Sebastian Vettel ist ein guter Junge. In vielerlei Hinsicht. Dass er sauschnell Rennfahren kann, haben alle vermutet. Dass sie alle Recht haben, hat er in Indianapolis gezeigt. Wie kann es also sein, dass einer der schnellsten und talentiertesten jungen Männer des Planeten zusehen muss, während andere Tankschläuche aus der Verankerung reißen oder nur als rollende Schikane in Aktion treten?

Noch hat Sebastien nur ein Cockpit sicher: ein Testcockpit., Foto: Sutton
Noch hat Sebastien nur ein Cockpit sicher: ein Testcockpit., Foto: Sutton

Warum sitzt der Junge also nicht längst in einem fixen Einsatz-Cockpit? Was kann man noch mehr verlangen als auf einer unbekannten Rennstrecke kurzfristig ins Auto zu steigen und einen WM-Punkt zu holen? Müssten sich die Teamchefs nicht alle anstellen, um so einem Mann einen Arbeitsplatz und ein dementsprechendes Salär anzubieten? Ist es glaubwürdig, so einem Kaliber die Bewegungstherapie in der World Series zu genehmigen, wenn er in der Eliteklasse schon reif für höheres ist?

Sebastian Vettel ist der Formel 1 nicht passiert, seine Karriere war geplant. Bereits als Kart-Youngster wurde er von seinem Beraterstab regelmäßig zur Gesichtswäsche ins Fahrerlager vergattert. Der Junge mit der Zahnspange ist in der Tat schon seit Jahren dabei. Und daher möchten jene, die ihn seit Jahren fördern irgendwann auch die Früchte Ihrer Investitionen ernten. Damit sind wir bei den Hemmschuhen für eine Blitzkarriere in der Formel 1: Sowohl Red Bull als auch BMW haben die Hand auf ihm drauf.

Nicht ganz so schlimm wie die Situation von Jenson Button, der zwei Verträge bei zwei Teams unterschrieben hat (und das gleich zweimal in seiner Karriere, aber das hat übrigens auch Ayrton Senna in seinem ersten F1-Jahr getan). Aber schlimm genug, um zum Spielball zweier mächtiger Player zu werden.

Sebastian Vettel kann beruhigt in die Zukunft gehen., Foto: Sutton
Sebastian Vettel kann beruhigt in die Zukunft gehen., Foto: Sutton

Was verhindert nun also ein Vettel-Stammcockpit? Der am meisten entscheidende Grund zuerst: Sebastian hat noch alle Zeit der Welt. Er ist so jung, dass er selbst bei einem "echten" Einstieg im Jahr 2009 noch als blutjung gilt. Daher gibt es keinen Grund, jetzt etwas zu überstürzen. Und ein zusätzliches Lernjahr abseits des Rampenlichts hat in diesem Alter noch selten geschadet. Denn in der Formel 1 ist dann ohnehin keine Zeit mehr, Fehler zu machen.

Grund Nummer zwei: BMW hat absolut keinen Handlungsbedarf. Mit Kubica und Heidfeld hat man die zweitstärkste Fahrerpaarung nach McLaren. Während Nick heuer am Zenit seines Könnens und seiner Zuverlässigkeit ist, ist für Kubica weiterhin der Horizont das Limit. Ist eigentlich irgendjemandem klar, dass er Wochenende für Wochenende eigentlich erst mal die Kurse in der Formel 1 lernen muss? Auch der Pole ist noch Rookie. Warum also Vettel mit Gewalt reinpressen? Als Faust im Nacken funktioniert er doch auch ganz gut.

Grund Nummer drei: Der Markt schreit nicht unbedingt nach einem weiteren Deutschen. Mit einem chinesischen Pass hätte er es heute wesentlich leichter. Nachzufragen bei den Herren Glock, Ammermüller, Hülkenberg und so weiter. Und die Geschichte "Das ist der neue Schumacher" hat seit Lewis Hamilton einen kleinen Haken bekommen.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Red Bull sich die Option Vettel offen hält. Aber die Baustelle Milton Keynes richtig aufzuräumen traut man dann doch eher den Routiniers Coulthard und Webber zu. Und beim B-Team Toro Rosso zu landen macht für Sebastian nur Sinn, wenn er ein garantiertes Rückkehr-Recht in ein Siegerteam hat. Da ist ein weiteres Jahr Testfahrer bei BMW vielleicht doch die bessere Alternative (sofern die Verträge das zulassen, aber das wird die Öffentlichkeit ohnehin nie im vornhinein erfahren). Wie gesagt, er ist ein guter Junge. Und manche Dinge im Leben muss man halt einfach auch erwarten können.