Die Bilanz - Auto & Team: Honda sah schon im Winter Schwarz: so war das Interimsauto lackiert. Schon da deutete sich an: dem Wagen fehlte der Speed - nur das Ausmaß war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu erahnen. Honda war nicht mehr der Winterweltmeister vorangegangener Jahre, aber was in der Saison 2007 folgen sollte, erwartete trotzdem niemand. Immerhin war Honda der Aufsteiger der zweiten Saisonhälfte 2006.

Nach Jenson Buttons erstem GP-Sieg in Ungarn setzte der Brite zu einer wahren Erfolgsserie an. Button holte zwischen Ungarn und Brasilien mehr Punkte als alle anderen Fahrer, eingeschlossen den Titelrivalen Michael Schumacher und Fernando Alonso. Der RA106 war nicht das schnellste Auto des Feldes, lag jedoch gegen Saisonende knapp hinter Renault und Ferrari, aber noch vor McLaren.

Die Saison war zum Heulen..., Foto: Sutton
Die Saison war zum Heulen..., Foto: Sutton

Die Aussichten für 2007 waren extrem gut. Doch dann geschah im Winter etwas Seltsames, für dieses Team wahrlich Ungewöhnliches. Sie schwiegen. Keine Prognosen, keine Vorhersagen, keine Ankündigungen, ja noch nicht einmal Bestzeiten. Genau dafür waren Honda und das Vorgängerteam British American Racing bekannt; sie waren Jahr für Jahr die Wintertestkönige. Sie waren die Testweltmeister, die Siege ab dem ersten Rennen und den WM-Titel ankündigten - und versagten. 2007 schwiegen sie - und versagten noch schlimmer.

Schlecht, schlechter, RA107 - diese Steigerung war von Melbourne bis Sao Paulo berechtigt. Dabei hatte man ein stabiles und erweitertes Technikerteam rund um Technikdirektor Shuhei Nakamoto und einen neuen Windkanal zur Verfügung; der war jedoch Teil des Übels. Eine fehlerhafte Kalibrierung warf die Aerodynamik des Autos aus der Bahn, außerdem machte sich der Verlust von Geoff Willis aus dem Vorjahr stärker bemerkbar, als man eingestehen wollte. Nakamoto San musste sich in Interviewrunden sogar die Frage gefallen lassen: "Warum ist das Auto so verdammt schlecht?" Nur in Englisch und mit einer etwas drastischeren Wortwahl...

Niederlage gegen das Vorjahresauto des Schwesterteams - kein seltenes Bild., Foto: Sutton
Niederlage gegen das Vorjahresauto des Schwesterteams - kein seltenes Bild., Foto: Sutton

Dem nicht genug: erst beim achten Saisonlauf in Magny Cours holte Jenson Button mit Hängen und Würgen den ersten WM-Punkt des Teams in dieser Saison; sogar das finanziell angeschlagene Schwesterteam Super Aguri hatte zu diesem Zeitpunkt schon vier WM-Punkte auf dem Konto - mit dem Vorjahres-Honda. Erst als bei Super Aguri die finanziellen Mittel und Ressourcen gegen Saisonende ausgingen und Honda das Auto besser verstand, leicht "verbessert" hatte, kam man mit Ach und Krach in den letzten Saisonrennen um zwei Punkte an Super Aguri vorbei, gewann das japanische Duell geradeso mit 6:4 Punkten. Das verdankte man aber nicht der herbeigesehnten B-Version, die offiziell gar keine war und leistungstechnisch ebenfalls keinen erkennbaren Fortschritt darstellte.

Der RA107 war eine Katastrophe, Rubens Barrichello und Jenson Button sind froh, dass sie dieses Auto nicht mehr sehen, geschweige denn damit Rennen fahren müssen. Dabei war die Präsentation des Weltkugelautos spektakulär, über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Die Weltkugellackierung brachte dem Team sogar die einzige Auszeichnung des Jahres ein: den 2007 Green Award für die Umweltinitiative, die es damit bewarb. Mit den erhofften Sieger- und WM-Pokalen kann diese Trophäe aber nicht mithalten.

Die Bilanz - Fahrer: Jenson Button und Rubens Barrichello haben in ihren F1-Jahren schon viel mitgemacht, Höhen und Tiefen, aber so eine Saison hat keiner von ihnen schon einmal erlebt, so eine Saison will keiner von ihnen mehr erleben. Beide kämpften zuallererst gegen ihr nicht konkurrenzfähiges Auto, erst in zweiter Linie gegen Gegner, die sie eigentlich ein paar Mal pro Rennen überrunden wollten und hätten sollen.

Button rettete wenigstens ein bisschen Honda-Ehre., Foto: Sutton
Button rettete wenigstens ein bisschen Honda-Ehre., Foto: Sutton

Zu Saisonbeginn waren die Leistungen beider Fahrer noch ausgeglichen, wenn auch fahrzeugbedingt auf einem niedrigen Niveau. Doch dann kam Button immer "besser" mit dem schlechten Auto zurecht, Barrichello fiel in Qualifying und Rennen immer weiter von seinem Teamkollegen ab. Barrichello startete nur in Monaco aus den Top10, Button schaffte es im Qualifying immerhin vier Mal unter die besten Zehn; einmal sogar auf Startplatz 6. So erkämpfte er sich bei drei Rennen einen Punkteplatz.

Barrichello blieb die gesamte Saison ohne Punktgewinn. Das lag allerdings nicht an einer zu hohen Ausfallquote. Barrichello fiel nur zwei Mal aus, einmal mit einer Kollision, einmal mit einem Motorschaden. Button sah die Zielflagge sechs Mal nicht, fuhr aber dennoch drei Mal in die Punkte. Obwohl der Brasilianer seinen Vertrag für ein weiteres Jahr velängert hat, wird über eine Abschiebung zum Schwesterteam nachgedacht - in diesem Jahr hätte er dann das bessere Auto gehabt, nächstes Jahr würde ihm mit dem Vorjahres-Honda erneut ein düsteres Schicksal blühen.

Kaum im Auto saß der dritte Mann. Christian Klien durfte einige wenige Tests bestreiten, einmal am Freitag für Button einspringen, verlebte ansonsten aber eine ruhige und ereignislose Saison. Angesichts der fehlenden Konkurrenzfähigkeit des RA107 dürfte er sich nicht darüber geärgert haben, dass er dieses Auto nicht so häufig fahren musste. Einen Tick besser als der Spyker, den er zwischenzeitlich in Spa-Francorchamps testen durfte, war der Honda aber wohl doch - angeblich.

Honda

Saisonziel 2007 Die Ausbeute
Siege 9. Platz (6 WM-Punkte)
Saisonziel erreicht? Saisonbilanz 2007
Weit verfehlt. Katastrophal, fürchterlich, enttäuschend - Honda erlebte ein Seuchenjahr. Statt gegen Ferrari und McLaren kämpfte man gegen Super Aguri und Spyker. Statt um Siege fuhr man um die Qualifikation für den 2. Qualifyingabschnitt. Die Enttäuschung der Saison.