Eigentlich glaubte niemand so recht daran, Kimi Räikkönen hatte sieben Punkte Rückstand auf WM-Leader Lewis Hamilton, drei auf Fernando Alonso. Der Finne brauchte ein Wunder, um seinen ersten WM-Titel feiern zu dürfen - aber manchmal geschehen Wunder. Das von Kimi Räikkönen war heute in Sao Paulo an der Reihe.

Räikkönen fuhr in einer eigenen Welt zum ersten Titel., Foto: Sutton
Räikkönen fuhr in einer eigenen Welt zum ersten Titel., Foto: Sutton

Schon am Start zeigte der Iceman sein Können: er schnellte an Lewis Hamilton auf Position 2 vorbei, war schon fast an seinem Teamkollege Felipe Massa vorbei, musste dann aber hinter dem Brasilianer zurückstecken, wobei ihm Hamilton noch einmal nahe kam. "Ich hatte einen guten Start, war schon neben Felipe, aber wir wollten nicht zu hart gegeneinander fahren", sagte Räikkönen hinterher. Danach flogen die Ferrari im Parallelflug dem restlichen Feld davon - sie fuhren in einer eigenen Welt. "Ich konnte nicht mit Ferrari mithalten", gestand Alonso. "Als sie wirklich angefangen haben zu pushen, kam ich nicht mehr hinterher." Dabei gaben die Roten noch nicht mal alles. "Am Ende waren wir vorsichtig", verriet Räikkönen. "Wir hätten noch schneller gekonnt." Zunächst lag aber Massa vor Räikkönen, in dieser Konstellation reichte es noch nicht zum Titelgewinn für Räikkönen.

Beim ersten Boxenstopp kam er ebenfalls noch nicht an Massa vorbei. Der Brasilianer stoppte in Runde 20, Räikkönen in Runde 21 - eine Runde mehr reichte jedoch nicht, um vorbeizugehen. Dafür tankte er länger, um beim zweiten Stopp länger fahren zu können. Diesmal kam Massa in Runde 50, Kimi jedoch erst in Runde 53. In Zusammenarbeit mit einem Verbremser des Brasilianers, ein bisschen Verkehr auf dessen Outlap und den drei zusätzlichen Runden ging Räikkönen knapp vor Massa in Führung - jetzt war er Weltmeister. Daran konnte in den letzten Runden niemand mehr etwas ändern. In der Endabrechnung setzte er sich mit einem Punkt Vorsprung gegen Lewis Hamilton und Fernando Alonso durch.

Hamilton riskierte viel und verlor alles., Foto: Sutton
Hamilton riskierte viel und verlor alles., Foto: Sutton

"Wir waren nicht immer in der besten Situation, aber wir haben immer daran geglaubt, dass wir zurückschlagen können", so der neue Weltmeister. "Selbst in den schwierigen Zeiten haben wir gut zusammengehalten und sind zurückgekommen. Am Ende konnten wir aufholen und den Titel gewinnen." Zusammen mit Felipe Massa sei er ein perfektes Team. "Ich freue mich sehr und werde heute sowie den nächsten Monat auf Wolke sieben schweben." Für Räikkönen sind das schon ungeahnte Gefühlsausbrüche. Auch Massa freute sich mit seinem Teamkollegen und für das Team. "Aber hoffentlich wird der Titel eines Tages auch einmal mir gehören."

Lewis Hamilton verschenkte seine Titelchance bereits in der ersten Runde. Nachdem ihn Räikkönen im Senna S überholt hatte, schlüpfte auch Fernando Alonso am Briten vorbei. Das wollte Hamilton nicht auf sich sitzen lassen, setzte zum Konter an, verbremste sich und fuhr leicht neben die Strecke - plötzlich war er nur noch 8. Noch schlimmer kam es ein paar Runden später: Hamiltons McLaren verlor urplötzlich an Speed, er rutschte bis auf Rang 18 ab, dann fing er sich wieder und konnte im normalen Tempo weiterfahren. Der Schaden war jedoch schon angerichtet; seine Aufholjagd hoffnungslos. Barrichello, Sutil, Schumacher, Davidson, Sato, Nakajima - alle zogen gegen den angriffslustigen Silberpfeilpiloten den Kürzeren. "Das Getriebe blieb in Neutral stecken", erklärte Ron Dennis hinterher. "Dann ging es wieder. Wir haben nichts falsch gemacht, Lewis und das Team hatten eine tolle Saison, jetzt müssen wir auch in der Niederlage sportlich bleiben."

Die WM ist entschieden, die neue Saison kann kommen., Foto: Sutton
Die WM ist entschieden, die neue Saison kann kommen., Foto: Sutton

Dann wollte der McLaren-Kommandostand mit einem taktischen Kniff die WM herumreißen: Hamilton kam zu einem kurzen zweiten Stopp herein, zog die weichen Reifen auf und war nun auf einer Dreistoppstrategie unterwegs. Im Mittelstint brachte ihm das kein Glück. Am Ende holte er auf Platz 7 liegend noch einmal mit großen Schritten auf Heidfeld vor ihm auf, aber der Abstand war in den letzten 5 Runden zu groß. Hamilton beendete den Grand Prix als Siebter und WM-Zweiter, punktgleich mit Alonso.

Der wusste von vorneherein, dass seine Chancen schlecht standen, auch nachdem Hamilton weit hinter ihm lag. "Ich hoffte bis zuletzt, dass bei Ferrari etwas passieren würde, aber dem war nicht so." Nur ein Ausfall eines der beiden Ferrari hätte Alonso noch den WM-Titel bringen können. "Aber ich habe schon mehrmals gesagt: wer am Ende vorne ist, der hat es verdient - mein Glückwunsch an Kimi, er hatte eine tolle Saison."

Das letzte Podium des Jahres sah also Räikkönen, Massa und Alonso jubeln. Dahinter sicherte sich Nico Rosberg in einem heißen Duell gegen Robert Kubica den vierten Platz. Platz 6 schnappte sich Nick Heidfeld vor Hamilton und Jarno Trulli. Die Top10 komplettierten David Coulthard und Kazuki Nakajima, hinter dem sich der Schotte einmal sogar drehte. Nakajima erlebte noch einen weiteren Schreckmoment: bei seinem ersten Boxenstopp fuhr er zwei Mechaniker um, die auf einer Trage abtransportiert wurden. Im Kampf um WM-Rang 4 setzte sich Williams jedoch klar gegen Red Bull durch.

WM-Entscheidung 2007