Die Bilanz - Auto & Team: Es war das Jahr 1 nach Michael Schumacher und Ross Brawn. Rory Byrne wirkte nur noch in beratender Rolle mit, Jean Todt war nur noch interimistisch Teamchef. Neue Leute bestimmten das Geschehen in Maranello. Das Motto lautete: zurück zu den italienischen Wurzeln. Egal ob Aldo Costa, Stefano Domenicali oder Mario Almondo: bei Ferrari schwangen 2007 wieder die Italiener das Zepter. Die große Frage vor Saisonbeginn lautete deshalb: ist damit das Chaos programmiert? Gibt es einen Rückfall in alte italienische Gewohnheiten?

Geschafft: der McLaren-Vizeweltmeister ist jetzt Ferrari-Weltmeister., Foto: Sutton
Geschafft: der McLaren-Vizeweltmeister ist jetzt Ferrari-Weltmeister., Foto: Sutton

Die Antwort gab der dominante Auftaktsieg in Melbourne. Ferrari konnte auch ohne Michael Schumacher & Co noch siegen. Doch schon in den Tagen danach gab es die ersten Schatten über der noch jungen Saison: die Unterbodenaffäre ließ Zweifel an der Legalität des F2007 aufkommen. Eine Strafe gab es allerdings nicht. Erst später sollte herauskommen, dass McLaren die Informationen über den Ferrari-Unterboden aus den roten Reihen erhalten hatte.

Im Laufe der Saison durchlief Ferrari eine Wellenbewegung, ein Auf und Ab. Mal war man deutlich schneller als McLaren, mal gleichschnell und mal klar unterlegen - wie zum Beispiel beim Heimspiel in Monza. BMW Sauber, Renault & Co konnten allerdings auch an starken Tagen nicht mit den Roten mithalten. Während der Speed von Streckencharakteristik zu Streckencharakteristik schwankte, war die Zuverlässigkeit fast die gesamte Saison über ein Schwachpunkt. Die einstige Stärke der Scuderia kostete sie in dieser Saison viel zu viele Punkte und Platzierungen.

Immer wieder traten Probleme auf, fielen Felipe Massa und Kimi Räikkönen wegen technischer Defekte aus. Bis zum Saisonende konnte das Team die Standfestigkeit verbessern, die Performance erhöhen und so zum besten Team der Schlussphase avancieren. Das brachte Ferrari im Endspurt beide WM-Titel, wobei man den Konstrukteurstitel auch ohne die Spionagestrafe für McLaren nach Punkten gewonnen hätte. Einzig die Ungarn-Strafe wegen des Alonso-Zwischenfalls im Qualifying hätte die Silbernen noch vor Ferrari gebracht.

Massa ging auch schon mal hart zur Sache., Foto: Sutton
Massa ging auch schon mal hart zur Sache., Foto: Sutton

Trotz des doppelten Titelgewinns steht die Saison 2007 im Schatten der roten Affären. Zunächst ging man von einer Sabotageaffäre rund um den ehemaligen Chefmechaniker Nigel Stepney aus. Er soll weißes Pulver in den Tank eines F2007 gekippt haben. Danach entfalteten sich immer kompliziertere Verwicklungen, denen zu Folge Stepney Informationen an McLaren-Chefdesigner Mike Coughlan weitergegeben haben soll. Der Ausgang der Stepneygate-Affäre ist bekannt: McLaren wurde bestraft und vom vielen Aufruhr etwas aus der Bahn geworfen. Für Ferrari war es nach der Toyota-Affäre bereits der zweite Spionagevorfall innerhalb weniger Jahre. Die Titel gewann man trotzdem.

Die Bilanz - Fahrer: Der Lehrer hatte den Platz geräumt, jetzt war es für den Schüler an der Zeit, an dessen Stelle zu treten. 2007 sollte die Saison des Felipe Massa werden. Massa hatte sich in den Jahren als Test- und Stammfahrer neben Michael Schumacher gesteigert, viel gelernt, machte weniger Fehler, fuhr besonnener, weniger aggressiv, aber immer erfolgreicher. Seine südamerikanische Art passte für viele besser zum italienischen Team als der unterkühlte Finne Kimi Räikkönen. Eigentlich war alles für einen Weltmeistertitel von Felipe Massa gerichtet.

Kimi brachte beide Titel nach Maranello zurück., Foto: Sutton
Kimi brachte beide Titel nach Maranello zurück., Foto: Sutton

Doch Massa war es, der als erster und einziger Fahrer des Spitzenquartetts vorzeitig aus dem Titelkampf ausschied. Im ersten Rennen hatte er Pech, in Malaysia beging er einen Fehler, war mal wieder zu aggressiv. Dafür kassierte er in den italienischen Medien harte Kritik. Daraus befreite er sich mit einer kleinen Erfolgsserie, die jedoch von technischen Defekten und einer unnötigen Disqualifikation in Kanada jäh beendet wurde. Mit Alonso tauschte er mehrmals harsche Töne nach dem Rennen aus - das Image vom braven Teddybär verflog. Bald fand er sich aber in einer bekannten Rolle wieder: jener des Helfers, diesmal für Kimi Räikkönen.

Der Finne startete perfekt in seine Ferrari-Zeit: mit seinem ersten Sieg seit über einem Jahr. Doch schon bald gab es Rückschläge. Räikkönen musste sich erst an das neue Team, das neue Auto und die neuen Reifen gewöhnen. Das dauerte seine Zeit und bescherte ihm einiges an Kritik in den Medien und aus den eigenen Reihen. Hinzukamen technische Probleme, die ihn mehrmals wichtige Punkte kosteten. Räikkönen steckte die Rückschläge weg, arbeitete weiter an sich und seinem Auto. Zur Saisonmitte schlug er mit zwei Siegen in Magny Cours und Silverstone zurück. Danach ging es bergauf: Siege, schnellste Rennrunden, der Abstand zum Spitzenreiter schmolz dahin. Allerdings nur sehr langsam. Vor den abschließenden Überseerennen lag Räikkönen beinahe aussichtslos zurück. Als Außenseiter reiste er nach Interlagos, um das Wunder wahr zu machen und als Überraschungsweltmeister sich und Ferrari den Titelwunsch zu erfüllen - Saisonziel erreicht.

Ferrari

Saisonziel 2007 Die Ausbeute
Weltmeister 1. Platz (204 WM-Punkte)
Saisonziel erreicht? Saisonbilanz 2007
Ja. Der Ferrari war genauso schnell wie der McLaren, doch lange nicht so zuverlässig. Dennoch zogen die Roten im Schlussspurt in beiden WM-Wertungen an McLaren vorbei. Keine perfekte Saison, aber eine mit positivem Ausgang.