Die Lehre der Regie

TV-Niveau erreichen die Testbilder, die während des Tages im Media Centre aufliegen, nicht. Die fehlenden Rundenzeiten geben ihr Übriges, doch manchmal erspäht die "Regie" doch etwas Interessantes - etwa eine Gruppe von Fans, die sich an einer Leitplankenlücke neben der Boxeneinfahrt eingefunden hat, um dort mittendrin statt nur dabei Fotos zu schießen. Die Kamera zoomt rein, hält voll drauf und zeigt alsbald einen Streckenposten auf einem Roller heranbrausen, der mit wedelnden Armen die Fans vertreibt. Auch ohne Bernies FOM-Schergen gilt: Big Brother is watching you...

Die Lehre vom Verkehr

Nicht alle Fans saßen brav herum, manche mussten vertrieben werden., Foto: Bumstead/Sutton
Nicht alle Fans saßen brav herum, manche mussten vertrieben werden., Foto: Bumstead/Sutton

In einem Fahrerlager herrscht immer reger Betrieb, so manches Auto bringt Fahrer und Gäste bis vor die Eingangstür der Hospitality oder liefert für diese dringend benötigte Wagen an. So auch ein Kleinbus mit Lieferungen für das Toyota-Team. Einmal links antäuschen, einmal nach rechts bewegen - es ist gar nicht so leicht, dem ständigen Verkehr auszuweichen. So müssen sich also die Fahrer im Qualifying fühlen... Keine halbe Stunde später auf dem Rückweg in die andere Richtung das gleiche Spiel: nach links oder doch besser nach rechts? Der Toyota-Busfahrer lacht und winkt. Das gibt es im Qualifying eher selten; da fallen die Handzeichen dramatischer aus.

Die Lehre vom Feiern

Die vielen Toyota-Lieferungen hatten einen Grund. Im zweiten Media Centre Raum bauten die Japaner Sponsorenstellwände, bequeme Inneinrichtung und vielerlei Zeugs auf. Die große Frage lautete: Was ist da los? Gibt es eine Entscheidung im Fall Glock? Folgt eine großangelegte Toyota-Pressekonferenz? Oder nur eine Einladungsparty für Sponsoren und Gäste? Die Antwort erfolgte am Abend um kurz vor 20:00 Uhr: Laute Musik dröhnte aus dem Nebenraum zum Pressezentrum, der flugs in eine Disko-Lounge verwandelt worden war. Statt die Strecke zu verlassen, zog sich ein reger Strom an Fahrzeugen in Richtung Fahrerlager. Manche feiern den Saisonabschluss, andere feiern eben etwas später...

Die Lehre vom Streik

Kein Grund zum Feiern..., Foto: Hartley/Sutton
Kein Grund zum Feiern..., Foto: Hartley/Sutton

Bei so einem Großevent mit geladenen Gästen, Partnern und Sponsoren durfte auch die Chefetage rund um John Howett nicht fehlen. Was sie am Mittwoch geboten bekamen, war allerdings weniger feierlich: erst drehte sich Franck Montagny ins Kiesbett, dann - als die Strecke wieder freigegeben war - ging Jarno Trulli raus und blieb postwendend stehen. Vielleicht haben die Köln-Marsdorfer zu viel von Bahnstreiks gelesen...

Die Lehre vom Nachwuchs

Giedo van der Garde und Roldan Rodriguez testeten für Force India, Mike Conway, Luca Filippi und Andi Zuber für Honda, Karun Chandhok für Red Bull. Die junge Garde ist im Anmarsch. Davor kann sich auch David Coulthard nicht verschließen. "Ich glaube, da ist so ein Typ mit dem Namen Michael. Es sieht so aus, als ob er Talent hat", bilanzierte DC. "Er wird seinen Weg in die Formel 1 machen." Die Fans erkannten die Leistung des zweifachen Bestzeithalters an. Auf einem Plakat schrieben sie: "Long live the kaiser." Das galt jedoch nicht für das Fanplakat, dieses nahm über Nacht einiges an Schaden.

