Nick Heidfeld merkt es selbst: Die Ansprüche sind gewaltig gestiegen, wenn er sich jetzt schon nach einem fünften Platz im Qualifying über sich selbst gewaltig ärgert: "Ist schon komisch", gibt er zu, "eigentlich ist das ja nicht so schlecht - aber wenn man eben weiß, dass mehr drin gewesen wäre, dann ärgert man sich eben doch." Das "mehr" wäre der dritte Startplatz vor den Ferrari gewesen - und Nick gab sich so auch selbstkritisch für seine Leistung auch nur Schulnote drei: "Der Fehler in der letzten Kurve ärgert mich stark. Sicher, die Reifen hatten da schon leichtes Graining, aber das kann man als Fahrer auch erwarten. Ich habe einfach ein bisschen zu viel riskiert, zu viel gepusht."

So will er sich die Ferrari hoffentlich am Start schnappen: "Die Gerade ist hier sehr lang, da ist schon einiges möglich und ich stehe auch auf der sauberen Seite. Ich habe dieses Jahr fast immer Positionen am Start gewonnen, aber man kann natürlich auch nicht automatisch davon ausgehen, dass das immer so weitergeht." Dass die Roten wesentlich schwerer sind, glaubt er nicht, auch wenn manche aus den Q2-Zeiten diesen Schluss zogen: "Kimi hat zwei neue Reifensäze in Q2 verbraucht, zum Beispiel, weil die nach dem ersten, als er ja noch hinter mir war, befürchtet haben, dass es nicht reicht."

Nick durfte nur sehr wenig über sich selbst reden., Foto: Sutton
Nick durfte nur sehr wenig über sich selbst reden., Foto: Sutton

Wenn man sich seiner Sache sicher sei, dann habe man auch im Q2 noch ein bisschen Luft, "das habe ich heute selbst zum ersten Mal gemerkt, da muss man dann auch einfach nicht alles riskieren. Insofern ist es auch immer ein bisschen riskant, aus den Q2-Zeiten direkt auf die echte Performance zu schließen - auch wenn das allgemein immer noch die verlässlichste Möglichkeit ist. Aber McLaren zum Beispiel hat da mit Sicherheit immer noch ein bisschen Spielraum..." Nachher auf der Strecke an den Ferrari vorbeizukommen, sei aber auch auf dieser Strecke nicht einfach - "Überholen ist nirgends einfach. Wenn man nahe genug dran ist, geht es am ehesten vielleicht noch vor der Steilkurve."

Zu dem großen Zeitabstand zwischen ihm und Sebastian Vettel wollte Heidfeld nicht viel sagen, er meinte nur, man müsse das dann nach dem Rennen nachrechnen, wenn die Spritmengen bekannt seien. Wobei der Mönchengladbacher nicht immer unbedingt glücklich zu sein schien, wenn sich alle Gespräche mit ihm in Indy hauptsächlich um seinen Teamkollegen drehten. Amüsant erschien ihm höchstens die Vorstellung, dass das Vettel-Debüt auch für ihn ein Problem darstellen könnte. "Also das ist für meinen Teamkollegen sicher schwerer als für mich. Wir sind ja schon in hohem Maße aneinander gewöhnt, durch die Freitagstests letzte Saison und Anfang dieses Jahres, er ist bei fast allen Meetings immer dabei, für mich ist das kein Problem. Gut, Robert kann ich vielleicht noch leichter einordnen, beim Set-up, bei Vergleichen, aber dafür ist sein Fahrstil zum Beispiel nähen an meinem als der von Robert."

Allzuviel zusätzliche Kommunikation über die normale zwischen Teamkollegen scheint Vettel bei seinem Debüt auch nicht gesucht zu haben: "Er hat mir am Anfang des Wochenendes ein oder zwei Fragen gestellt, Kleinigkeiten über Strecke und Belastung, dann har er anfangs auch ein sehr ähnliches Set-up gewählt wie ich", erzählte Heidfeld, "und dann ist er seinen Weg gegangen." Er hätte vielleicht schon gedacht, dass der Neuling mehr frage, "aber es ist auch schwierig, man muss die Sachen im wahrsten Sinne des Wortes selbst erfahren, nicht alles, was für mich gilt, muss auch für ihn passen. Und man hat jetzt am Freitag ja so viel Zeit, er ist 80 Runden gefahren, das ist mehr als eine Renndistanz, das ist wohl schon eine gute Vorbereitung."

Wie er denn die Vorstellung Vettels beurteile? "Er hat bis jetzt einen passablen Job gemacht. Es ist ja wichtig, dass einem kein Fehler unterläuft. Das erste Rennen ist immer etwas Besonderes. Auch wenn man von außen gar nicht so viel Druck bekommt, man macht sich schon selber welchen. Der erste Grand Prix - das ist schließlich das Ziel, auf das man das ganze Leben hingearbeitet hat." Konditionsprobleme angesichts der ungewohnt langen Renndistanz erwartet Heidfeld bei Vettel nicht. "Erstens ist das hier keine besonders anstrengende Strecke, zweitens hat er schon so viele Kilometer in diesem Auto. Er ist ja nicht einfach ein Formel-3-Fahrer, der da plötzlich einsteigt. Da wird nix kommen, was ihn umhaut."