Wie lautet die Strafe?
McLaren Mercedes werden alle Konstrukteurs-WM-Punkte der Saison 2007 aberkannt und das Team darf bei den verbleibenden Rennen keine Punkte sammeln. Die bislang von anderen Teams gesammelten Punkte sind davon nicht betroffen. Sollte ein McLaren-Fahrer eines der vier ausstehenden Rennen gewinnen, darf kein Teammitglied auf das Podium, da es auch keinen Konstrukteurspokal für McLaren geben wird. Des Weiteren muss das Team 100 Millionen US-Dollar Strafe zahlen. Mit dieser Strafe werden die eingenommenen FOM-Gelder gegengerechnet. Außerdem muss McLaren einen technischen Report über das Auto für 2008 vorlegen. Der World Motor Sport Council wird dann im Dezember auf Grundlage dieses Reports über weitere Strafen für die Saison 2008 entscheiden.

Wie begründet die FIA diese Strafe?
Die Urteilsbegründung des FIA World Motor Sport Council wurde erst im Laufe des Freitags veröffentlicht.

Geht McLaren in Berufung?
Über eine mögliche Berufung sagt ein Pressestatement des Teams nichts aus. Jedoch ließen schon die ersten Worte von Norbert Haug darauf schließen. "Wir kämpfen jetzt erst Recht mit aller Entschiedenheit weiter, um auf der Rennstrecke Antworten zu geben, wie zuletzt in Monza und neben der Rennstrecke vor Gericht Gerechtigkeit zu finden", teilte er via Pressemeldung mit. McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh bekräftigte diese Absichten: "Wir glauben, dass es eine Grundlage für eine Berufung gibt, aber wir warten natürlich erst die Begründung der FIA ab."

Bedeutet diese Strafe den finanziellen Ruin?
Ron Dennis sagt ganz klar: Nein. "Zunächst einmal erhalten wir die Einnahmen für die eingefahrenen Punkte aus dieser Saison. Das wird die Strafe halbieren, sollten wir diese Strafe überhaupt akzeptieren", betonte Dennis. "Außerdem setzen wir im Jahr 450-500 Millionen US-Dollar um. Wir sind schuldenfrei und ein sehr starkes Unternehmen mit einem phänomenalem Wachstum." Sprich: McLaren wird daran nicht zugrunde gehen. Notfalls würde wohl auch Mercedes einspringen. "Ich habe Norbert schon im Scherz gefragt, ob er die Hälfte beisteuert, aber wir haben diese Verhandlung noch nicht abgeschlossen."

Hier fiel die Entscheidung des World Motor Sport Council., Foto: FIA
Hier fiel die Entscheidung des World Motor Sport Council., Foto: FIA

Was bedeutet die Strafe für die WM?
Fernando Alonso und Lewis Hamilton bleiben straffrei - beide dürfen alle ihre Punkte behalten, der Fahrer-WM-Titel bleibt unbeeinflusst. Die Konstrukteurs-WM ist durch das Urteil faktisch entschieden. McLaren fällt komplett heraus, Ferrari übernimmt Platz 1 und gewinnt damit den Konstrukteurstitel am grünen Tisch. Alle anderen Teams rücken eine Position auf, womit BMW Sauber Platz 2 vor Renault belegt.

Hat die Strafe Auswirkungen auf die Fahrerverträge?
Die Strafe erlaubt den Fahrern nicht, das Team zu verlassen. "Wir haben langfristige Verträge mit beiden Fahrern und es gibt keine Diskussion, diese zu verändern", beteuert Dennis. "Wir haben zwei der besten Fahrer der Welt und wollen weiterhin Rennen gewinnen. Dafür existieren wir - um Rennen zu gewinnen." Ein Schlupfloch lässt Dennis jedoch offen: "Wenn es Änderungen an den Verträgen geben sollte, dann nur durch beiderseitiges Einverständnis."

