Muss das denn sein?! Haben wir uns nicht gerade daran gewöhnt, dass die Formel 1 ganz und gar verkommen ist. Dass in der Formel 1 genau wie im Radsport eine ethische Notstandslage herrscht, die erschüttert, wie es die Gazetta dello Sport so schön bräsig formuliert hat. Doping im Radsport, Spionage in der Formel 1 - gerade wollten wir nach der ganzen Schumimania endlich mal wieder unserem journalistischen Kernauftrag nachkommen und den Finger in die Wunde legen. Ein Boykott der Formel 1 wurde lange diskutiert. Sollen Herr Dennis und Herr Todt ihre Formel 1 mitsamt den Fotos doch alleine machen! Die werden schon merken, dass es heutzutage ohne motorsport-magazin.com nicht mehr geht! Jawohl!

Würden Sie diesem Mann trauen?, Foto: Sutton
Würden Sie diesem Mann trauen?, Foto: Sutton

Aber bevor wir das Feld weniger verantwortungsbewussten Schreiberlingen überlassen - sind wir natürlich auch in Budapest anwesend. Und was sehen wir: Fünf Deutsche und ein Österreicher schicken sich an, im Qualifying alles was nicht silber ist, in Grund und Boden zu fahren, und so zu tun als wäre nichts gewesen. Frechheit! Und dann erwarten sie, dass man ihre sportliche Leistung in den Vordergrund stellt. Aber nicht mit uns....

Da wäre zuerst dieser Nick Heidfeld, über den es zu sprechen gilt. Platz drei im Qualifying, Ferrari hinter sich gelassen und direkt hinter den offensichtlich mauschelnden Silberpfeilen - das kann sich sehen lassen, fand auch Heidfeld selbst. "Ich freue mich über diesen dritten Platz. Ganz besonders deshalb, weil das Wochenende bisher nicht einfach war", sagte Heidfeld, der seinen Coup auf ein glückliches Händchen bei der Reifenwahl schob. "Wir haben uns für die letzte schnelle Runde in Q3 kurzfristig für die härtere Mischung entschieden."

Keine Erklärung hatte er hingegen dafür, dass er schneller als Kimi Räikkönen war. "Grundsätzlich sehe ich uns als dritte Kraft, aber Ferrari scheint hier nicht ganz so stark zu sein wie sonst", sagte er nur. Von geheimen Unterlagen, die aus Maranello zufällig nach Hinwil gewandert sein könnten, wollte er hingegen nichts wissen. Wir jedenfalls behalten diesen Heidfeld und seinen ach so "sauberen" BMW weiter im Auge.

Oder diesem?, Foto: Sutton
Oder diesem?, Foto: Sutton

Genauso wie Nico Rosberg. Mit Platz fünf stand der Deutsche so weit vorne wie lange nicht mehr. Das macht verdächtig. Da hilft es auch nichts, wenn er danach so tut, selbst überrascht zu sein. Zumindest hatte er gleich zwei Erklärungen parat. Erstens: "Es gibt viele langsamere Kurven, wie in Monaco - anscheinend liegt das unserem Auto." Und zweitens: "Ich habe ein gutes Setup zusammen; da sind wir richtig vorwärts gekommen." Klingt erst einmal logisch, doch zufrieden sind wir damit noch nicht.

Zumal sein Teamkollege Alex Wurz diese Theorie von dem guten Auto mit seinem 13. Platz entkräftete. Doch der Österreicher ist viel zu sehr Teil der berüchtigten "Omerta", um seinen Kollegen in die Pfane zu hauen. "Ich hatte Balanceprobleme und mein Funk funktionierte nicht. So konnte ich dem Team nicht sagen, was los ist", sagte Wurz artig. Alex, gib dir einen Ruck! Durchbrich den Teufelskreis und pack aus!

Dass irgendetwas nicht stimmt, zeigt auch Ralf Schumachers Leistungsexplosion aus dem Nichts. Am Anfang der Saison immer nur hinten rumgedümpelt, jetzt auf einmal auf Platz sechs vor seinem Teamkollegen und vorne mit dabei. "Es kommt darauf an, eine saubere Runde hinzubekommen. Das Auto muss mit den Reifen halbwegs harmonieren. Uns ist das im Vergleich zu den anderen halbwegs gut geglückt." Nur was bringt es, wenn die Reifen mit dem Auto harmonieren, nicht aber der Fahrer? Die Vertragsverhandlungen gehen in die heiße Phase und plötzlich ist Schumacher schneller als Trulli. Wer da keinen Zusammenhang sieht, der will es einfach nicht sehen.

Dann schon lieber diesem!, Foto: Sutton
Dann schon lieber diesem!, Foto: Sutton

Blieben noch die Hoffnungsträger auf einen sauberen, noch nicht verdorbenen Sport. Fahrer, die noch nicht Teil des Systems sind, die noch an Werte im Sport glauben und vielleicht sogar an den lieben Gott. Wie gut, dass es da Sebastian Vettel und Adrian Sutil gibt. Frei nach dem olympischen Gedanken "dabei sein ist alles" fuhren die beiden auf Platz 20 und 21 und konnten sich trotzdem über ihre Leistungen freuen.

"Es wäre nicht realistisch gewesen, mehr zu erwarten, denn die Zeit, mich an das Auto und das Team zu gewöhnen, war sehr kurz. Wenn man das bedenkt, haben wir bisher gute Arbeit geleistet", kommentiert Vettel mit froher Miene. Da fällt ein kleiner Ausrutscher auf der schnellen Runde auch nicht ins Gewicht: "Es war allein mein Fehler, denn das Auto war gut genug, um in die zweite Session zu gelangen." So macht die Formel 1 wieder Spaß. Da ist wieder einer, der frisch und unverbraucht ist und sich auch nicht zu schade ist, mal einen eigenen Fehler zuzugeben - toll.

Das gleiche gilt für Adrian Sutil. "Es war eine gute Runde, ich habe keine Fehler gemacht und das Maximale herausgeholt", war der Spyker-Pilot mit sich im Reinen. Wobei er nach einem halben Jahr in der Formel 1 von der offensichtlich gedopten Konkurrenz sichtlich frustriert ist. "Es war wie immer und ist natürlich ärgerlich, wenn man so früh raus muss. Man ist immer voll am Limit, fährt eine tolle Runde, hat aber nie eine Chance - die Positionen bleiben immer die gleichen für uns: 21 und 22. Hoffentlich kommen bald bessere Zeiten", sagte Sutil. Hoffentlich meint er nicht damit, dass er mit der dunklen Seite der Macht liebäugelt. Wir werden das beobachten. Versprochen.