Was gibt es Unlustigeres als Reiseverkehr? Auf der Autobahn ist es eng, bei engen Tunnels herrscht Blockabfertigung und links und rechts, vorne und hinten fahren nur Armleuchter, die glauben, die Straße gehöre ihnen. Urlaubsverkehr ist echt doof, das durften auch fünf Deutsche und ein Österreicher feststellen, die in Istanbul auf einer Autobahn gestrandet waren, auf der man aufgrund des rundherum herrschenden Chaos nur mehr im Kreis fahren konnte. Da es Sommer ist und in Istanbul dementsprechend heiß, waren aber alle froh, dass ihre Autos kein Verdeck hatten.

Nick Heidfeld hatte einen bekannten Verfolger, Foto: Sutton
Nick Heidfeld hatte einen bekannten Verfolger, Foto: Sutton

Ganz vorne im sich anbahnenden Stau auf der runden Autobahn war Nick Heidfeld - zweifacher Familienvater, aber noch nicht verheiratet. Er ist eigentlich immer relativ entspannt, wenn es in den Urlaub geht und vor allem, wenn er von zuhause losstartet, ist er flott unterwegs. Diesmal war es nicht anders. "Das hat Riesenspaß gemacht. Ich bin auf der dreckigen Seite gar nicht so gut weggekommen, konnte dann aber in Kurve 1 außen an Alonso vorbei", beschrieb er das Aufeinandertreffen kurz nach der Abfahrt mit einem alten Bekannten, der ihm in diesem Jahr bereits öfter auf der Autobahn aufgelauert hat. Juristen würden das wohl Stalking nennen, da der Herr aus Spanien aber immer nur überholen und möglichst schnell wegfahren will, wurde da noch kein Urteil gesprochen.

Der zweite in der Verkehrsschlange war ein junger Mann namens Nico Rosberg - wohnhaft in Monaco, ledig. Ob seines Alters steuert er eher die hippen Destinationen an, wo es allerdings auch wilder zugeht. So hatte er einen jungen Verfolger im Gepäck, der ihm den Tag ordentlich schwer machte. "Es ist natürlich schon Druck, wenn man so einen BMW im Heckspiegel sieht, von dem man auch weiß, dass er ein bisschen schneller ist. Das ist natürlich nicht so einfach", sagte Rosberg. Doch er kam vor seinem Verfolger, einem jungen Heißsporn aus Polen, am Ende der Reise an. Dafür musste er sich einem Finnen geschlagen geben, der ihm das ganze Wochenende vor der Nase herumfuhr. "Im Rennen konnte ich einfach nicht mithalten. Eine halbe Zehntel oder eine Zehntel hat er mir abgenommen." Es geht eben rau zu, wenn man in Urlaub fährt.

Fragen Sie zum Beispiel Alex Wurz - verheiratet und Vater mehrerer Kinder. Da ist nicht nur um das Auto einiges los, wenn die Kleinen loslegen, fliegen auch im Auto manchmal die Fetzen. Diesmal blieb es innen ruhig, auch weil Wurz völlig fit ist. "Ich hab mich gut vorbereitet, aber es hilft auch nix. Elfter bin ich geworden", meinte er. Er kam also nicht als Erster am Reiseziel an, was ihm die Kinder aber auch nicht übel nahmen. Denn sie bekamen zwischendurch etwas mehr Zeit, um sich die Beine zu vertreten. "Beim Boxenstopp habe ich ein bisschen Zeit verloren. Ich weiß nicht, was da war. Ich bin aber zwei bis drei Sekunden länger stillgestanden als nötig" erklärte uns Wurz. Deswegen kamen auch lästige andere Autos an ihm vorbei und er wurde auf der Autobahn aufgehalten. Deswegen kam er auch später im Reiseort an als gedacht.

Ralf Schumacher - verheiratet, ein Kind - wollte diesmal eigentlich ganz früh in seinem Urlaubsort ankommen. Doch das Auto ließ ihn zwischendurch etwas im Stich, weswegen er schon verspätet aufbrechen musste. Während der Fahrt lief es dann aber doch nicht so schlecht. "Wir hätten den Speed gehabt", sagt Ralf und meint damit den Speed, um als einer der ersten Acht beim Check-In-Schalter des Hotels zu stehen. "Am Anfang kam ich nicht vorbei, das Auto war mit den harten Reifen auch nicht optimal. Dadurch habe ich viel Zeit verloren." Und auf der Autobahn geht es in der Urlaubszeit gar nicht nett zu. Da wird mit Haken und Ösen gefahren. So drückte sich ein gewisser Jarno Trulli, der so wie Schumacher Toyota fährt, direkt vor der Einfahrt zur Tankstelle noch vorbei, nur um dann doch tanken zu gehen. "Keine Ahnung, vielleicht wollte er der Welt zeigen, dass er schneller war", meinte Schumacher, der am Ende dann trotzdem vor Herrn Trulli im Hotel war.

Wer liebt, der schiebt, Foto: Sutton
Wer liebt, der schiebt, Foto: Sutton

Blieben noch zwei Jungspunde, die mit etwas langsameren Gebrauchtwagen den Weg in ihren Urlaubsort finden mussten und dabei natürlich aufeinander trafen. Ihre Namen: Sebastian Vettel und Adrian Sutil, beide ledig und noch ohne Nachwuchs. Es bleibt aber ohnehin die Frage, ob der zu ihnen ins Auto steigen würde. Nicht, weil sie nicht fahren könnten, sondern weil die Autos eben nicht ganz so hip sind wie bei anderen Urlaubern. Das durfte man gerade auf diesem Stück türkischer Autobahn bemerken. Vettels Wagen lieferte gleich Anschauungsunterricht und verabschiedete sich beim Auftanken. "Wir mussten ihn neu starten und ich war dann im Leerlauf anstatt im ersten Gang. Das hat mich ein paar Sekunden gekostet", sagte Vettel. Dadurch war am Ende dann auch kein Platz mehr am Strand frei, da alle, die vor ihm da waren, schon ihre Liegen reserviert hatten.

Auch Sutil zeigte, dass es immer gefährlich ist, mit nicht ganz hundertprozentig passendem Material in den Urlaub auszurücken. So ging es am Anfang eigentlich gut los. "Ich war schneller als die Toro Rosso, fand aber keinen Weg vorbei. Beim Boxenstopp starb dann der Motor ab, meine Gänge blieben hängen und da Sakon direkt nach mir hereinkam, musste das Team mich in die Box schieben und dort den Motor anlassen." Und das alles nur, weil der Benzindruck nicht passte. Auf einer Autobahn voller Straßen-Haie kann das zum Problem werden und man schnell unter die Räder kommen. Sutil schaffte es aber bis zum Zielort, wo er allerdings feststellen musste, dass sein Zimmer schon an jemand anderen vergeben worden war. Wer fünf Runden später kommt als der Rest, muss eben mit so etwas leben.