Es sollte ein rauschendes Abschlussfest für die fünf Deutschen und den Österreicher in Sao Paulo werden. Ein ganzes Jahr lang ist man durch die Welt gezogen. Zuerst ein bisschen in Down Under abgehangen, dann einen Abstecher nach Asien gemacht, auch in Nordamerika war man gewesen, ganz zu schweigen vom wilden Road Trip durch Europa. Nun wollte man es noch einmal zu Samba-Rhythmen richtig krachen lassen. Insbesondere Adrian Sutil hatte sich darauf gefreut. Alles war bereit für die große Party. Wirklich alle? Moment Mal... irgendwas stimmte hier nicht. Wo war der Österreicher? War er auf dem Weg vom Hotel nach Interlagos vielleicht hoffnungslos im Verkehr stecken geblieben. Oder ist er gar in eine Straße abgebogen, in die er besser nicht hätte abbiegen sollen? In Sao Paolo weiß man ja nie...Sofort machte sich die verbliebenen fünf Deutschen auf die Suche nach ihrem geliebten Ösi.

Ralf wollte sogar in den Top 10 nach Alex Wurz schauen., Foto: Sutton
Ralf wollte sogar in den Top 10 nach Alex Wurz schauen., Foto: Sutton

Wird man Alex Wurz jemals wieder finden? Ralf Schumacher glaubte fest daran. "Einige bei uns im Team sind pessimistisch, ich bin eher optimistisch", so Ralf. "Das Feld ist sehr nah beieinander, im Zehntelbereich", wenn man dann eine optimale Runde hinbekommt, das Auto optimal abstimmt, könnte es gelingen, in die Top10 zu gelangen", legte er sich seine Suchstrategie zurecht. Dabei ließ er allerdings völlig außen vor, dass sich Alex Wurz in diesem Jahr nie sonderlich gerne unter den ersten Zehn versteckt hat. Doch Ralfs Tatendrang konnte auch dieser Umstand nicht bremsen. "Ab morgen erwarten wir warmes Wetter. Dann haben wir alles, was man sich wünschen kann." Und wenn die Sicht gut ist, dann wird sich doch so ein Wurz wieder anfinden.

Adrian Sutil bot sich sofort an, nochmals die Strecke Flughafen - Hotel - Interlagos abzufahren. "Die Strecke ist sehr gut zu fahren und hat einige trickreichen Kurven", freute er sich geradezu auf die Suchaktion. Allerdings machte er sich etwas Sorgen, ob der Zustand seiner Reifen eine ausgiebige Suchaktion zulassen würden. "Die weichere Mischung scheint bereits auf der zweiten oder dritten Runde zu grainen, aber ich hoffe auf eine Verbesserung."

Wie soll man denn bitteschön was finden, wenn man die ganze Zeit einen Lollypop im Gesicht hat?!?, Foto: Sutton
Wie soll man denn bitteschön was finden, wenn man die ganze Zeit einen Lollypop im Gesicht hat?!?, Foto: Sutton

Bei dieser Frage konnte ihn Nick Heidfeld jedoch beruhigen. "Wir haben zwei Sätze harte und zwei Sätze weiche Reifen, die konnten wir komplett benutzen", erzählte Nick. Gefunden hat er Alex aber auch nicht. Ebenso wenig wie Sebastian Vettel, der sich gar nicht richtig konzentrieren konnte, weil Alex fehlte. Er vergaß sogar, weswegen er eigentlich in Interlagos war. "Ich war nicht darauf aus, schnelle Rundenzeiten zu fahren, sondern habe wie immer an der Abstimmung und der Reifenauswahl gearbeitet. Meine schnellste Runde war nicht die beste, ich habe beinahe das Auto abgelegt", sagte Sebastian Vettel.

Ein ähnliches Nervenbündel war Nico Rosberg. Schließlich war der Alex sein Teamkollege, der ihm immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Jetzt stand er auf einmal da und musste sich ganz alleine um das Setup kümmern - eine Aufgabe, die sonst immer gerne das österreichische Technikgenie erledigt hatte. "Ich habe ein paar Setupänderungen gemacht, voll in die falsche Richtung, aber dann weiß man wenigstens, was besser ist", gab sich Nico tapfer, obwohl ihm eigentlich zum Heulen zumute war.

Da isser!, Foto: Sutton
Da isser!, Foto: Sutton

So langsam fingen die Hoffnungen an zu schwinden, dass man Alex Wurz jemals wiederfinden wird. Enttäuscht schlichen die Fünf Deutschen ins Motorhome und klappten ihre Laptops auf. Wenn Alex schon nicht auf der Strecke zu finden ist, ergibt sich vielleicht ja über das Internet ein Hinweis auf seinen Aufenthaltsort, dachten sie. Sie solltem Recht behalten. "Ich sollte eigentlich jetzt in Brasilien sein, aber ich stehe jetzt hier mit Monaco im Hintergrund in der Sonne", meldete sich Alex in einer Videobotschaft an seine Freunde, die er bei motorsport-magazin.com hinterlegt hatte. Alex wollte einfach nicht mehr zu viel reisen "Dieses Jahr war ich seit Mitte der Saison fast täglich dabei zurückzutreten, habe darüber nachgedacht. Es war nur noch eine Frage der Zeit."

Erleichterung machte sich breit, aber ein bisschen empört waren die Fünf Freunde ja doch. Er hätte ja ruhig vorher mal was sagen können. "Nach Shanghai ist alles ein bisschen schnell gegangen", entschuldigte sich Alex, "aber so ist es mir recht: Ich kann hier sitzen, mir den Brasilien GP anschauen, der spannend wird. Das Leben ist eine konstante Veränderung, ich freue mich darauf." Veränderung? Das dachten sich die Übriggebliebenen auch. Dann werde man von nun an eben nur noch als "Fünf Deutsche" durch die Welt ziehen. Ist sowieso viel besser, fanden sie beim genaueren Überlegen. Dann passt endlich wieder die Überschrift in eine Zeile.