Eigentlich hätte es das ganz normale Pressegespräch werden sollen mit David Coulthard in Interlagos. Er begann auch recht normal und sprach über die Herausforderung der Strecke, weil es ja gegen den Uhrzeigersinn geht und einige Bodenwellen vorhanden sind, die durch die neue Asphaltdecke aber wohl etwas abgeschwächt wurden. Außerdem freute sich der Red Bull-Pilot auf die Begeisterung der Fans, die den Motorsport so lieben wie jene in Monza. "Deswegen gibt es hier eine großartige Atmosphäre auf der Start-Ziel mit den ganzen Zuschauern", sagte er.

Als es dann um die Entscheidung in der Weltmeisterschaft ging, schlug Coulthard etwas andere Pfade ein als normal. "Ich als Fahrer interessiere mich einen Dreck dafür, wer Weltmeister wird, weil ich es nicht bin. Mein Fokus bei diesem Rennen ist nicht die WM, sondern der Kampf" sagte der Schotte. Denn er will darauf schauen, wie er mit seinem Auto so schnell sein kann wie möglich und wie er Punkte für sein Team holen kann. "Ich werde mich am Samstag hinsetzen und gespannt das Rugby WM-Finale ansehen, weil das geht mich nichts an und ist nur Unterhaltung. Mich interessiert es aber nicht, wer diese WM hier gewinnt", sagte er. Worauf er hofft, ist ein gutes Rennen, das die Leute unterhält. Das Rennen soll das beste Team gewinnen, meinte er.

Was Coulthard aber dennoch machte, war eine Einschätzung der drei WM-Kandidaten, die er alle als fantastische Fahrer ansieht. Kimi Räikkönen ist seiner Meinung nach als Weltmeister längst überfällig, habe in diesem Jahr aber etwas gebraucht, um sich an das Auto zu gewöhnen. "Er ist unglaubliche Rennen gefahren und hat mehr Rennen gewonnen als ein anderer Fahrer." Fernando Alonso hat nach Coulthards Meinung mit seinen beiden WM-Titeln bereits bewiesen, dass er ein toller Fahrer ist, wobei es einige wohl überrascht habe, wie er sich so bei McLaren zurecht fand.

Lewis Hamiltons Leistungen sollten eigentlich niemanden überrascht haben, meinte David Coulthard, Foto: Sutton
Lewis Hamiltons Leistungen sollten eigentlich niemanden überrascht haben, meinte David Coulthard, Foto: Sutton

"Und Lewis Hamilton hat viele Leute überrascht. Das sollte aber keine große Überraschung sein. Er war GP2-Champion und schon seit neun Jahren Teil von McLaren. Er kennt das Team also sehr gut" erklärte Coulthard. Für ihn ist es nichts Besonderes, dass Hamilton schon so gut ist, auch wenn er davon ausgeht, dass es noch eine größere mediale Geschichte werden wird, sollte er den Titel holen. "Wenn man gut genug ist, ist man alt genug und wenn man gut genug ist, ist man nicht zu alt. Wenn man gut genug ist, ist man gut genug."

Auch Mark Webber ist der Meinung, dass Hamilton gut genug wäre und traut ihm den Gewinn des Titels zu. Ganz fehlerfrei hat der Australier den Briten in diesem Jahr aber nicht erlebt. "Immer wenn man Entscheidungen treffen musste, war er schwach, sehr schwach. Wenn keine Entscheidungen getroffen werden mussten, war er außergewöhnlich. Leider wird er daraus lernen und nur besser werden", sagte Webber. Allerdings hatte er für Hamilton auch eine Warnung parat. Denn er wird vielleicht besser werden, aber "er wird auch Scheißautos haben in Zukunft. Man hat nicht immer einen Top McLaren. Er wird Fünfter oder Sechster im Feld sein, das passiert. Er wird ein paar miese Kisten fahren müssen und wir werden sehen, wie er das macht."

In keiner ganz miesen Kiste sitzt Webber im Moment und plant damit auch nicht, irgendwie zurückzustecken, sollte er am Sonntag in die Lage kommen, zwischen zwei WM-Anwärtern zu liegen. "Wenn man Positionen holen kann, dann bin ich da dabei. Mir macht ein guter Kampf nichts aus und ich denke, wir werden nicht dort sein, wo sie sind. Es könnte langweilig oder hässlich werden", meinte der Australier. Was er vom kommenden Jahr erwarten soll, konnte Webber noch nicht sagen, weil das ohnehin schwer einzuschätzen sei. "Jeder redet groß wegen des nächsten Jahres. Sie erzählen, was sie für tolle Sachen im Windkanal haben und so weiter. Meistens sieht es dann aber anders aus." Lassen wir uns also überraschen - wovon auch immer.