1. - S wie Startaufstellung

Auf den ersten Blick ist alles normal: Je ein Ferrari und ein McLaren wechseln sich in den ersten beiden Startreihen ab - Massa, Hamilton, Räikkönen, Alonso. Doch beim Saisonfinale ist nichts normal. "Ich hatte einen fantastischen Run und es wäre vielleicht sogar die Pole möglich gewesen", freute sich Hamilton auch über Rang 2. "Aber auch so bin ich glücklich über das Qualifying. Das Auto lief super und ich habe mich sehr wohl gefühlt." Dem Titelgewinn steht also nichts mehr im Wege, schließlich muss er Massa vor sich nicht fürchten, seine beiden Hauptrivalen stehen hinter ihm.

Doch wie an den letzten Wochenenden üblich musste Hamilton mal wieder Diskussionen um eine Bestrafung über sich ergehen lassen. Was war passiert? Am Ende des Qualifying ging Hamilton auf seine Einführungsrunde, Räikkönen begann jedoch schon seine letzte schnelle Runde - und da kamen sie sich auf Höhe der Boxenausfahrt in die Quere. "Das hat sicher nicht geholfen", sagte Räikkönen hinterher. "Nachdem ich neben ihm war, kam ich weit nach draußen und verlor Zeit. Ich weiß nicht genau, wie viel Zeit ich verloren habe, aber er hätte mich sicher einfacher vorbei lassen können."

Der Brite sah das anders. "Ich entschuldige mich bei ihm, wenn ich ihm im Weg war", so Hamilton. "Aber ich dachte nicht, dass er so nah war." Hamilton geht davon aus, Räikkönen genug Platz gelassen zu haben. Die Rennkommissare sahen das ähnlich und strengten keine Untersuchung des Vorfalls an.

2. - S wie Start

Welche Rolle spielt Massa im Titelkampf?, Foto: Sutton
Welche Rolle spielt Massa im Titelkampf?, Foto: Sutton

Für Felipe Massa könnte sich das Schicksal schon am Start entscheiden: wenn er davonziehen, Fahrer zwischen sich und seinen Teamkollegen bringen kann, muss er seinem Teamkollegen nicht im Titelkampf helfen - sollte es denn überhaupt dazu kommen. Räikkönen wird hingegen versuchen, von Platz 3 nach vorne zu kommen. Er muss Hamilton überholen, danach ist Massa nur noch Formsache.

"Ich muss am Start Positionen gutmachen, ich werde da logischerweise alles riskieren", kündigt auch Alonso an. Platz 4 hinter beiden Titelrivalen ist zu wenig für ihn. "Jetzt habe ich nichts mehr zu verlieren." Genau wie Räikkönen. Eine Konstellation, die direkt hinter Hamilton durchaus für Brisanz sorgen könnte. "Wir werden aggressiv sein und dann starten wir auch noch nebeneinander", so Alonso. "Das wird ein aufregender Start."

Allerdings brausen beide McLaren von der schmutzigen Seite los. Am Start selbst könnte ein aufgeregter Titelkandidat nicht viel falsch machen. "Aber man kann schon", verrät Nick Heidfeld. "Man muss alles kontrollieren, darf seine Schaltpunkte nicht verpassen - das ist bei so vielen Autos Drumherum nicht einfach." Es koste zwar nicht die Welt, "aber manchmal kommt es ja genau auf diese Details an."

3. - S wie Strecke

Das Autodromo José Carlos Pace ist so ziemlich genau das Gegenteil zum hochmodernen Shanghai International Circuit. Doch die Fahrer mögen den Kurs trotzdem. "Es geht rauf und runter, gibt unglaubliche Kurven", freut sich Adrian Sutil auf das Rennen. "Es ist ein kleines Stadion, wie in einem Motodrom - eine tolle Rennstrecke." Eben eine richtige Naturrennstrecke. "Ich mag diese neuen Strecken nicht so gerne, die sind alle ziemlich gleich und langweilig." Interlagos ist anders.

