Auch wenn Einheitschassis für die Zukunft der Formel 1 mittlerweile kein Thema mehr sind, erhitzen die letzten Regelvorschläge des Weltverbandes die Gemüter der F1-Fans. Der vom Ökowahn getriebene Downsizing-Trend der Automobilindustrie macht auch vor der Königsklasse des Motorsports nicht halt. Anders ist der Vorschlag von Vierzylindermotoren mit einem Hubraum zwischen 1,3 und 1,5 Litern auch nicht zu erklären. Die für den modernen Automobilbau nicht mehr wegzudenkende Turboaufladung würde so ihr Comeback feiern. Gleichzeitig würde so die Formel 1 zu einem Versuchs- und Entwicklungslabor für die Hersteller avancieren. Genau das ist auch die Absicht der FIA-Verantwortlichen. Die Formel 1 muss wieder interessanter für die großen Automobilhersteller werden. So würden sich die millionenschweren Investitionen im Gegensatz zu heute eher lohnen, wäre die Technik auf die Straße übertragbar.

Weitere thematische Schwerpunkte in den neuen Regelvorschlägen sind die Energierückgewinnung also Hybridsysteme sowie Allradantrieb. Auch wenn ein Allrad-Hybrid-Formel 1 Fahrzeug im ersten Moment schwer vorstellbar erscheint, lassen die Regelvorschläge der FIA bei näherer Betrachtung viel Spielraum in der Umsetzung des Konzeptes. Von der gesamten zurück gewonnenen Energie (300kw) soll der Hauptteil (200KW) aus der Bremsenergie gewonnen werden. Die restlichen 100KW soll ein Energierückgewinnungssystem im Auspuffsystem liefern.

Demnach wäre es durchaus denkbar, die Vorderachse durch zwei voneinander unabhängige Motoren anzusteuern, welche Platz sparend im vorderen Bereich des Monocoques untergebracht wären. Die sich im Automobilbau gerade in der Entwicklung befindenden Radnabenmotoren - außen am Radträger - wären trotz des aerodynamischen Vorteils (Wegfallen der Antriebswelle) aufgrund der zu großen ungefederten Masse am Radträger wohl eher keine Option.

So könnte das F1-Auto der Zukunft aussehen - ohne CDG-Wing., Foto: adrivo Sportpresse
So könnte das F1-Auto der Zukunft aussehen - ohne CDG-Wing., Foto: adrivo Sportpresse

Die so beim Bremsen zurückgewonnene Energie könnte beim Beschleunigen durch beide Motoren an der Vorderachse sowie einem zentralen Motor zwischen Kurbelgehäuse und Getriebe (aktuelles Serien Hybrid System) an der Hinterachse unterstützend Eingesetzt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Bauart wäre der geringe Änderungsbedarf des aktuellen Konzeptes der Formel 1 Boliden. Da trotz Allrad keine mechanische Verbindung im Antriebsstrang zwischen Vorder- und Hinterachse besteht, könnte man auf dem aktuellen Konzept aufbauen.

Technische Neuentwicklungen wie Torque-Vectoring Systeme wären an voneinander unabhängigen Achsen wesentlich leichter umzusetzen. Beim Torque-Vectoring wird das Fahrverhalten durch eine variable Aufteilung der Antriebskraft auf in diesem Fall alle vier Reifen beeinflusst. Dadurch sind höhere Kurvengeschwindigkeiten, ein besseres Einlenkverhalten sowie eine höhere Richtungsstabilität beim Beschleunigen aus Kurven umsetzbar. Aufgrund der kleineren Motoren und die Unterstützung des Energierückgewinnungssystems möchte man so 50% des Treibstoffverbrauches von 2009 einsparen. Weiter sollen die Kosten im Bereich der Aerodynamik gesenkt werden. Einheitliche aerodynamische Anbauteile sowie ein einheitlicher Unterboden mit einer Reduzierung der Gesamtabtriebskraft pro Fahrzeug um 40% helfen zusätzlich die Entwicklungskosten in Granzen zu halten. Erst recht wenn auch die teuren Windkanalstunden limitiert werden.

Die Größe der Kühlöffnungen kann währende der Fahrt angepasst werden., Foto: adrivo Sportpresse
Die Größe der Kühlöffnungen kann währende der Fahrt angepasst werden., Foto: adrivo Sportpresse

Als Neuheit sollen während der Fahrt aktive aerodynamische Bauteile die Spannung erhöhen und wieder für mehr Überholmanöver Sorgen. Fährt ein Fahrzeug im Windschatten des anderen soll in Zukunft das hinterherfahrende Fahrzeug durch Anpassung der Flügelstellung die Verluste durch die Luftverwirbelungen des Vorderwagens kompensieren können. Auch die Größe und Anströmung der Kühlöffnungen soll auf diese Weise während der Fahrt reguliert werden können. Ob dieser Vorschlag wie beabsichtigt auch in der Realität wieder mehr Überholmanöver auf die Strecken bringt, bleibt abzuwarten.

Dennoch dürften die Lösungen der einzelnen Teams zur Ansteuerung der aktiven Flaps interessant ausfallen. Wie diese Ansteuerungen im Detail aussehen, wird sich sofern die Vorschläge umgesetzt werden, zeigen. Natürlich wird die Formel 1 auch nach solch radikalen Änderungen ihren technischen Status im Motorsport behalten. Schon alleine die wahnwitzig hohen Investitionen der Hersteller lassen daran keinen Zweifel. Ob aber Hybridsysteme, ein reduzierter Spritverbrauch und bewegliche Flaps den Fan auf der Tribüne oder Zuhause vor dem Fernseher vom Hocker reißen, muss sich erst noch zeigen.