungssystems geboren, ein Thema, das in der Automobilindustrie heiß diskutiert wird. Zukünftig werde es immer mehr Hybridautos geben. "Am Ende werden wir in den Städten schon viel eher als wir glauben nur noch Elektrofahrzeuge sehen", glaubt Göschel. Auf dem Weg dorthin liefere sich die Automobilindustrie gerade ein enges, hart umkämpftes Rennen - abseits jeder Formel 1-Rennstrecke. Das sei die große Herausforderung der kommenden Jahre. Mosley will, dass die Formel 1 ihren Beitrag dazu leistet.

Energierückgewinnung ist ein großer Punkt auf Mosleys Agenda., Foto: Sutton
Energierückgewinnung ist ein großer Punkt auf Mosleys Agenda., Foto: Sutton

Durch das KERS-System soll jedes Auto bis zu 400 KJ an Energie speichern und bis zu 60 Kilowatt, also rund 80 PS, an zusätzlicher Leistung abrufen können, wenn es der Fahrer benötigt. Solche Systeme existieren bereits in Straßenautos, sie sind aber sehr schwer, die Energierückgewinnung geht nur äußerst langsam von statten. "Sie sind also für die Formel 1 inakzeptabel", betonte Mosley. Durch den Entwicklungswettkampf der F1-Teams werde man jedoch viel effizientere Systeme entwickeln - in viel kürzerer Zeit. Das wiederum lasse sich direkt auf die Straße übertragen. "Wir müssen beweisen, dass die F1 sinnvoll ist", sagte Mosley. "Es ist eine nützliche Arbeit für die Gesellschaft, für die Autoindustrie. Jeder große Sponsor hat heute einen Umweltansatz. Es ist essenziell für F1-Teams, den großen Unternehmen zu zeigen, dass sie einen Teil dazu beitragen können." Nur so bringe man die Skeptiker innerhalb der Vorstände zur Ruhe.

Dabei setzt Mosley auf zwei verschiedene Wege der Energierückgewinnung - jener aus Bremsenergie und jener aus Auspuffabgasen. Man werde den Teams freistellen, diese Systeme einzusetzen, wer sie benutzen will, darf dies, wer nicht, wird nicht dazu gezwungen. "Aber sobald sie erlaubt sind, werden sie wie magisch erscheinen und eingesetzt werden", ist Mosley sicher.

Das steht soweit fest. "An der Chassisfront gibt es noch viele Diskussionen", räumte Mosley ein. Viele der dort ausgegebenen Gelder seien verloren, eine reine Verschwendung, betonte der FIA-Präsident. "Nehmen wir die Bremsverkleidungen: sie sind ein kritisches Teil." Sie müssten gut und stark sein, aber auch aerodynamische Anforderungen erfüllen. "Wenn man die Endplatte eines Frontflügels ändert, muss man auch die Bremsverkleidungen ändern." Das ziehe unzählige Designstunden, CFD-Arbeit, Windkanal- und Streckentests nach sich. "Und dann funktioniert es vielleicht nicht einmal und alles beginnt wieder von vorne." Hunderttausende von Dollar würden allein für die Bremsverkleidungen ausgegeben. "Aber wenn man die Bremsverkleidungen aller elf Teams auf einen Tisch legen würde, gäbe es vielleicht nur fünf Leute, die sie unterscheiden könnten. Dieses Geld ist komplett verschwendet."

Max will den Weg in die Zukunft weisen., Foto: Sutton
Max will den Weg in die Zukunft weisen., Foto: Sutton

Als weiteres Beispiel nannte Mosley ein Team, dessen Radmuttern 1.000 Dollar kosten. "Sie sind ein paar Zehntelgramm leichter und dadurch über die Renndistanz ein paar Tausendstel schneller. Können aber nur einmal benutzt werden." Demnach schweben Mosley in bestimmten Bereichen einheitliche Bauteile für alle Teams vor. "Es sollte Listen mit Teilen geben, die jeder selbst baut, welche den Charakter der Autos unterscheiden, und Listen mit Teilen, die alle benutzen." Noch sei es aber zu früh, um über Fortschritte in den Diskussionen mit den Teams zu sprechen. Mosley peilt hierfür ein WMSC-Meeting im März an. Dann stünde einer Einführung für 2009 nichts mehr im Wege.

Göschel sieht noch ein weiteres entscheidendes Thema: die Aerodynamik. "Wir müssen sie anpassen, auch das Überholen ist hier ein Thema." Aber vor allem die ganze Komplexität der Luftwissenschaft, die große Wichtigkeit der Windkanäle. "Meiner Meinung nach ist die Komplexität so hoch, dass die Ingenieure nicht verstehen, was wirklich passiert." Sie würden sich selbst fragen, warum das Auto im einen Jahr gut ist und wieso es im nächsten Jahr so einen großen Unterschied gebe. "Wir müssen Änderungen vornehmen, um die Aerodynamik einfacher zu machen, um sie für den Straßengebrauch relevanter zu machen." Dadurch würde auch das Racing wieder interessanter und nebenbei würden die Kosten gesenkt. "Außerdem sollten die Privatteams die Möglichkeit haben, mit der F1 Geld zu verdienen." Das sind aus Göschels Sicht die wichtigsten Schritte, die die Formel 1 unternehmen müsse. "Sie ist schon die spannendste Rennserie, aber wir brauchen einige Änderungen, um das Interesse der Hersteller zu erhalten." Und natürlich auch jenes der Fans.