"Ich bin 2004 hier das Rennen gefahren", erinnert sich Timo Glock. "Damals war es noch sehr wellig. Ansonsten ist hier der Kompromiss aus Highspeed auf der Start-/Zielgeraden und viel Downforce im Infield gefragt." Die beste Möglichkeit bietet sich vor dem Senna S. "Spät bremsen, früh Gas geben", gibt Timo einen Überholtipp. "Die Kurve ist schon knifflig. Wenn man spät bremst, kann der Schwung am Ende fehlen, da muss man aufpassen."

4. - S wie Setup

Die Strecke verlangt den Piloten einiges ab., Foto: Sutton
Die Strecke verlangt den Piloten einiges ab., Foto: Sutton

Interlagos ist eine Strecke der Extreme; bislang galt dies vor allem für die extremen Bodenwellen. Doch durch die x-te Neuasphaltierung in diesem Jahr wurden diese tatsächlich viel besser. Es steckt aber noch mehr Extremes zwischen den Seen. Zum Beispiel eine extreme Kombination aus langsamen Haarnadeln und schnellen Geraden. Aufgrund der geringen Streckenlänge von 4,309 Kilometern werden 71 Runden gefahren. Da es entgegen dem Uhrzeigersinn geht, müssen vor allem die Nackenmuskeln der Fahrer viel aushalten.

Aerodynamisch stellt die Strecke verschiedene Anforderungen an das Auto. Der erste Sektor besteht aus langen Geraden, die einen guten Top-Speed und somit flache Flügel verlangen. Im Mittelsektor würde man hingegen am liebsten mit viel Downforce fahren, also mit steilen Flügeln. Daraus folgt der berüchtigte Setup-Kompromiss.

Bei den Motoren ist auf der langen Geraden viel Power gefragt. Zudem liegt die Strecke 800m über dem Meeresspiegel. Dadurch verlieren sie rund 8% Leistung. Somit sind die 67% Vollgasanteil in Interlagos mit 62% Volllast auf Meereshöhe zu vergleichen.

5. - S wie Strategie

"Es wird sich alles um die Reifen drehen", glaubt Mark Webber. Damit steht er im Fahrerlager nicht alleine da. Bridgestone brachte seine beiden weichsten Reifenmischungen mit nach Sao Paulo - allerdings sind diese auf dem neuen Asphalt wohl zu weich, vor allem die supersoften Pneus drohen zu grainen oder gar Blasen zu werfen. "Die Reifen und die Abnutzung sind ein großes Fragezeichen", bestätigt Robert Kubica.

"Mit dem superweichen Reifen wird es schwer für alle", glaubt Hamilton. Aber wenigstens sitze jeder im gleichen Boot - denn alle müssen mindestens einmal jede der Mischungen aufziehen. Die Frage ist nur: wann und für wie lange? "Schon nach den Runden zum Benzinverbrennen im Qualifying war der Reifen ziemlich kaputt", verrät Hamilton. "Das waren aber nur fünf Runden." Alonso hofft darauf, dass die Strecke am Sonntag noch etwas besser wird und sich im Rennverlauf noch mehr Gummiabrieb sammelt. "Das hilft den superweichen Reifen vielleicht etwas und sie haben nicht mehr das ganz starke Graining." Nico Rosberg macht sich keine Sorgen. "Die Reifen grainen wie sonst etwas, aber bei uns weniger als bei den anderen."

Für Heidfeld hängt alles von den Streckenverhältnissen ab. Wenn der Grip zunimmt, sollte es kein Problem geben, wenn es wie am Freitag ist, drohen bis zu vier Sekunden Zeitverlust pro Runde. "Aber solche Probleme hatten wir schon in Budapest und da ging es im Rennen einigermaßen", betont er. Hilfe könnten kürzere Stints verschaffen. "Wer einmal mehr stoppt, kann sicher sein, dass die Reifen nicht ganz kaputt sind." Eine zwei Stoppstrategie wäre aus dieser Sicht etwas riskanter. "Auch die Spritmenge spielt eine Rolle", fügt Heidfeld an. Auch hier wäre eine Dreistoppstrategie von Vorteil, da weniger Sprit die Reifen weniger belastet. "Ein sanfter Fahrstil ist hingegen relativ schwierig umzusetzen, gerade wenn man unter Druck steht."

