Normalerweise gibt es viel zu erzählen, wenn der jüngste Teamchef und einer der am meisten erfahrenen Teambosse sowie einer der jüngsten Fahrer und der älteste Fahrer in einem Saal zusammentreffen. Christian Horner könnte über die besondere Lackierung seiner Autos sprechen, David Coulthard seine Vertragsverlängerung bejubeln, Lewis Hamilton seinen Heim-GP genießen und Ron Dennis sein neues Brand Centre glorifizieren. Doch es sollte anders kommen.

Ron Dennis musste natürlich über die Spionageaffäre sprechen., Foto: Sutton
Ron Dennis musste natürlich über die Spionageaffäre sprechen., Foto: Sutton

"Ich habe eine genaue Untersuchung der Vorfälle überwacht und kann versichern, dass alle in den kommenden Tagen die Fakten genau verstehen werden", wiederholte Ron Dennis seine Worte des Vortages. Schon am Donnerstag musste er zu den Spionagevorwürfen und der Verwicklung eines seiner Mitarbeiter Stellung beziehen. "Es wurde in der Wohnung dieser Person gefunden. Es wurde aber niemals Material anderer GP-Teams in einem unserer Autos verwendet." Um das zu beweisen, hat McLaren der FIA alle Entwicklungen des Teams seit Ende April vorgelegt. Sobald Dennis von den Vorfällen erfuhr, rief er zunächst Jean Todt und danach Max Mosley an. Die Reaktionen auf den Skandal lehrten ihn in diesen schweren Tagen vor allem eins: "Was ich wohl am meisten gelernt habe in den vergangenen Tagen, ist, wie schnell die Leute McLaren kritisieren." Innerhalb der nächsten 48 Stunden sollen jedoch weitere Informationen verfügbar werden, die alles besser beleuchten sollen. "Ich bezweifle, dass es viele Entschuldigungen geben wird, aber die Wahrheit wird ans Licht kommen."

Christian Horner musste auch über die Spionageaffäre sprechen., Foto: Sutton
Christian Horner musste auch über die Spionageaffäre sprechen., Foto: Sutton

Nur noch nicht jetzt, weswegen Dennis zwar viele Sätze ins Mikrofon sprach, aber keine weiteren Details preisgeben durfte. Entsprechend war es zwischen den Fragen zur Spionageaffäre Zeit, Lewis Hamilton zu befragen, der sich für sein Heimrennen durchaus Chancen ausrechnet, auch wenn er Ferrari mindestens als ebenbürtig ansieht. "Wir können gegen sie kämpfen", sagte er. "Wir haben eine sehr gute Pace. Einige Fahrer, die heute vor uns waren, waren sicher leichter als wir. Ich gehe zuversichtlich ins Qualifying und habe das Gefühl, dass wir wenigstens auf einer schnellen Runde schneller als Ferrari sein können."

Besonders schnell war der Aufstieg von Hamilton durch die jeweiligen Klassen bis in die Formel 1. "McLaren hat da unglaubliche Arbeit abgeliefert", lobte Christian Horner. "Am Ende muss er aber selbst gewinnen. Er wirkt jedoch nicht wie jemand, der erst sein 7. oder 8. Rennen bestreitet, sondern wie jemand der sein 80. oder 200. Rennen fährt. Das ist beeindruckend." Mit David Coulthard hat Horner heute die Vertragsverlängerung mit einem solchen erfahrenen Piloten bekannt gegeben, der zugleich schon einmal Teil des McLaren-Systems war. "Ich kenne die Anlagen und Möglichkeiten", so Coulthard, "und ich wäre überrascht, wenn ein anderes Team auch nur annähernd solche Simulationsmöglichkeiten und Anlagen hätte wie McLaren." Doch die Unterstützung der Silbernen war keine Wohltätigkeit, es war ein Investment in Hamiltons Fähigkeiten und Talent. "Je älter und erfahrener Lewis wird, desto weniger wird er in der Fabrik sein, weil er mehr Zeit zur Erholung braucht", sagt Coulthard. "Er benötigt Energie, um diesen Level über die nächsten 10 bis 15 Jahre zu halten."

Lewis Hamilton kam tatsächlich spionagefrei durch die Pressekonferenz., Foto: Sutton
Lewis Hamilton kam tatsächlich spionagefrei durch die Pressekonferenz., Foto: Sutton

Doch Dennis betont, dass Hamilton selbst den Weg bis hier her gehen musste. "Ich werde niemals sagen, dass ich der Grund dafür bin, dass er es bis in die F1 geschafft hat." Allerdings erinnert sich Lewis noch genau an einen Ratschlag, eine Forderung seines Gönners: "Ron sagte: Du bekommst die Chance, aber du musst der fitteste Fahrer da draußen sein." Genau das setzte er um. Einmal in der F1 angekommen, profitiert er aber nicht nur beim Training von den Möglichkeiten seines Teams. "Das Team kann sehr viel helfen", sagt Coulthard. "Die meisten Setups werden heute schon in tausenden von Simulationen ausprobiert." Allerdings gebe es immer mehrere Wege, um ein Pferd zu zäumen. "Man kann mit einem Highdownforce-Paket fahren und eine sehr gute Zeit erzielen oder man kann mit einem Low-Downforce-Paket fahren und die Zeit fahren." Dann kommt die Erfahrung und die Zusammenarbeit mit dem Team ins Spiel.

Coulthard setzt diese mit Red Bull Racing auch 2008 fort. Als er zu den Bullen wechselte, war es eine neue Herausforderung für ihn, er sollte das Team aufbauen und formen. "Dieses Jahr war bislang schwierig, aber unsere Pace wird immer besser und darauf wollen wir nächste Saison aufbauen." Dann möchte er vielleicht die Früchte der Arbeit ernten. Vielleicht können der älteste Fahrer und der jüngste Teamchef dann einen der am meisten erfahrenen und einen der jüngsten Piloten herausfordern. Dann würde das Treffen der Generationen sicher noch öfter stattfinden.