Ron Dennis gilt als harter Hund. Dem 60-jährigen kann so schnell keiner etwas vormachen. Er hat in seiner langen F1-Karriere schon so ziemlich alles mitgemacht, was dieser Sport zu bieten. Doch in den letzten Wochen hatte es Dennis nur zu einem geringen Teil mit dem Sport zu tun. Schon beim Heimrennen in Silverstone zeigte sich der Druck, der auf dem McLaren-Boss lastet. Mit Tränen in den Augen betonte er bei der Einweihung des neuen Motorhomes, dass sein Team niemals etwas Illegales unternehmen würde. Noch heute schwebt die Spionageaffäre über den Silbernen und lastet schwer auf Dennis.

Das vergangene Rennwochenende machte es dem Teamboss nicht leichter. Erst ignorierte sein Fahrer, sein Schützling Lewis Hamilton eine klare Anweisung, dann kam es in der Boxengasse zu seltsamen Szenen beim Doppelstopp der beiden Fahrer und dann zu einem unschönen Wortwechsel via Funk zwischen Dennis und Hamilton. Die Bestrafung von Alonso und die Aberkennung aller WM-Punkte beim Ungarn GP erhöhten die Last auf seinen Schultern zusätzlich.

"Momentan ist es meine Aufgabe, das Team zu beruhigen", weiß Dennis genau, was die Stunde geschlagen hat. McLaren muss wieder zur Ruhe und aus den Negativschlagzeilen kommen. "Es ist eine schwierige Situation mit ernsthaften Problemen aus der wir gestärkt hervorgehen werden." Über die genauen Vorgänge am Samstag wollte er keine weiteren Worte verlieren, die offiziellen Aussagen des Teams und das Urteil der Stewards würden ausreichen. "Wir sind eine Familie und ich werde keine Kommentare über andere Teammitglieder abgeben", weigerte sich Dennis die Schuld einem seiner Fahrer zuzuweisen. "Es stehen uns schwierige Zeiten ins Haus, aber wir halten zusammen."

Ein unlösbares Fahrerproblem, eskalierende Spannungen zwischen Alonso und Hamilton sieht er nicht. Eine vorzeitige Trennung schließt er aus. "Wir haben beide Fahrer für viele Jahre unter Vertrag und werden unseren Teil des Vertrages respektieren", sagte er. "Wir hoffen, dass die Fahrer das mit ihrem auch machen. Darum geht es schließlich in einem Vertrag." Die herausfordernde Situation, das Team wieder zu einen, besteht trotzdem weiter. "Aber das gehört zu meinem Job." Neben ihm tragen auch noch andere Entscheidungsträger wie Martin Whitmarsh die Verantwortung, "aber letztlich bin ich der letzte in der Reihe, der die Entscheidungen im Interesse des Teams treffen muss." An den eigenen Prinzipien werde man aber immer festhalten.

Diese beinhalten eine Gleichbehandlung beider Fahrer. "Darauf wurde unser Team erbaut", betont Dennis. "Wir kommen immer zu den Rennen mit dem klaren Ziel, beiden Fahrern alle Chancen auf den Sieg zu geben. Es gibt viele Teams, die diese Prinzipien teilen, aber vielleicht kein so konkurrenzfähiges Auto oder nicht zwei so konkurrenzfähige Fahrer haben." Das sei die spezielle McLaren-Herausforderung. "Wenn man aber einen alternativen Weg nimmt, hat man ein Team mit nur einem Auto und einem Fahrer. Das ist nicht der Weg, um die WM zu gewinnen." Deshalb habe man auch am Samstag alles unternommen, um beiden Fahrern das bestmögliche Ergebnis zu ermöglichen. "Was passiert ist, war nicht unser Plan und nie Bestandteil unserer Diskussionen."

Direkt nach der Zieldurchfahrt und dem dritten GP-Sieg von Lewis Hamilton fühlte Dennis keinerlei Freude. Vielmehr kämpfte er wieder mit der Fassung, wie vor einigen Wochen in Silverstone. "Ich habe keine Gefühle", sagte er später. "Ich bin von den Emotionen überwältigt und freue mich sehr darauf, dass ich jetzt Urlaub machen kann." Die meisten Entscheidungen der nächsten Tage liegen deshalb in den Händen von Martin Whitmarsh. "Aber es werden keine wichtigen Entscheidungen ohne mich getroffen." Der harte Hund mag eine schwere Last auf seinen Knochen tragen, aber er wird bald wieder bellen.