Adrian, selbst erfahrene Piloten wie David Coulthard haben gesagt, dass sie am Vorabend der Tests regelrecht aufgeregt waren, wieder hier fahren zu dürfen. Wie war das bei Dir?
Adrian Sutil: Ich habe mich auch extrem gefreut. Die erste Runde in der Eau Rouge mit dem Formel 1-Auto war unglaublich. Wenn man das erste Mal voll durchfährt, ist das ein unglaubliches Gefühl. Es ist eine ganz andere Atmosphäre, man fährt hier 7 Kilometer lang ewig in den Wald, das ist eine Rennstrecke, wie es sich gehört. Für mich ist es extrem, zu sehen, wie groß der Unterschied zu den anderen Strecken ist - hier sieht man erst, wie "schlecht" die anderen sind. Das ist eine echte Rennstrecke, alles andere ist nur ein Verkehrsübungsplatz.

Bist Du Eau Rouge gleich beim ersten Mal voll gefahren?
Adrian Sutil: Nein, ich glaube erst in der zweiten Runde - alles oder nichts.

Ist das eine Mutprobe?
Adrian Sutil: Ein bisschen schon. Am Anfang fragt man sich: Geht das wirklich? Traue ich mich das? Es ist schon eine kleine Mutprobe, da geht der Puls hoch und das tut gut!

Verkommt es danach zur Normalität?
Adrian Sutil: Danach wird es normal, aber trotzdem ist es jedes Mal ein irres Gefühl. Nur die Aufregung ist dann nicht mehr so groß, man gewöhnt sich daran und weiß, dass man easy mit Vollgas durchfahren kann. Die Kompression zu fahren, oben wird das Auto über der Kuppe leichter - das ist ganz toll.

Wie ist es im Nassen?
Adrian Sutil: Mit dem Wetter ist das hier schwierig, in manchen Abschnitten gibt es mehr Regen, in anderen weniger. Es trocknet auch unterschiedlich ab. In der ersten Kurve war es feuchter als in den anderen. Deshalb war der Regentest wichtig, denn die Wahrscheinlichkeit, dass es am Rennwochenende regnet, ist groß. Spa ohne Regen wäre nicht Spa.

Sutil würde sich mehr echte Rennstrecken wünschen - ohne katastrophale Schikanen., Foto: Sutton
Sutil würde sich mehr echte Rennstrecken wünschen - ohne katastrophale Schikanen., Foto: Sutton

Ist Eau Rouge für Dich die faszinierendste Stelle?
Adrian Sutil: Es gibt noch eine Doppellinks, bergab, die ist auch gut und irre schnell. Aber Eau Rouge ist noch einen Tick spezieller.

Was sagst Du zur neuen Schikane und Boxeneinfahrt?
Adrian Sutil: Das ist eine Katastrophe. Spa ist so eine schöne Rennstrecke. Oftmals machen sie dann so eine furchtbare Schikane rein. Die heutigen Schikanen werden immer enger. Das ist schon keine S-Kurve mehr, sondern fast ein Z. Sie ist ganz schlecht zu fahren. Die Boxeneinfahrt ist extrem gefährlich. Sie ist sehr eng und dort steht eine normale Betonwand - jeder denkt dasselbe darüber. Ich glaube nicht, dass es so bleiben wird.

Am Mittwochmorgen warst Du 5. in der Zeitenliste. Was gibt Dir das? Was bedeutet das?
Adrian Sutil: Es ist schwer zu beurteilen, ob das etwas aussagt. Aber es war erstaunlich, ich hätte nicht damit gerechnet. Wir hatten später angefangen und ich bin nur ein paar Runden gefahren. Das ist ein Zeichen, dass unser Auto gut läuft, alles okay ist und ich mit der Strecke gut zurecht komme. Aber Testen ist Testen, wir werden auch hier eher hinten herumfahren.

Kann ein Fahrer hier eher etwas gutmachen als auf den Verkehrsübungsplätzen?
Adrian Sutil: Ich denke schon, besonders im Regen. In Eau Rouge kann man viel gutmachen. Ich habe es heute vier Mal probiert, einmal von zwanzig Mal klappt es im Regen vielleicht voll. Es ist extrem schwierig, ich bekam viel Übersteuern und hatte einige Schrecksekunden. Einmal habe ich den Asphalt links neben der Strecke genutzt, in früheren Zeiten wäre ich da wohl heftig eingeschlagen.

Das sind so Sachen, die man früher nicht machen konnte, heute aber möglich sind...
Adrian Sutil: Genau. Früher ist man da sicher vorsichtiger herangegangen. Heute kann man den Testtag nutzen, um Dinge auszuprobieren. Und ja: Als Fahrer kann man hier viel gutmachen. Es sind viele schnelle Kurven, in denen man viel Mut haben muss. Einige Kurven sind blind, andere Kombinationen verlangen eine langsamere Einfahrt, aber einen schnellen Ausgang - es ist eine technisch anspruchsvolle Strecke.

Eine Frage muss sein: Gibt es bei Euch im Team jetzt eine gewisse Unruhe, wegen des Fahrerwechsels rund um Christijan Albers?
Adrian Sutil: Ich spüre keine Unruhe. Meine Crew ist davon nicht betroffen und wir wollen natürlich auch den nächsten Teamkollegen in die Schranken weisen. Aber ich würde mich freuen, wenn wieder ein erfahrener Mann kommen würde. Denn es ist noch immer mein erste Jahr und ich kann von ihm sicher viel lernen.

Im Hintergrund lauert sie auf Adrian - die Eau Rouge., Foto: Sutton
Im Hintergrund lauert sie auf Adrian - die Eau Rouge., Foto: Sutton

Hast Du einen Wunschteamkollegen aus der Liste?
Adrian Sutil: Die Liste ist glaube ich nicht ganz korrekt, aber momentan ist Christian Klien wohl der Beste davon. Ich würde es Markus [Winkelhock] gönnen, einen Grand Prix zu fahren, gerade da jetzt unser Heimrennen am Nürburgring kommt, aber er hat bislang fast gar nicht getestet. Er bräuchte vorher ein paar Testtage. Für das Team wäre es deshalb wahrscheinlich besser, einen erfahrenen Mann zu nehmen.

Blicken wir zurück: Bist Du mit der ersten Saisonhälfte zufrieden?
Adrian Sutil: Ja. Es hat alles geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Natürlich gab es Rennen, bei denen ich es mir selbst versaut habe. Aber das kann passieren. Ich habe sogar damit gerechnet. Das gehört zur Lernphase dazu. Die letzten Rennen waren gut, ich habe das Maximale herausgeholt. Ich kann mich nicht beschweren.

Was kann in der zweiten Hälfte noch besser werden - auch von Deiner Seite?
Adrian Sutil: Es gibt keinen speziellen Punkt, an dem ich verstärkt arbeiten muss. In den letzten zwei, drei Rennen lief alles sehr gut. Aber jeder Fahrer kann sich immer noch verbessern, auch wenn er schon 10 Jahre dabei ist. Jedes Rennen bringt mich weiter, bringt Routine und macht mich besser.

Ist der Nürburgring ein besonderes Rennen für Dich?
Adrian Sutil: Es ist mein erstes F1-Rennen auf deutschem Boden. Ich freue mich schon darauf, dass auch mal mir ein paar Fans an der Strecke die Daumen drücken.