Erst Himmelhochjauzend, dann zu Tode betrübt: Nicht mehr allzuviel blieb erst einmal von der Begeisterung der 85.000 Fans im englischen Silverstone, von Hamilton-Mania und der erträumten Krönung von "Lewis dem Ersten." Fast Totenstille herrschte plötzlich auf den Tribünen, als Kimi Räikkönen dem Liebling der Nation die Führung in der ersten Boxenstopprunde abjagte - und schnell klar wurde, dass Hamilton in diesem Rennen unter normalen Umständen keine Siegchancen mehr haben würde.

Erst als der dann selbst nach der Zieldurchfahrt durchaus nicht allzu unglücklich aus dem Auto stieg, kam doch wieder ein bisschen mehr Leben in die Bude. Machte Lewis doch eindeutig klar, dass er gedachte, sich auch für einen "nur" dritten Platz gebührend feiern zu lassen - und angesichts dieser Tatsache erwachten dann anscheinend auch seine vorher fast wie im Schock erstarrten Anhänger wieder zu neuer Energie und Lebensfreude.

Schließlich war ja auch nicht wirklich etwas "Schlimmes" passiert: Hamilton stand im neunten Formel-1-Rennen seiner Karriere zum neunten Mal auf dem Podium, führt immer noch mit 12 Punkten Vorsprung in der Weltmeisterschaft. Auch wenn es nicht sein bisher bestes Wochenende gewesen war: Der kleine Fehler beim ersten Boxenstopp, dazu das ganze Wochenende über ein nicht perfektes Setup, speziell auch im Rennen: "Ich hatte mich hier für eine andere Abstimmung entschieden als Fernando, vor allem im Heckbereich - das war falsch, das hat mich einiges an Zeit gekostet. Schon im Qualifying hat es nicht ganz gepasst, aber da war es schon zu spät, um noch was dran zu ändern. Ich habe jedenfalls etwas gelernt."

Erst nach dem Rennen erwachten sie wieder., Foto: Sutton
Erst nach dem Rennen erwachten sie wieder., Foto: Sutton

Aber auch wenn er versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen - ganz konnte er sie nicht verbergen. Es wurmte ihn natürlich schon ein bisschen, ausgerechnet hier beim Heimrennen so weit weg von der Spitze gewesen zu sein wie nie zuvor. "Wenn Felipe am Start nicht der Motor abgestorben wäre, wäre ich wahrscheinlich nur Vierter geworden", musste er zugeben, dann hätte er sich nicht einmal auf dem Podium seinen Fans präsentieren können, die ihn am Start noch mit La Ola und Beifallsstürmen gefeiert hatten und die nun erst einmal realisieren mussten, dass nicht alle Märchen immer mit dem absoluten Happy-End zu Ende gehen und auch für einen Überflieger nicht alle Bäume in den Himmel wachsen. "Auch sie müssen erkennen - Ferrari und Alonso waren hier einfach besser", stellte Niki Lauda fest. "Wobei Lewis ja absolut keine schlechte Leistung abgeliefert hat. Er hat das Mögliche herausgeholt."

Aber der britischen Hype um Hamilton war in den Tagen vor dem Rennen dermaßen ins Unermessliche gewachsen, dass ein Heimsieg des 22-Jährigen schon fast eine Selbstverständlichkeit zu sein schien. Zumindest für Medien und Fans - für Lewis wohl eher weniger. Denn der wusste garantiert schon am Samstag ganz genau, dass er seine Pole-Position zu einem nicht ganz unerheblichen Teil einer geringeren Spritmenge verdankte und es im Rennen nicht einfach haben würde. Was im Fahrerlager viele ahnten, den Leuten draußen auf den Tribünen aber keiner gesagt hatte. So konnten die ihren Traum vom ersten britischen Heimsieg seit David Coulthard im Jahr 2000 zwar noch ein bisschen länger träumen - um dann allerdings umso unsanfter aufzuwachen. Aber Hamilton hat sie ja schon vertröstet: "Dann eben im nächsten Jahr - da probiere ich es wieder!"