Rob, wir nähern uns dem Ende des ersten Jahres unter den neuen Regeln zur Motoren-Homologation. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit?
Rob White: Die Idee hinter der neuen Homologation lautete, die Kosten der Motorenentwicklung weiter zu reduzieren. Wir dürfen zwar nach wie vor Komponenten der Triebwerks-Peripherie weiterentwickeln, allerdings fallen die dadurch erzielten Leistungssprünge eher gering aus. Es ist also möglich, immer mehr Geld für immer kleinere Performance-Steigerungen zu investieren, aber wir bei Renault gehen diesen Weg nicht. Die Anstrengungen, um kurzfristig Steigerungen der Motorleistung zu erzielen, haben wir deutlich reduziert, was zu massiven Kosteneinsparungen führte. Ohne dass dadurch Einbußen in puncto Show in Kauf genommen werden mussten, können wir die Regeländerungen vor dem Hintergrund der Kostenreduzierung also als Erfolg bezeichnen. Ich glaube allerdings nicht, dass das aktuelle Reglement das Nonplusultra darstellt. Wir sollten es eher als gesunde Basis für weiterführende Überlegungen ansehen, wie wir ein einzigartiges Spektakel zu vernünftigen Preisen bieten können.

Welche Teams haben von den neuen Regeln am meisten profitiert, welche am meisten verloren?
Rob White: Es ist geradezu unmöglich, die reine Leistungsfähigkeit des Motors innerhalb des Gesamtpakets eines Rennwagens auszumachen. Die Frage lässt sich daher nicht eindeutig beantworten. Nach dem Ende der Saison 2006 waren noch einige Modifikationen erlaubt, um die Motoren auf das Drehzahllimit von 19.000 Touren hin zu optimieren. Dies führte dazu, dass sich die Ingenieure der einzelnen Teams in ihrer Entwicklung auf ziemlich genau die gleichen Drehzahlfenster konzentriert hatten, was automatisch zu einer engeren Leistungsdichte führte. 2006 war das erste Jahr, in dem die 2,4-Liter-V8 zum Einsatz kamen. Die Teams konnten deshalb bei diesem erlaubten Nachbessern der Homologationsmotoren vor der aktuellen Saison auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Wir bei Renault sind sehr zufrieden darüber, dass wir den Großteil der durch das Drehzahllimit verursachten Leistungseinbußen auf andere Art wettmachen konnten.

Während dieser Saison ist die Weiterentwicklung der Motoren nur in gewissen Grenzen erlaubt. Auf welche Bereiche konzentrierte sich Renault und welche Fortschritte wurden dabei erzielt?
Rob White: Die Regeln erlauben uns, am Ansaug- und Abgassystem sowie an den Nebenaggregaten zu arbeiten. Genau dies haben wir auch gemacht. Gemeinsam mit unserem Technischen Partner ELF haben wir zudem die Entwicklung von Treib- und Schmierstoffen vorangetrieben. Zudem haben wir wie üblich die Abstimmung der Motoren auf die Herausforderungen der einzelnen Strecken optimiert. Und auch die Kontrollsysteme, die den Piloten erlauben, das Maximum aus dem Renault RS27-V8 herauszuholen. Auch wenn ich an dieser Stelle verständlicherweise nicht beziffern kann, wie groß unsere Fortschritte in puncto Leistung ausgefallen sind, so verrate ich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass sie kleiner sind als in vergangenen Saisons, als wir größeren Entwicklungsspielraum genossen.

Seit dieser Saison tritt Renault auch als Motorenpartner für Red Bull Racing in Erscheinung. Wir erfolgreich gestaltet sich die Zusammenarbeit?
Rob White: Ich denke, dass sie sich nicht nur als erfolgreich, sondern auch als für beide Seiten nützlich erweist. Beide Partner hatten von Anfang an klare Vorstellung davon, wie die Zusammenarbeit aussehen sollte. Die haben sich bis heute nicht geändert. Wir haben auf allen Ebenen starke Verbindungen mit Red Bull Racing aufgebaut. Das hat maßgeblich zu der positiven Entwicklung unserer Partnerschaft beigetragen. Unser Workshop in Viry-Châtillon blickt auf eine lange Tradition von Motoren-Partnerschaften zurück, die immer ganz unter dem Zeichen der Fairness standen. Das bedeutet, dass auch Red Bull Racing die exakt gleichen Motoren wie Renault sowie umfangreiche Unterstützung von engagierten Ingenieuren vor Ort erhält. Wir konnten die gesammelten Erfahrungen zweier Teams zum Vorteil beider nutzen.

Monza gilt als die Motorenstrecke schlechthin. Auch das darauf folgende Rennen in Spa-Francorchamps fordert die V8-Triebwerke stark. Wie groß ist die Herausforderung?
Rob White: Die Kombination Monza/Spa stellt die Motoren in der Tat auf eine enorme Probe. Vor allem die langen Geraden spielen in dem Anspruchsprofil eine entscheidende Rolle. Die Motoren müssen standfest genug sein, diese doppelte Herausforderung zu bestehen. Dieser Doppelpack ist sicherlich der härteste Test des Jahres für die Motoren. Gleichzeitig gilt aber, dass es ohnehin keine "einfachen" Rennen gibt. Wo auch immer wir fahren, wollen wir die maximale Leistungsfähigkeit unserer Motoren ausschöpfen.

Mit der Saison 2008 hält die einheitliche Motorsteuerung Einzug in die Formel 1. Welche Auswirkungen wird dies auf den Motor haben?
Rob White: Die physischen Änderungen werden moderat ausfallen, weil sich die Regeln nicht sonderlich ändern werden. Kleinere Änderungen werden wir bei den Sensoren vornehmen müssen, um sie kompatibel mit der neuen Elektronik-Einheit zu machen. Die größte Aufgabe wird sein, zu verstehen, wie die neuen Kontrollsysteme im Detail funktionieren und wie wir den Motor auf sie abstimmen müssen. Wir werden viele Erfahrungen sammeln müssen, um das Optimum erreichen zu können. Das Gleiche gilt für unser Chassis-Team in puncto Getriebe-Steuerung.

Ebenfalls in 2008 werden die Regeln Bio-Kraftstoffe vorsehen. Wie wird sich das auswirken?
Rob White: Das Reglement für 2008 schreibt vor, dass mindestens 5,75 Prozent des verbrauchten Kraftstoffs aus biologischen Quellen stammen muss. Dies entspricht den Vorgaben der Europäischen Union für den Straßenverkehr ab 2010. Da wir den Motor aufgrund der angesprochenen Homologationsregeln nicht verändern dürfen, sehen wir uns einer spannenden Herausforderung gegenüber, auf die wir uns gemeinsam mit unserem Partner ELF freuen.