Am Mittwochmittag saß Markus Winkelhock schon im Auto. Noch nicht in seinem orangen Arbeitsgerät der Marke Spyker, noch saß er in seinem Privatwagen. Nach einigen Besorgungen und der Verabschiedung bei seiner Mutter ging es ab zum Nürburgring. Dort erwartet ihn am Sonntag sein GP-Debüt, ausgerechnet beim Heimrennen in der Eifel. "Es wird kein einfaches Wochenende", weiß Markus, "aber ich mache mir selbst keinen Druck, steige ins Auto und versuche Spaß zu haben."

Möglich wurde das ganze durch ein Sponsorenproblem bei Stammfahrer Christijan Albers und Markus Loyalität zum Team. Seit anderthalb Jahren gehört er zum Midland/Spyker-Team. Zunächst als Teilzeittester, dann als Freitagstester und dieses Jahr als offizieller Test- und Ersatzfahrer, auch wenn er in dieser Rolle nur bei einem Shakedown und einem halben Testtag in Le Castellet zum Einsatz in einem F1-Auto kam. "Ich bin dieses Jahr definitiv mehr Kilometer in einem DTM-Auto gefahren", sagte uns Markus noch am Mittwoch vor seiner Abreise in Richtung GP-Abenteuer.

"Ich habe immer gehofft, dass ich fahren kann." Seit Albers das Cockpit verloren hat, standen Markus und sein Manager Volker Zeh in Kontakt mit Teamchef Colin Kolles. Zwischenzeitlich sah es einmal so aus, als ob jemand anderes fahren würde, "aber ich bin Test- und Ersatzfahrer und da hat Colin gesagt: es steht mir auch zu, hier das Rennen zu fahren." Teamboss Colin Kolles begründet das ganz einfach: "Markus hat es sich mit seiner Loyalität verdient." Außerdem sei er ein äußerst professioneller und schneller Rennfahrer, was in diesem Job durchaus eine Rolle spielt. Nur bei den Sponsorengeldern arbeitet Winkelhock noch an einer Verbesserung, dann könnte er auch für den Rest der Saison im zweiten Spyker-Auto sitzen - neben seinem Landsmann Adrian Sutil.

Diesen zu schlagen ist natürlich das Ziel. "Der Teamkollege ist immer der Maßstab", weiß Markus. "Aber das wäre vielleicht unrealistisch; und ich bin Realist." Für den Moment genießt er sein Debütwochenende. "Ich komme mit dem Druck und dem Rummel ganz gut klar", sagt er. "Ich genieße es sogar - das Medieninteresse und das Fahren." Am Mittwochabend nach seiner Ankunft war es noch ruhig, danach kamen am Donnerstagmorgen die ersten Besprechungen und Teammeetings. Der gesamte Ablauf musste durchgesprochen werden, sein Sitz, die Pedale und Gurte angepasst werden. Dann die obligatorischen Interviews und Presserunden, zum Abschluss des Tages noch ein paar Taxifahrten am Abend. "Ich habe schon etwas zu tun", lacht er.

Das wird sich am Freitag nicht ändern. Dann muss er in den zweimal drei Stunden Freies Training Kilometer abspulen und die verlorene Streckenzeit nachholen. "Es ist unrealistisch, mit dem Spyker in die Punkte zu fahren", weiß er. "Das wäre eine riesige Glückssache. Punkte wären natürlich toll, aber mein Ziel ist in erster Linie, gut gegen meinen Teamkollegen auszusehen." Mit seiner geringen Testerfahrung in diesem Jahr kommt ihm der Nürburgring gerade recht. "Ich bin hier schon mit so ziemlich allem gefahren - Formel 3, Formel Renault, DTM." Die Strecke kennt er also gut. Und selbst von der Dramaturgie passt sie perfekt: "Mein Vater ist hier sein letztes F1-Rennen gefahren", verrät Markus. "Jetzt gebe ich hier mein F1-Debüt." Seine Mutter wird sich dieses vor Aufregung noch nicht einmal am Fernseher ansehen. "Ich soll nach dem Rennen anrufen", berichtet Markus. Der Ehering seines Vaters Manfred ist zumindest als Glücksbringer mit dabei: er baumelt seit 2005 an einer Kette an Markus Hals.