Es scheint, als ginge McLaren mit leichten Vorteilen gegenüber Ferrari in den Qualifikationssamstag. Denn während sich die Silberpfeile im ersten Freien Training zurückhielten, fuhren sie am Nachmittag klar die schnellsten Zeiten. Für Fornando Alonso hat das jedoch wenig zu bedeuten. Letztlich sei es doch so wie immer gewesen, fand der Spanier. "In der ersten Session hat Ferrari dominiert, wir waren dann in der zweiten Session stärker. Und am Ende werden im Kampf um die Pole alle innerhalb einer Zehntelsekunde oder weniger liegen. So ist es jetzt seit 16 Grands Prix und ich glaube nicht, dass sich das beim 17. Grand Prix ändert."

Zufrieden war man bei McLaren dennoch - zumindest mit der Performance. "Beide Fahrer sind am Nachmittag konstante Zeiten gefahren und konnten ihr geplantes Programm absolvieren", sagte Ron Dennis, der sich dennoch nicht richtig freuen konnte. Denn auch in Brasilien bleibt McLaren seiner Linie treu, sich das Leben selbst schwer zu machen, wenn es auf der Strecke zu gut läuft. "Obwohl wir die schnellsten waren, war es kein perfekter Tag. Denn wir haben einen Fehler gemacht und am Morgen einen Satz Reifen zuviel an Lewis Auto benutzt", gab Dennis unumwunden zu.

Zu dem Zeitpunkt wusste Ron Dennis noch nicht, dass Lewis Hamilton mit einer vergleichsweise milden Strafe von 15.000 Euro davonkommen sollte. Auch eine Strafversetzung oder Zeitstrafe wäre durchaus möglich gewesen. Nutznießer wäre natürlich Teamkollege Alonso gewesen, der jedoch schon im Vorfeld ahnte, dass ein hartes Durchgreifen wegen solch eines dummen Vergehens bei einem Meisterschaftkandidaten im letzten Rennen eher unwahrscheinlich ist. "Das ist Sache der Sportkommissare und deren Entscheidungen fallen ja immer sehr unterschiedlich aus", sagte der Doppelweltmeister vielsagend.

Für Alonso reicht es nicht, zu gewinnen. Er muss auch schauen, was sein Konkurrent macht., Foto: Sutton
Für Alonso reicht es nicht, zu gewinnen. Er muss auch schauen, was sein Konkurrent macht., Foto: Sutton

Nicht nur deswegen stuft Alonso seine Chancen, zum dritten Mal in Folge Champion zu werden, als eher schlecht ein. "Ich will natürlich das Rennen gewinnen, aber um die Meisterschaft zu gewinnen, muss ich gewinnen und er Dritter werden. Das heißt, ich brauche unglaubliches Glück", sagte Alonso. "Allein um das Rennen zu gewinnen, brauche ich Glück. Es muss alles perfekt laufen, ich muss die Pole erobern oder zumindest den zweiten Startplatz und dann muss es ein perfektes Rennen sein. Das heißt, morgen will ich unbedingt die Pole holen."

Auch dass das unbeständige Wetter ihm morgen in die Karten spielen könnte, glaubt Alonso nach den Erfahrungen der Asien-Rennen nicht mehr. "Egal ob es kalt oder warm ist, ob es regnet oder trocken ist, es wird keinen großen Unterschied machen, es wird immer sehr umkämpft sein", ist sich Alonso sicher. Zumindest sicherte sich der Spanier durch Verzicht auf die Teilnahme am ersten Freien Training einen kleinen Reifenvorteil, für den Fall, dass es in den nächsten beiden Tagen doch regnet. "Jetzt haben wir morgen vier frische Reifensätze, die wir nutzen können", so Alonso.

Zumindest nicht ausschließen wollte der 26-jährige, dass ihm durch seinen gebrauchten Motor ein Nachteil erwachsen könnte. "Morgen werden wir es sehen", sagte er. "Heute hatten wir beide neue Motoren drin. Wenn wir morgen die Rennmotoren drin haben, sehen wir ob ich ein bisschen weniger Leistung durch meinen Motor aus China habe oder, ob es keinen Unterschied macht."

Bliebe als letzter Trumpf die größere Erfahrung aus bereits zwei Titelkämpfen im Gegensatz zu seinem Kontrahenten. Doch auch das wollte Alonso nicht überbewerten. Vielleicht könne er etwas leichter mit der großen Aufmerksamkeit der Medien umgehen, mutmaßte Alonso. "Aber er [Hamilton] ist auch ein ziemlich entspannter Pilot. Ich glaube nicht, dass es ihn sehr beeinträchtigt."