Jean-Pierre Raymond muss immer mit dem Unerwarteten rechnen. Er darf nichts als selbstverständlich ansehen. Egal ob Motoren, Flugtickets oder 200 Teamhemden und Hosen. Der Franzose ist für die Logistik der Renault-Motorenabteilung in Viry-Châtillon zuständig. Er ist dafür verantwortlich, dass die gesamte Ausrüstung rechtzeitig versandfertig ist, alle Zollformalitäten geklärt sind und die Renault-Lkw punktgenau nach England aufbrechen, um pünktlich am Flughafen in London-Stansted einzutreffen.

Von dort starten die Jumbos der FOM Cargo zu 17 Zielen rund um die Formel 1-Welt. Der gesamte Frachttransport wird zentral von der FOM und dessen offiziellen Formel 1-Logistikpartner DHL geregelt. "Das ist sehr praktisch", sagt Raymonds Toyota-Pendant Richard Cregan. "Unsere Mechaniker müssen nur die Container fertig einpacken und bei der Abreise an der Strecke vor die Box stellen. Um alles andere, Abholung, Verladung, Flug, Zoll, den Transport kümmert sich die FOM." Und das klappt sehr gut. "Bei uns ist noch nie etwas verloren- oder kaputtgegangen", lobt Cregan. "Ganz im Gegensatz zu normalem Fluggepäck."

Bis zu 300 Tonnen Material und Ausrüstung werden zu jedem der Überseerennen transportiert. Das ist ausreichend Fracht, um 100 Lastwagen zu füllen. Neben drei Autos pro Team, durchschnittlich 44 Motoren, Reifen, Ersatzteilen und unzähligen Litern Benzin wird auf diese Weise auch die 50 Tonnen schwere TV-Ausstattung zum Rennort geflogen. Insgesamt werden im Durchschnitt 20.000 Einzelteile pro Rennen durch die Luft befördert.

Gut verpackt ist halb verschickt. DHL bringt die F1 auch in Sao Paulo sicher ans Ziel., Foto: Sutton
Gut verpackt ist halb verschickt. DHL bringt die F1 auch in Sao Paulo sicher ans Ziel., Foto: Sutton

Dennoch behalten die Teamlogistiker stets den Überblick, auch bei den komplexen Packplänen für die Überseerennen. "Das geht schon", wiegelt Cregan ab. "Im Prinzip sind die Überseerennen sogar oft unproblematischer als die Rennen in Europa." Der Grund ist einfach: "Weil man nach Übersee weniger mitnimmt." Dadurch, dass zusätzliche Fracht auch zusätzliche Kosten bedeutet, überlegen die Teams ganz genau, "dass man nur das mitnimmt, was man auch wirklich braucht." In Europa wird nicht so genau nachgerechnet, weil die Teams dort mit den eigenen Transportern anreisen und im Zweifelsfall das eine oder andere Teil mehr eingepackt wird.

Mit der Ankunft der Fracht an der Rennstrecke ist der Job der Team-Logistiker aber noch lange nicht erledigt. "Unmittelbar nach unserer Ankunft übernehmen wir sozusagen die Logistik im Hintergrund", verrät Raymond. Dazu zählen so alltägliche Dinge wie die Bestätigung der Hotelzimmer für die kommenden Grand Prix, der Transport dringend benötigter Teile und das Zurückschicken der Motoren. Es kann jedoch auch zu ungewöhnlichen Situationen kommen, für die schnell eine Lösung gefunden werden muss.

Jedes Land hat seine Eigenheiten und sobald beispielsweise die Zollvorschriften nicht exakt eingehalten werden, können die Frachtkisten für einige Tage oder gar Wochen feststecken. Es gibt aber auch weniger dramatische Probleme, etwa wenn ein Teammitglied erkrankt und schnell Ersatz eingeflogen werden muss. Für solche Fälle hat Renault in jeder Maschine zum Austragungsort Plätze reserviert. "Wir haben immer eine Liste von Mitarbeiten parat, die in solchen Fällen einspringen können", sagt Raymond. "Sie sitzen sozusagen auf gepackten Koffern und haben alle nötigen Papiere zur Hand." Man könne schließlich nie wissen, und wolle nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Schlaflose Nächste hat Raymond deshalb nicht; nicht mehr. "Da zahlt sich die Erfahrung aus", sagt er lachend. Das Team führt eine Liste aller Probleme und Schwierigkeiten, auf die es in den verschiedenen Ländern bereits gestoßen ist, und welche Lösungen sie dafür gefunden haben. Trotzdem kann es immer zu neuen Situationen kommen, in denen Organisationsgeschick und Improvisiertalent gefragt sind. "Genau das gefällt mir an meinem Job", sagt Raymond. "Es wird einfach nie langweilig." So ist es eben, wenn man immer mit dem Unerwarteten rechnen muss.