"Nächtes Jahr wird es interessanter", sagt Sebastian Vettel. Mit dieser Meinung steht er unter den Fahrern nicht alleine da. Das Verbot der Traktionskontrolle und die Einführung der umstrittenen Einheitselektronik sollen den Fahrern wieder mehr Einflussmöglichkeiten geben. Ein guter Fahrer soll wieder mehr wert sein, die Software weniger Bedeutung haben.

Nick Heidfeld freut sich schon seit einiger Zeit darauf. Obwohl er weiß, dass es nicht einfacher wird. Das spürte Heidfeld schon bei seinem ersten Test ohne Traktionskontrolle. "Es war schwieriger als erwartet", gesteht er. "Vor allem wenn die Reifen abgenutzt sind." Dann verliere man mehr bei der Traktion als beim Bremsen, denn die aktuellen Systeme sind alle für die Traktionskontrolle ausgelegt, die ab 2008 wegfallen wird. "Das bringt mehr Fehler, mehr Überholmanöver, mehr Rutschen, mehr Spaß", hofft Heidfeld. "Aber nur mit neuen Reifen. Mit alten muss jeder daran arbeiten, mehr Traktion zu bekommen." Das würde nach größeren Setupunterschieden zwischen Qualifying und Rennen verlangen. Doch das ist im Reglement verboten.

Die erhöhte Reifenabnutzung sieht Heidfelds Teamkollege Robert Kubica nicht als problematisch an. "Vielleicht müssen wir etwas mehr auf die Temperatur achten, weil es einfacher sein wird, die Reifen wegen des Wheelspins zu überhitzen." Andererseits würden die niedrigeren Kurvengeschwindigkeiten das Leben der Reifen erleichtern.

Beim Start wird es hin und wieder qualmen., Foto: Sutton
Beim Start wird es hin und wieder qualmen., Foto: Sutton

Für Nico Rosberg ist es eine Herausforderung, das Limit ohne Traktionskontrolle zu finden. "Es ist eine Herausforderung das Auto zu kontrollieren", sagt er. "Besonders in schwierigen Sektoren, wo das Auto über die Kerbs springt. Mit Traktionskontrolle ist das einfach, man kann mit Vollgas drüber, die Software kontrolliert es für dich. Jetzt muss man es selbst machen, wenn die Räder in der Luft sind." Einen Vergleich mit seiner GP2-Zeit will er nicht wagen. "Es ist ganz anders", nimmt Rosberg GP2-Kollegen wie Kazuki Nakajima die Hoffnung, dass sie einen Vorteil haben könnten.

"Beim ersten Test wird das sicher knifflig", prophezeit Kubica. "Aber das war beim ersten Test mit Bridgestone-Reifen in diesem Winter auch so, alle Fahrer haben die Vorderräder blockiert, sich dann aber schnell angepasst." Das werde ohne die Traktionskontrolle genauso sein. "Ich erwarte keine großen Überraschungen." Darin stimmt er mit Mario Theissen überein. "Wir gehen davon aus, dass die Autos sich ohne Traktionskontrolle mehr bewegen, dass mag nicht jedem Fahrer gleich behagen, aber am Ende sind es immer noch die 22 besten Fahrer, die sollten damit umgehen können", glaubt Theissen. "Ich erwarte nicht, dass da von der Technik oder vom Fahren her ein Team stark abfällt." Wie Kubica hält er den Einfluss geringer als beim Reifenwechsel von Michelin zu Bridgestone.

Auch beim Fahrzeugdesign erwartet Theissen keine Veränderungen. "Das spielt keine Rolle beim Grundkonzept des Autos." Allerdings möchte er nicht ausschließen, dass der eine oder andere Ingenieur vielleicht Nuancen deswegen verändert habe. "Aber es gibt kein völlig anderes Konzept." Das betrifft sowohl das Chassis als auch den Motor, der aufgrund der Homologation nicht verändert werden darf. "Ich erwarte einen sehr geringen Unterschied im Qualifying", so Theissen. Dann fahre jeder Pilot mit neuen Reifen, habe also viel Traktion. "Die Fahrer sind auf diese eine Runde konzentriert, machen keine Fehler. Im Rennen wird es größere Unterschiede geben. Dann sind die Reifen abgenutzt, die Fahrer kämpfen miteinander." In diesen Situationen werde sich das Fehlen der Traktionskontrolle eher auswirken. Aber auch hier gilt: es sitzen die besten Sonntagsfahrer der F1-Welt hinter dem Lenkrad - die sollten damit klar kommen.

Ganz so unkontrolliert soll es nicht werden., Foto: www.abudhabigp.com
Ganz so unkontrolliert soll es nicht werden., Foto: www.abudhabigp.com

Das gleiche Argument führt Ralf Schumacher an. "Ich habe die Jahre ohne Traktionskontrolle schon hinter mir", erinnert er. "Ich bin lange genug dabei, also ist es nicht so wichtig, bei den ersten Tests dabei zu sein." Wichtiger wäre es hingegen, überhaupt dabei zu sein. Denn noch hat Ralf kein Cockpit für 2008. Im Gegensatz zu Theissen und Kubica erwartet er durch den Wegfall der Traktionskontrolle und die Einführung der Einheitselektronik eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses. "Die Kluft zwischen den guten und schlechten Autos wird dadurch noch größer", glaubt Ralf. "Momentan kann die Elektronik noch das eine oder andere wettmachen. Wenn dann die Traktion schlecht ist, hat der Fahrer noch mehr Probleme, weil er es manuell ausgleichen muss."

Das gilt besonders für den Start. "Der Start wird mehr vom Gefühl des Fahrers abhängen", erwartet Kubica. Man müsse versuchen, so wenig Wheelspin wie möglich zu haben. "Dieses Jahr war das mit der Elektronik nicht so wichtig, nächstes Jahr muss der Fahrer mehr tun." Man werde einen guten Start sofort von einem schlechten unterscheiden können. Es entscheidet wieder das Können der Fahrer, nicht jenes der Programmierer. Die Räder sind frei.