Die Lehre vom Abkürzen

Long live the Kaiser., Foto: Sutton
Long live the Kaiser., Foto: Sutton

Mit 4,655 Kilometern gehört der Circuit de Catalunya nicht zu den längsten, aber zu den anstrengendsten Strecken im Kalender. "Wer hier viele Runden fährt und sagt, dass er keine Nackenprobleme hat, der lügt", betonte Adrian Sutil. Umso besser ist es, wenn man die Ideallinie etwas verlegen und den Kurs abkürzen kann. Das machte Heikki Kovalainen am letzten Tag. Aber auch Michael Schumachers Wunderzeit von 1:19.603 am Mittwoch kam durch eine Ausweichaktion zustande. "Ich weiß auch nicht, was mit dem los war - das war Wahnsinn", sagte ein erstaunter, aber noch unwissender Sutil. Denn Schumacher hatte die Schikane abgekürzt. "Eine gute Entscheidung", scherzte Tonio Liuzzi. Aber auch Schumachers beste komplette Runde war in 1:21.486 noch immer gut genug für die Bestzeit.

Die Leere im Fahrerlager

Alle wollten Michael Schumacher sehen, ein Autogramm oder Fotos haben oder ein Interview führen. Der Circuit de Catalunya wurde zwei Tage lang von der Schumacher-Mania beherrscht. Das Ferrari-Motorhome war zu klein, die Boxengasse zu laut, so fanden die Interviews hinter extra aufgestellten Absperrgittern zwischen den Trucks statt. Zwischen Kamerateams und Journalisten mischten sich immer wieder Fans, die selbst vor luftigen Höhen nicht zurückschreckten, um einen Blick auf ihren Star zu erhaschen. Am Donnerstag war der ganze Spuk vorbei. Das Fahrerlager und Media Centre waren wie leer gefegt.

Mal wieder Re-Branding: die letzten Hinweise auf Spyker wurden von den Trucks gekratzt., Foto: adrivo Sportpresse
Mal wieder Re-Branding: die letzten Hinweise auf Spyker wurden von den Trucks gekratzt., Foto: adrivo Sportpresse

Ferrari ließ die Absperrungen trotzdem stehen. Schließlich lag der einzige Treppenaufgang vom Fahrerlager ins Boxengebäude zwischen den roten Transportern und einem farblich gut abgestimmten Müllcontainer dazwischen. Offener zeigte sich die Scuderia beim Debriefing am Dienstag. Von den Stufen konnten die Fans in die offenen Fenster des Ferrari-Trucks auf Schumacher & Co blicken. Am Mittwoch war die Show jedoch vorbei: Ferrari hatte dazugelernt und die Jalousien geschlossen.

Die Lehre aus der Vergangenheit

Manche Dinge kann man aus der Geschichte lernen, manche Dinge wiederholen sich immer wieder. Tonio Liuzzi und Christian Klien scheinen letztere Variante zu bevorzugen. Einst teilten sie sich ein Renncockpit bei Red Bull, diesmal wechselten sie sich am Mittwoch in einem Force India Boliden ab. "Das ist anscheinend immer so", lachte Liuzzi. "Nächstes Jahr fahren wir zusammen in einem Doppelsitzer." So könnte Force India wenigstens ein paar mehr der vielen Cockpitanwärter unterbringen.

Die Lehre aus Indien

Es ist viel los bei Force India - ein neuer Teamname, ein neuer Teambesitzer, viele neue Fahrer werden getestet. "Wir haben immer viele Fahrer", beschwichtigte Teamboss Colin Kolles. Die Anzahl der Testfahrer der letzten Jahre gibt ihm unbestritten Recht. "Aber wir haben immer viele schnelle Fahrer." Besonderen Stress verursacht der abermalige Besitzer- und Namenswechsel nicht. "Es läuft", so Kolles, "darin haben wir ja Übung."