Alles schaut auf das schwarze Gold., Foto: Sutton
Alles schaut auf das schwarze Gold., Foto: Sutton

6. - S wie Sonntagswetter

An der Wetterfront scheinen sich die Vorhersagen zu bewahrheiten: die F1-Welt erwartet ein trockenes WM-Finale. "Natürlich würden uns dunkle Wolken und Regen besser passen, aber wir werden sehen, was passiert", hat Sebastian Vettel die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. In Sao Paulo kann das mit dem Regen bekanntlich schnell gehen...

7. - S wie Spannung

Spannung gibt es in Sao Paulo genügend, und zwar nicht nur im Titelkampf. Auch dahinter wird noch munter gefightet. So kämpfen Williams und Red Bull um WM-Rang 4, die damit verbundenen Prämien und das Ansehen einer vorderen Box im nächsten Jahr.

Die Titelanwärter geben sich derweil gelassen und siegessicher. "Ich bin ziemlich zuversichtlich und sehr relaxt für morgen, ich weiß genau, was ich zu tun habe um die Weltmeisterschaft zu gewinnen", sagte Hamilton. "Mein Fokus liegt nicht darauf, das Rennen zu gewinnen, sondern nur auf dem Titel." Genau das erwartet Nick Heidfeld von ihm. "Er muss ja nicht gewinnen, nur hinter Alonso herfahren", so der Deutsche. "Wenn er Weltmeister werden will, muss er cool bleiben können." Er habe ja schließlich gesagt, dass er beim letzten Rennen etwas gelernt hätte.

Dennoch glaubt Heidfeld, dass Hamilton die Trümpfe in der Hand hat. "Andererseits kann immer alles passieren: es knallt in der ersten Runde und alles ist vorbei. Theoretisch sieht es super aus, aber ein Reifenplatzer, ein technischer Defekt, ein Missverständnis mit einem Überrundeten - da steckt man nicht drin." Christian Danner nennt noch eine mögliche Fehlerquelle: "Er kann selbst einen Fehler machen und abfliegen." Wie in Shanghai. "Aber wenn er halbwegs normal fährt, ich betone: nicht einmal brillant - dann ist er Weltmeister."

Alonso gesteht selbst, dass ihm nur noch wenige Optionen bleiben. "Man muss abwarten, bis das 17. Rennen vorbei ist. Das hat man in China gesehen, als ich als Vierter hinter Massa im Niemandsland ein langweiliges Rennen gefahren bin, bis Hamilton Reifenprobleme bekam. Das kann auch passieren: Du ärgerst dich im Rennen als Vierter oder Fünfter herum und auf einmal bist du Weltmeister."

8. - W wie wer wird wann Weltmeister?

Lewis Hamilton wird Weltmeister...

  • … wenn er gewinnt oder Zweiter wird, gleichgültig wie seine beiden Titelrivalen abschneiden.
  • ... wenn er bei einem zweiten Platz von Fernando Dritter oder Vierter wird.
  • ... wenn er Fünfter wird und Fernando nicht besser als Dritter; gleichgültig wie Kimi abschneidet.
  • ... wenn er Sechster oder Siebter wird und Fernando nicht unter die ersten Zwei kommt und Kimi nicht gewinnt.
  • ... wenn er Achter wird und Fernando nicht aufs Podium kommt und Kimi nicht unter die ersten Zwei kommt.
  • ... wenn er keine Punkte erzielt und Fernando höchstens Fünfter sowie Kimi maximal Dritter wird.

Fernando Alonso wird Weltmeister...

  • ... wenn er gewinnt und Lewis allenfalls Dritter wird.
  • ... wenn er Zweiter wird und Lewis höchstens auf Platz sechs ins Ziel fährt.
  • ... wenn er Dritter wird, Lewis höchstens einen Punkt holt und Kimi nicht gewinnt.
  • ... wenn er Vierter wird und Lewis keine Punkte erzielt und Kimi bestenfalls Dritter wird.

Kimi Räikkönnen wird Weltmeister...

  • ... wenn er gewinnt und Fernando höchstens Dritter und Lewis maximal Sechster wird.
  • ... wenn er Zweiter wird und Lewis höchstens einen Punkt erzielt und Fernando nicht unter die ersten Drei kommt.