Sind wir ehrlich: der Türkei GP war kein Thriller. Er war langweilig, obwohl die Strecke in den letzten Jahren viel spannendere Rennen ermöglichte. Der Grund für die Langeweile ist schnell gefunden: Sobald in dieser Saison ein Team alles 100% hinbekommt und das andere ein klein bisschen daneben liegt, ist der Unterschied an der Spitze zu groß, um den Rückstand wettzumachen. So konnte Ferrari in der Türkei an die Spitze zurückkehren.

Viel mehr als auf der Strecke war im Fahrerlager von Istanbul los. Seit Wochen wird über diverse Fahrerwechsel spekuliert, die Silly Season ist in vollem Gange - dabei sind bereits alle Top-Cockpits für die kommende Saison besetzt. Bei Ferrari, McLaren und BMW Sauber gibt es nichts mehr zu holen; wenn wir die Gerüchte um einen Abgang von Fernando Alonso außer Acht lassen.

Dreh- und Angelpunkt der Transferspekulationen sind somit Renault, Williams und Toyota. Die Franzosen wollen in Monza ihre Fahrerpaarung bekannt geben. Neben Heikki Kovalainen scheint Nelsinho Piquet in der ersten Startreihe zu stehen. Giancarlo Fisichella ist eher ein Auslaufmodell. Doch ist Piquet gut genug? Verbal macht er schon seit Monaten Druck: er will fahren, er sieht, wie sein Ex-GP2-Rivale Lewis Hamilton eingeschlagen hat, er will es ihm gleichtun - Rennen fahren, Rennen gewinnen.

Heiße Tasse: Nelsinho hat gute Aussichten für 2008., Foto: Sutton
Heiße Tasse: Nelsinho hat gute Aussichten für 2008., Foto: Sutton

Piquet ist schnell, sehr schnell, vielleicht nicht ganz so schnell wie Hamilton, aber er hat seinen Speed in allen Rennserien unter Beweis gestellt, in denen er aktiv war. Wenn jemand in der Formel 3, GP2, A1GP gut ist, dann ist er keine Eintagsfliege. Piquet hat eine große Zukunft vor sich - der Name stimmt, die Unterstützung und die Finanzen stimmen und mit Renault und Flavio Briatore stimmt auch das Umfeld. Ich wüsste nicht, was gegen eine erfolgreiche Karriere von Nelson Piquet jnr sprechen sollte.

Wie Piquet ergeht es momentan vielen GP2-Fahrern, sie wollen vom Erfolg des McLaren-Überfliegers profitieren, in seinem Windschatten in die F1 gelangen. Das Vertrauen in junge Talente dürfte durch den Fall Hamilton jedenfalls gestiegen sein - das wollen sie ausnutzen. Aber wer sind sie? Zuallererst ist da Timo Glock. Er ist bereits F1-Testfahrer und wird mit Williams und Toyota in Verbindung gebracht. Aber es gibt noch mehr Talente in der GP2, die vielleicht bald in die Fußstapfen eines Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen steigen könnten.

Bruno Senna ist so einer. Er hat trotz seiner geringen Erfahrung gezeigt, dass er schnell ist. Auch Lucas di Grassi leistet tolle Arbeit, gerade da sein Team jenem von Timo Glock wohl etwas unterlegen ist. Weitere Kandidaten sind Kazuki Nakajima, der schon bei Williams F1-Testerfahrung sammelt, und auch Andi Zuber. Sebastien Buemi stehen bei Red Bull alle Wege offen, allerdings besteht dort auch immer die Gefahr, schnell wieder weg zu sein. Dass ein Giorgio Pantano jemals den Weg aus der GP2 zurück in die F1 schaffen wird, ist eher unwahrscheinlich. Da hat ein junger Pilot mehr Chancen, wenn er mit einem geräumigen Geldkoffer bei einem der Hinterbänklerteams anklopft.

Einen haben wir bei unserer Aufzählung bislang vergessen - einen ehemaligen GP2-Piloten, tatsächlich sogar den allerersten GP2-Champion. Er ist bereits in der Formel 1 und momentan eines der heißesten Eisen auf dem Transfermarkt - obwohl er noch ein Jahr Vertrag hat bei Williams; aber mit Geld ist heute alles möglich. Nico Rosberg fährt eine starke Saison. Er ist noch jung, clever, hat den erfahrenen Alex Wurz fest im Griff und bringt das Team weiter. Er ist ein heißer Kandidat auf eines der Top-Cockpits ab der Saison 2009 - vielleicht sogar schon eher...