Was sagt McLaren?
Bei McLaren Mercedes herrschen Chaos und Entsetzen vor. "Dieses Urteil ist ein Schock für alle im Team und, wie Reaktionen bei Medien und Formel 1-Publikum zeigen, auch für weite Teile draußen", sagte Norbert Haug. Für das Ausmaß der Strafe hat bei McLaren niemand Verständnis. "Ich akzeptiere nicht, dass wir nach der Anhörung eine solche Strafe verdient haben", sagte Dennis. "Die heute vorgelegten Beweise belegen, dass unsere Fahrer, Ingenieure und Mitarbeiter keine Informationen benutzt haben, um sich einen Vorteil zu verschaffen", begründet Dennis seine Ablehnung der Bestrafung.

Alle drei Fahrer hätten dem World Motor Sport Council dargelegt, dass keine Ferrari-Informationen von McLaren benutzt wurden und sie keine vertraulichen Daten an das Team weitergegeben haben. Alle 140 Mitglieder des Ingenieursteams von McLaren haben ähnliche Aussagen abgegeben und der FIA bestätigt, dass sie niemals Ferrari-Informationen benutzt haben. "Wir haben nie bestritten, dass Informationen von Ferrari im Privatbesitz eines unserer Angestellten war", fuhr Dennis fort. Die Frage sei jedoch: Wurden diese Informationen auch bei McLaren benutzt? Das Team sagt erwartungsgemäß: Nein. "Das war nicht der Fall und wurde heute auch nicht bewiesen."

Was sagt Ferrari?
McLarens Hauptrivale Ferrari äußerte sich nur in einem Presseschreiben zum Ergebnis der Verhandlung. Darin erkennt das Team die Strafe laut Artikel 151c des International Sporting Code an. Dieser Artikel besagt, dass jeder betrügerische Versuch und jede Handlung, die nicht im Sinne des Wettbewerbs oder des Motorsports im Allgemeinen ist, gegen die Regeln verstößt. Die neuen Beweise haben laut Ferrari genau das bewiesen. "Wir sind zufrieden, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist."

Mit dem Gewinn der Konstrukteurs-WM am grünen Tisch hat Ferrari keine Probleme. "Wenn die Bedingungen für einen Sieg abseits der Strecke gegeben sind, dann verdienen wir ihn auch, weil er dadurch zustande gekommen ist, dass die Sieger nur durch unsportliche und unfaire Mittel gewonnen haben", sagte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo schon am Mittwoch vor der Verhandlung gegenüber der italienischen Presse.

Jean Todt hat sein Ziel erreicht., Foto: Hartley/Sutton
Jean Todt hat sein Ziel erreicht., Foto: Hartley/Sutton

Was sagen die anderen?
Die große Entrüstungs- und Kommentarwelle wird noch über das Fahrerlager hereinbrechen. Gerhard Berger äußerte sich schon am Abend zum Urteil. "Es wäre ja kunterbunt, wenn jeder machen könnte, was er will", sagte er. "Der Sport ist aber nach wie vor offen. Es ist auch wichtig für die Fans, dass es jetzt am Ende der Saison noch eine Weltmeisterschaft gibt, in der die McLaren-Fahrer gegen die Ferrari-Fahrer kämpfen. Es ist super, dass es weitergeht, dass das Thema vom Tisch ist und dass wir uns alle auf das Wesentliche konzentrieren können - und zwar auf unseren Sport."

Nick Heidfeld äußerte bereits vor der Urteilsverkündung Bedenken, wenn McLaren bestraft werden sollte, die Fahrer aber nicht. "Wenn etwas Unfaires gelaufen ist, gehören sie bestraft", sagte er. "Ich kann mir nichts davon kaufen, wenn nur das Team bestraft wird. Wenn ein Auto illegal war, sind die anderen 20 Piloten hinter einem illegalen Auto hergefahren, haben aber nichts falsch gemacht. Also wäre es auch nicht falsch, die Fahrer des Teams zu bestrafen, da sie mit einem illegalen Auto vor den anderen herumgefahren sind."

Eines gefällt Heidfeld aber genauso wenig wie seinem Chef: der Gewinn des Konstrukteurstitels im Gerichtssaal. "Das können wir nicht genießen", sagte Theissen am Nachmittag. "Das ganze Jahr waren zwei Teams vor uns, sie waren stärker und wir wollen sie fair auf der Strecke besiegen, nicht durch eine Disqualifikation. Selbst wenn in den Geschichtsbüchern ein 2. Platz stehen sollte, bleibt es für mich immer ein 3. Platz."