Zwei Nächte konnte man bei McLaren über die harte Bestrafung schlafen. "Die Summe ist aber nach wie vor schockierend", gesteht Norbert Haug. Eine Entscheidung über eine mögliche Berufung ist noch nicht gefallen, wobei es sich abzeichnet, dass das Team womöglich nicht in Berufung gehen wird. Bereits am Freitag hatte Ron Dennis gesagt, dass er zum Wohle der Formel 1 einen Schlussstrich ziehen könnte. Das wiederholte er am Samstag nochmals. "Ich liebe die Formel 1. Wenn es das Richtige für die F1 ist, einen Schlussstrich zu ziehen, dann ist das der Weg, den wir gehen sollten." Bei einer Zivilklage würde Dennis frühestens in zwei Jahren mit einem Ergebnis rechnen.

Schon vorher muss eine Entscheidung über die Fahrer fallen. Immer wieder wird spekuliert, dass Fernando Alonso das Team verlassen könnte. Er soll sogar versucht haben, Dennis mit den Beweisen zu erpressen, um aus seinem Vertrag auszusteigen. All das bestätigte niemand. Fest steht nur: Alonso hat noch einen gültigen Vertrag mit McLaren Mercedes - das betont auch Haug, der sehr wohl, trotz der Spannungen zwischen dem Team und Alonso, eine Zukunft für den Spanier bei McLaren sieht.

"Ich habe schon viele Beziehungen gesehen, die sich auseinandergelebt, sich dann aber wieder zusammengerafft haben. Bei Sportlern und Rennfahrern im Besonderen ist das oft vom Erfolg abhängig, wenn sie vorne sind, geht es ihnen besser als wenn sie hinten liegen." Das Team könne jedoch auch in der aktuellen erhitzten Situation gut zusammenarbeiten. "Fernando, sein Ingenieur, alle können ihrer Arbeit nachgehen, niemand muss Arm in Arm mit dem Teamchef herumlaufen." Dennoch unterliege Alonso natürlich den Weisungen des Teams, alles andere könne er jedoch frei selbst entscheiden. Wichtig sei nur, dass das Team weiter erfolgreich zusammenarbeiten und Rennen gewinnen kann. "Das hat Monza bewiesen. Fernando ist in den letzten Rennen sportlich gesehen sogar besser unterwegs als zuvor."

Ob zwischen Alonso und Dennis tatsächlich etwas vorgefallen ist, wollte Haug nicht verraten. "Wenn es etwas gegeben hat, muss das nicht öffentlich ausgebreitet werden. Das würden wir innerhalb des Teams besprechen." Auch Dennis bestätigte, dass die Fahrer nicht zur Diskussion stünden. "Wir sind eine Familie. Ich will Motorsport genießen, die bestmögliche Beziehung zu unseren Fahrern haben, aber das Wichtigste für mich ist, zu gewinnen - und zwar fair und nach unseren Standards." Wer für McLaren fährt, müsse mit diesen Prinzipien zurechtkommen. Das Fehlen von Alonso bei der FIA-Anhörung in Paris begründete Dennis damit, dass er den Fahrern freigestellt hatte, ob sie hingehen oder nicht. Lewis Hamilton wollte dort sein, obwohl er mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun hatte.

Pedro de la Rosa muss wegen seiner E-Mails an Mike Coughlan keinen Ärger befürchten. "Nein, das ist eine völlig andere Situation als bei Coughlan", betonte Haug. "Die Fahrer hatten keine Absicht, das Team zu schädigen", fügte Dennis hinzu. "Jeder erfahrene Motorsportmann, der sich die E-Mails anschaut und weiß, was in der F1 los ist, wird das bestätigen. Es gibt so viele Wechsel zwischen den Teams, glauben Sie wirklich, dass zum Beispiel Leute nicht mehr miteinander sprechen, die fünf Jahre Kollegen waren?" Entscheidend sei nur eins: "Lesen Sie das Urteil, verstehen Sie die Worte darin." Haug machte das etwas klarer: Man führe die WM nicht an, weil man illegale Teile im Auto hatte, sondern weil das eigene Team das beste Auto entwickelt habe.

So gut, dass angeblich Renault einige Teile durch einen ehemaligen McLaren-Mitarbeitern übernommen haben soll. "Darüber kann ich nicht sprechen, nicht weil es etwas zu verbergen gibt, sondern weil wir nicht das System praktizieren, das zuletzt praktiziert wurde - das ist nicht unsere Art." Die Art wie Ferrari mit Press Releases und gestreuten Informationen in der Presse um sich geworfen hat, sei nicht die Art von McLaren.