Denkt man an Ungarn, dann denkt man zumindest im größten Teil des deutschsprachigen Gebietes an 1954, das legendäre Wunder von Bern, den 3:2 Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen eben diese hoch favorisierten Ungarn. Mit dem Credo "Elf Freunde müsst ihr sein, wenn ihr Siege wollt erringen" stürmte das Team von Sepp Herberger damals zum ersten WM-Sieg. Zu elft waren die fünf Deutschen und der eine Österreicher nicht, trotzdem stellen sie das größte Team im Starterfeld, das übrigens zahlenmäßig identisch ist, mit der Spielerzahl beim WM-Finale. Zu den Sieg-Favoriten gehörten sie dennoch nicht, auch wenn sie im Vorfeld des Rennens mit starken Leistungen für Aufsehen gesorgt hatten - ein bisschen so wie 54. Doch stimmt es auch in der Mannschaft?

Die Schiedsrichter-Assistentin zeigt es an: Gleich kommt Sutil rein, Foto: Sutton
Die Schiedsrichter-Assistentin zeigt es an: Gleich kommt Sutil rein, Foto: Sutton

In einem funktionierenden Team braucht man immer einen Abräumer, einen dessen Möglichkeiten limitiert sind, der aber konstant und immer mit vollem Einsatz dabei ist. Adrian Sutils Möglichkeiten sind aufgrund seines Spykers eindeutig limitiert und mangelnden Einsatz musste man dem Deutschen bisher auch noch nicht vorwerfen. Einzig an der Konstanz musste der junge Münchener noch arbeiten. Doch rechtzeitig zum großen Aufritt in Ungarn war Sutil da. "Ich bin konstant gute Rundenzeiten gefahren - ich bin zufrieden. Im Rennen sind wir immer besser als im Qualifying, aber dass es so gut läuft, hätte ich nicht erwartet", freute sich Sutil. Diese Leistung reichte schon einmal um Rubens Barrichello komplett aus dem Spiel zu nehmen. Und der ist immerhin nicht nur Brasilianer, der lange in Italien gespielt hat, sondern auch zweifacher Vizeweltmeister.

So wäre Sutil fast in die Elf des Tages gekommen, wenn da nicht der Zwist mit Alex Wurz gewesen wäre, der dem Teamgefüge sicher nicht gut bekommen ist. Denn, dass der Österreicher gegen den zweiten Brasilianer Felipe Massa das Nachsehen hatte, schob er dem Spyker-Piloten in die Schuhe. "Ich war schneller als Massa, er hatte nur Glück, dass er vor mir ins Ziel gekommen ist", betonte Wurz. "Sutil hat ein sehr unfaires Manöver gemacht. Beim Überrunden hat er die beiden vor mir vorbeigelassen, mich aber in die Wiese gedrückt. Das war furchtbar ärgerlich." Schon bei der WM 1938 ging das Experiment, aus der österreichischen Wundertruppe und der deutschen Elf eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen, in die Hose. So merkte man Alex Wurz an, dass er noch nicht richtig im Team integriert war. Deutliches Zeichen dafür war der unauffällige 14. Platz.

Alex Wurz ist noch nicht im Team angekommen..., Foto: Sutton
Alex Wurz ist noch nicht im Team angekommen..., Foto: Sutton

Anders als mit dem österreichischen Routinier haben die Medien mit dem Youngster etwas mehr Nachsehen. Eigentlich ist Sebastian Vettel noch für die A-Jugend spielberechtigt. Trotzdem durfte er aufgrund von Verletzungssorgen schon einen Einsatz bei den Profis absolvieren. Heute durfte Vettel zum ersten Mal als Stammspieler bei Toro Rosso ran und staunte erst einmal nicht schlecht über das hohe Tempo. "Es wäre gelogen, zu sagen, dass es ein Kinderspiel war", gestand Sebastian. "Zum einen mit dem unbekannten Auto, zum anderen wegen der körperlichen Fitness - da gibt es noch viel zu tun", merkte er. Dennoch stand er der italienischen Diva Toni Liuzzi so lange auf den Füßen, bis diese entnervt aufgab. Zwar hatte der Mann mit der Nummer 19 nach eigener Aussage "noch zwei drei Fehler" in seinem Spiel, was letztlich nur zu Platz 16 führte, dennoch könnte die Rolle als kommender Topstar für ihn reserviert sein.

Um die Rolle wird er er sich zumindest in der Nationalmannschaft mit Nico Rosberg streiten müssen. Allerdings erwies sich der Williams des Deutschfinnen in letzter Zeit als sehr verletzungsanfällig. Was nützen da die traumhaftesten Kombinationen, wenn man den Schlusspfiff am Ende fast immer von der Bank verfolgen muss. Doch heute hielt der sensible Williams-Körper auf wundersame Weise. Nico Rosberg konnte es selbst kaum glauben. "Ich habe gezittert; jedes Mal, wenn ich etwas gespürt habe, dachte ich mir: oh je, nicht schon wieder, tu mir das bitte nicht an", erzählte Rosberg, der, wenn er fit ist, zu den sieben besten Fahrern der Welt zählt, wie er heute unter Beweis stellte.

Ist das der Weltpokal?, Foto: Sutton
Ist das der Weltpokal?, Foto: Sutton

Dort wähnt sich auch Ralf Schumacher. Dabei sollte der Routinier im kritischen Alter schon ausgemustert werden. Denn wie so häufig machte man in der Presse vor allem den Topverdiener für die schwache Performance des Teams verantwortlich. Doch die drohende Nichtverlängerung des Vertrags vor Augen steigerte sich Ralf Schumacher von Spiel zu Spiel. Dabei leiferte er heute seine beste Saisonleistung ab. "Mir gelang ein guter Start und ich konnte in der ersten Kurve gar um Platz vier kämpfen. Wir haben eine Zwei-Stopp-Strategie gewählt - offenbar die richtige Entscheidung", freute sich Schumacher, der am Ende sogar drei Scorerpunkte auf seinem Konnte verbuchen konnte. Auch wenn es zur Torjägerkanone in diesem Jahr wohl nicht mehr reichen wird, scheint die Vertragsverlängerung des Elfers von Toyota sicher.

Die steht auch beim treffsichersten der 5 Deutschen und einem Österreicher an. Nicht umsonst trägt Nick Heidfeld die 9 auf seinem Auto. Nach dem Abgang der Lichtgestalt im letzten Jahr ist er der unumstrittene Leitwolf dieser Rubrik. Das bestätigte er auch heute und führte sein Team auf einen sensationellen dritten Platz. Trotzdem war er damit noch nicht zufrieden. "Kanada war noch besser. Da hatten wir eine noch bessere Pace als hier. Dort sind wir aus eigener Kraft Zweiter geworden. Hier mehr oder weniger aus eigener Kraft Dritter. Beides ist super, aber Kanada war noch ein bisschen toller", fand Heidfeld. Ärgern musste Nick sich trotzdem nicht. Denn spätestens seit letztem Sommer wissen wir, dass ein dritter Platz völlig ausreicht, um Weltmeister der Herzen zu werden.