Stavelot, Blanchimont, Les Combes bringen Formel 1-Fans ins Schwärmen. Pouhon, Malmedy und Eau Rouge - wir haben sie alle vermisst. Für die einen sind das lediglich belgische Ortsnamen, für die anderen sind es die schönsten Kurven der Welt. Spa-Francorchamps ist zurück.

Seit der letzten Begegnung hat sich jedoch einiges getan - die Strecke wurde einer Generalüberholung unterzogen. Eine neue Boxengasse, ein neues Media Centre und ganz wichtig: einige veränderte Streckenteile. Die neue Streckenlänge beträgt exakt 7,004 Kilometer. Die Busstop-Schikane hat ein neues Gesicht bekommen. "Statt links-rechts geht es jetzt rechts-links", sagt Robert Kubica. In der Bergab-Doppellinks im hinteren Streckenteil gibt es jetzt keine Kiesbetten mehr und in der La Source wurde die Mauer entfernt. "Da ist jetzt mehr Platz", sagt Kubica. "Vielleicht auch mal für einen Fehler."

Die neue Strecke inmitten der Ardennen., Foto: Spa-Francorchamps
Die neue Strecke inmitten der Ardennen., Foto: Spa-Francorchamps

Honda-Testfahrer James Rossiter glaubt sogar an mehr Überholmanöver. Nur die Boxeneinfahrt gefällt den Fahrern nicht so recht. "Sie ist tricky", betont Kubica. "man sieht sie erst im letzten Moment, am Anfang hätten sie [beim Test im Juli] einige Leute beinahe verpasst." Deshalb sagt Rosberg: "Das könnte richtig gefährlich werden, wenn dahinter einer steht, man sieht gar nichts." Aus diesem Grund sollte die Einfahrt bis zum GP-Wochenende noch einmal überarbeitet werden.

Trotz der Veränderungen sagt Felipe Massa: "Es ist keine neue Strecke, es ist eine sehr alte Strecke." Eine Fahrerstrecke, eine echte Herausforderung. "Es ist eine ganz andere Atmosphäre. Man fährt hier 7 Kilometer lang ewig in den Wald, das ist eine Rennstrecke, wie es sich gehört", schwärmt Adrian Sutil. "Es ist extrem, wie groß der Unterschied zu den anderen Strecken ist - hier sieht man erst, wie "schlecht" die anderen sind. Das ist eine echte Rennstrecke, alles andere ist nur ein Verkehrsübungsplatz."

Was also zeichnet die "echte" Strecke aus? Was unterscheidet sie von den Verkehrsübungsplätzen in Istanbul, Sepang und Barcelona? "Als Fahrer kann man hier viel gutmachen", betont Sutil. "Es sind viele schnelle Kurven, in denen man viel Mut haben muss. Einige Kurven sind blind, andere Kombinationen verlangen eine langsamere Einfahrt, aber einen schnellen Ausgang - es ist eine technisch anspruchsvolle Strecke." Noch dazu die längste im gesamten Rennkalender.

Eine neue Heimat für die Mechaniker., Foto: Moy/Sutton
Eine neue Heimat für die Mechaniker., Foto: Moy/Sutton

Die berühmteste Kurve ist nach einem kleinen Fluss benannt - die Eau Rouge. "Es ist schon eine kleine Mutprobe", so Sutil, "da geht der Puls hoch und das tut gut!" Nüchtern betrachtet handelt es sich dabei um ein in einer Senke gelegenes "S", das im sechsten respektive siebten Gang mit gut 300 km/h durchfahren wird, und nach dem steilsten Bergaufstück der Formel 1 in eine nicht einsehbare Linksbiegung mündet.

Aus der Sicht eines F1-Piloten stellt die Eau Rouge eine der letzten Naturkurven dar. Die Fahrer rasen mit über 300 auf sie zu. Beim Einlenken wird der Wagen tief in die Stoßdämpfer gepresst, bevor er noch im ersten Kurvenabschnitt federleicht wird, weil die Kurve um 15 Prozent ansteigt. Dabei werden die Piloten mit bis zu 4 G in den Sitz gepresst. Zu diesem Zeitpunkt können die Fahrer die Kuppe des Hügels noch nicht einsehen. Für sie sieht es so aus, als würden sie direkt in den Himmel hineinrasen. Doch anstatt in den Wolken verhangenen Himmel abzuheben, biegt der Kurs urplötzlich nach rechts ab, bevor der Streckenverlauf wieder links herum auf die "Kemmel"-Gerade führt.

"Man sieht im Fernsehen gar nicht, wie steil die Anfahrt ist", beschreibt Mark Webber die Eau Rouge. "Hier merkt man erst, was für eine Achterbahnfahrt einem bevorsteht. Danach ist es als ob man versucht einen Berg zu besteigen. Man wartet einfach nur noch darauf, wie eine Kanonenkugel aus der Kurve geschossen zu werden!" Aber einer muss immer den Miesmacher spielen. "Ich bin ein bisschen enttäuscht", sagt Alexander Wurz, "wir haben so eine schöne und schnelle Strecke, eine von den wenigen, die noch übrig sind, und dann ist sie mit den V8-Motoren einfach nicht mehr dasselbe." Früher sei Spa noch ein Kurs gewesen, der "echte Männer von Buben" trennte. "Aber jetzt ist es zu einfach geworden. Selbst im Halbnassen geht die Eau Rouge problemlos voll", klagt Wurz.

Wurz empfindet bei der Eau Rouge keinen Nervenkitzel mehr., Foto: Sutton
Wurz empfindet bei der Eau Rouge keinen Nervenkitzel mehr., Foto: Sutton

Auch Robert Kubica ist nicht nur Feuer und Flamme für die Ardennenachterbahn. Klar sei sie eine große Herausforderung mit all den langen und offenen Kurven. "Aber Spa war mit einem Formel 3-Auto eine größere Herausforderung als in einem F1-Boliden." Der F3 habe weniger Downforce, dadurch rutsche man mehr. "Mit dem F3 fährt man mehr", so Kubica. "Eins ist aber immer gleich: es ist schwierig, mit dem Auto am Limit zu sein."

Wegen der Kombination von langen Vollgasabschnitten und mittelschnellen sowie schnellen Kurven erfordert Spa bei der aerodynamischen Abstimmung einen Kompromiss. "Man fährt ein mittleres Abtriebsniveau, vergleichbar mit Indy und Montréal", verrät Willy Rampf. "Eine gute aerodynamische Effizienz ist hier besonders wichtig." Die unterschiedlichen Eigenschaften verlangen nach einer perfekten Balance. "Bei der Abstimmung musst du die Geraden, auf denen bis zu 315 km/h gefahren wird, und die Kurven mit höheren Geschwindigkeiten genauso berücksichtigen wie die Abschnitte, in denen sehr viel langsamer gefahren wird und wo es vor allem auf Traktion ankommt", weiß Lewis Hamilton. "Alle sprechen immer nur von Eau Rouge und natürlich ist das eine großartige Kurve, aber ich finde, die ganze Strecke hat etwas Besonderes", betont Fernando Alonso. "Du fährst die ganze Zeit am Limit und das ist für einen Fahrer eine tolle Herausforderung. Du musst dich Runde für Runde voll konzentrieren." Wiedersehen macht Freude.