Christian, eine eindrucksvolle Vorstellung von Fernando?
Christian Danner: Absolut, allerdings sollten wir zunächst über die Politik sprechen. Das war eine gehörige Watschen für Ferrari. Der ganze Druck, die ganze politische Affäre kamen ganz klar von Rot in Richtung Silber. McLaren Mercedes ist in der Defensive. Ron Dennis hat immer gesagt, dass er ein Rennen und eine WM nur auf der Strecke gewinnen will. Das ist seine Philosophie. Entsprechend hat er hier eine Riesenshow hingelegt. Eine solche Überlegenheit haben sie selbst nicht erwartet - da bin ich mir sicher. Andersherum hat Ferrari sicher nicht erwartet, dass es so schlecht laufen würde. Es gibt manchmal Dinge, die sind schwer vorhersehbar. Das Lowdownforce-Paket von McLaren war dramatisch besser als das von Ferrari; wie in Kanada, wobei hier noch weniger Abtrieb gefragt ist als in Montreal.

Das könnte auf den nächsten Strecken schon wieder anders aussehen...
Christian Danner: Genau. In Spa, Fuji, Shanghai und Sao Paulo sollten wir wieder die gewohnte Pari-Situation haben. Dabei kommt es auf die Reifen an. In Spa und Fuji kommen die gleichen Reifen wie hier zum Einsatz - also sollten sie gleich stark sein. In Shanghai wird mit den härteren Reifen gefahren, da sollte Ferrari besser sein und in Brasilien kommen die weichen Reifen, dann müsste McLaren wieder vorne sein. Aber das gilt nur, wenn es trocken bleibt - und in Spa, Fuji sowie Sao Paulo haben wir schon oft sehr viel Regen gesehen...

Rein sportlich gesehen...
Christian Danner: ... muss Ferrari jetzt alles riskieren. Sie müssen sich bald für einen Fahrer entscheiden. Das Problem ist ihre Zuverlässigkeit, es fällt immer einer der beiden aus. Das ist ein Riesenproblem für sie. Der Speed ist gar nicht einmal so problematisch, aber die Zuverlässigkeit stimmt nicht.

Woher kommt das? Das war ja einmal ihre Stärke.
Christian Danner: Das ist schwer nachzuvollziehen. Sie machen ja auch immer ein Riesengeheimnis aus ihren Ausfällen. Massa hatte einen mechanischen Defekt - das kann alles sein: Ein in den Motorraum gefallener Schraubenschlüssel oder ein defektes Getriebezahnrad.

Was sagst Du zum Auftritt der McLaren-Fahrer?
Christian Danner: Etwas abgekühlt ist die Herzlichkeit schon. Aber Alonso ist eben absolut cool und völlig entspannt, je größer der Druck ist, desto besser wird seine Leistung. Auch als ganz junger Fahrer hatte er schon einen Gegner, der sich gewaschen hatte. Der hieß Michael Schumacher und saß im besseren Auto. Trotzdem hat Alonso die WM gewonnen. Nicht nur einmal, sondern zweimal. Er hat auch immer einen kühlen Kopf behalten, als die FIA ihn mit dieser Massedämpfergeschichte oder der angeblichen Behinderung von Massa vor einem Jahr hier in Monza bestraft hat. Egal was war, er ist cool geblieben. Hamilton ist schnell, macht Druck, aber Alonso ist im entscheidenden Moment besser.

Was sagst Du zu den Deutschen?
Christian Danner: BMW Sauber wollte in Monza Ferrari schnappen. Dann hat Ferrari in die Trickkiste gegriffen, eine Einstoppstrategie herausgekramt und damit war BMW wieder dort, wo sie immer sind. Sie sind gut, konstant, zuverlässig, aber es fehlt noch etwas, um Rennen zu gewinnen.

Nico Rosberg wird immer stabiler.
Christian Danner: Super, er ist richtig gut gefahren. Ich kann auch den Grund nennen, warum er immer im Rennen so weit vorne ist: dafür ist seine konstant starke Qualifyingperformance verantwortlich. Der Hund macht keinen Fehler, er bringt die eine Runde absolut am Limit immer zusammen. Immer wieder, ohne Fehler, ohne Verbremser, ohne Quersteher. Er bringt es immer hin. Klasse. Das ist sagenhaft gut.

Was sagst Du zu den anderen Deutschen?
Christian Danner: Adrian Sutil hat sich hier nicht so wohl gefühlt, dass kann mit dem Auto zusammenhängen. Sebastian Vettel ist super gefahren. Er hat durch das Safety Car natürlich Zeit gutgemacht, aber am Ende war er trotz des Zwischenfalls am Start nur zwei Sekunden hinter Liuzzi - das hat gepasst. Und Ralf, was will er da hinten anderes machen? Ralf, Alex Wurz, Mark Webber - alle fahren sich da hinten den Hintern ab, für nichts und wieder nichts.

Was erwartest Du am Donnerstag von der Verhandlung in Paris?
Christian Danner: Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ursprüngliche Urteil geändert wird. Diese neuen Beweise, die angeblich da sind, verändern nichts an der Begründung des Urteils, das bereits gesprochen wurde. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass etwas geändert wird - ich hoffe es auch nicht. Denn ich würde die WM gerne auf der Strecke entschieden sehen und nicht am grünen Tisch.