In den letzten Monaten konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Formel 1 nur aus zwei Farben besteht: Rot und Silber. Doch 700 Seiten Ferrari-Unterlagen, 195 Seiten Verhandlungsmitschriften, 14 Seiten Urteilsbegründung und unzählige Presseerklärungen später gibt es begründeten Anlass zur Hoffnung, dass die unsägliche Spionageaffäre endlich ein Ende gefunden hat. Und prompt drängen auch wieder andere Farbtöne ins Bewusstsein der Formel 1-Welt.

Dabei entwickelt sich passend zur Jahreszeit wie schon im letzten Jahr ein knalliges Orange zur Modefarbe. Ein neues und besseres Auto, neue Besitzer und neue Pläne - Spyker macht derzeit an allen Fronten auf sich aufmerksam. Sogar den fast schon vergessenen Kundenchassis-Streit will das Team wieder aufleben lassen. In der Formel 1 ist nach der Affäre schließlich vor der Affäre.

Spyker ist bereit zum Durchstarten., Foto: Sutton
Spyker ist bereit zum Durchstarten., Foto: Sutton

Nach einer Saison voller Rückschläge ist das Team mit den vielen Namenswechseln also wieder voll im Geschäft und verspricht - wieder einmal - eine goldene Zukunft. Doch wenn man bei Spyker etwas verspricht, ist eine gesunde Portion Skepsis durchaus angebracht. Sind das nicht dieselben, die das Ex-Team von Eddie Jordan wieder auf eine gesunde finanzielle Basis stellen wollten, doch während der Saison durch erhebliche finanzielle Probleme Schlagzeilen machten? Oder waren das die, die die Weltmeisterschaft als langfristiges Ziel ausgegeben haben, doch bisher sogar von Super Aguri und Toro Rosso gnadenlos verheizt wurden?

Dennoch gibt es vorsichtigen Grund zu Optimismus, dass in der nächsten Saison ein weiteres Übergangsjahr vermieden werden kann, wie Teamchef Colin Kolles betont. Zwar weisen es die Ergebnislisten nicht aus, doch trotz des spärlichen Etats ist bei Spyker viel im Verborgenen passiert, um die Infrastruktur zumindest einigermaßen auf das Niveau der übrigen Wettbewerber zu hieven. Insbesondere vom neuen Windkanal erhofft sich das Team eine deutlich erhöhte Entwicklungsgeschwindigkeit. "Alles ist fertig. Nun haben wir die Instrumente, um das Auto zu verbessern. So einfach ist das", sagte Colin Kolles unter der Woche.

Auch das Team selbst, dass durch die Übernahme von Midland durch Spyker auf entscheidenden Positionen verändert wurde, bleibt von dem neuerlichen Wechsel auf Investorenebene unberührt. So werden weiterhin Colin Kolles und vor allem Technikdirektor Mike Gascoyne die Zügel fest in der Hand halten. Und mit Adrian Sutil hat man einen Fahrer auch 2008 vertraglich gebunden, der sicher mehr ist als einer der Spyker-üblichen Bezahlfahrer.

Erste Erträge hat diese neue Kontinuität auf sportlicher Ebene schon abgeworfen. Mit dem B-Auto konnte Sutil in Spa erstmals in dieser Saison mit den anderen Piloten um Mittelfeldpositionen kämpfen, anstatt am Ende des Feldes ein einsames Rennen gegen seinen Teamkollegen zu fahren. Dabei ist das Auto in vielerlei Hinsicht schon auf die Regeländerungen in der nächsten Saison ausgerichtet. "Das neue Getriebe ist von vorne herein auf vier Rennen ausgelegt worden - so dass es die Bestimmungen für das nächste Jahr jetzt schon erfüllt", erklärte Gascoyne zum Launch des Boliden.

Vijay Mallya und Michiel Mol wollen Spyker auf solidere Füße stellen., Foto: Sutton
Vijay Mallya und Michiel Mol wollen Spyker auf solidere Füße stellen., Foto: Sutton

Und auch der neue starke Mann im Hintergrund, der indische Investor Vijay Mallya verspricht seine Millionen etwas stärker sprudeln zu lassen. "Vielleicht muss das Budget erhöht werden. Und wenn es auf vernünftige Art und Weise eingesetzt wird, dann habe ich keine Probleme damit, ein größeres Budget zu bewilligen", sagte Mallya nach Bekanntwerden des Spyker-Deals. Außerdem verspricht er, angelockt durch sein Engagement, weitere Investoren aus seinem Heimatland.

Fragezeichen bleiben dennoch. Denn auch die Vorbesitzer Midland und Spyker sind schon mit großen Visionen und Versprechungen angetreten. Doch am Ende fehlte der lange Atem und die Leidensfähigkeit, um ein Formel 1-Team erfolgreich nach vorne zu bringen. So ganz scheint Colin Kolles dem versprochenen neuen Geldsegen jedenfalls noch nicht zu trauen. "In der nahen Zukunft ist es sicherlich besser, Fahrer zu haben, die Geld mitbringen", machte Kolles deutlich. Noch ist das Team also nicht bereit, sich von dem Pay-Driver-Konzept finanzschwacher Teams zu verabschieden. Und auch das zähe Verfahren im Chassisstreit gegen Super Aguri und Toro Rosso wird man unvermindert weiterführen. Schließlich sind auch hier noch einige Extra-Millionen drin.

Nichtsdestotrotz stehen die Chancen auf eine langfristige Besserung beim Ex-Team von Eddie Jordan so gut wie nie - und das nicht, weil es ja nicht schlechter werden kann als in dieser Saison. Ob man nächstes Jahr um diese Zeit wirklich ein Punktekandidat ist, wie Mike Gascoyne prognostiziert, bleibt aber abzuwarten. Sicher ist hingegen nur, dass Orange im nächsten Jahr nicht zum dritten Mal in Folge die Farbe des Formel 1-Herbstes wird. Denn nach dem Jordan-Gold und dem Midland-Schwarz, hat nun auch das Spyker-Oranje ausgedient.