So einen heftigen Unfall haben wir seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Da ist es nur logisch, dass man sich in den ersten Sekunden Gedanken darüber macht, ob Robert Kubica das unbeschadet überstanden hat. Dank der hohen Sicherheitsstandards in der Formel 1 hat er überlebt - HANS, das Kohlefasermonocoque und der seitliche Kopfschutz haben ihm das Leben gerettet. Aber nicht nur das. Auch Roberts starke Fitness hat ihm geholfen. Als ich noch in Italien gelebt habe, habe ich ab und zu mit ihm zusammen trainiert, ich weiß wie hart er arbeitet. Er ist in bestmöglicher körperlicher Verfassung und das hat ihm geholfen, so einen Horrorcrash wegzustecken. Wer nicht so fit ist, der kommt nicht so ungeschoren davon.

Die Trümmerteile können schnell zur Gefahr werden., Foto: Sutton
Die Trümmerteile können schnell zur Gefahr werden., Foto: Sutton

Natürlich ist die Formel 1 in den vergangenen Jahren seit den letzten tödlichen Unfällen von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger viel sicherer geworden und wird auch weiter immer sicherer werden; davon profitiert dann auch die Automobilindustrie und somit jeder Autofahrer. Aber man darf sich nichts vormachen: die F1 ist trotzdem noch gefährlich. Unfälle sind meistens unvorhersehbare, komische Situationen, bei denen die unmöglichsten Dinge passieren. Wenn man ein Trümmerteil gegen den Helm bekommt, kann das böse Folgen haben - da hilft auch die beste Crashstruktur nichts mehr.

Diesmal hat Robert Kubica Glück gehabt. Er kam mit einer leichten Gehirnerschütterung und einem verstauchten Knöchel davon. Jetzt ist es für einen Fahrer immer gut, so schnell wie möglich wieder im Auto zu sitzen, damit er keine Zeit hat, über den Unfall nachzudenken. Man muss so schnell wie möglich ins Tagesgeschäft zurückkehren. Andererseits sollte man eine Gehirnerschütterung nicht unterschätzen. Sie kann langwierige Auswirkungen haben, also sollte er vielleicht nicht schon ein paar Tage nach dem Crash wieder in Indianapolis fahren.

Zum Schnellfahren verleitet

Robert war nicht der einzige Fahrer, der in Montreal in der Mauer landete. Die einzigen beiden, die keine Fehler gemacht haben, waren Lewis Hamilton und Nick Heidfeld, alle anderen hatten Flüchtigkeitsfehler oder größere Patzer drin - auch Fernando Alonso. Die Strecke ist schwierig und gefährlich. Während man in Monaco noch einigermaßen langsam an den Leitplanken vorbeifährt, düst man in Montreal extrem schnell an den Mauern vorbei. Das führt natürlich dazu, dass die Diskussionen wiederbelebt werden: Sind Stadtkurse noch zeitgemäß? Wenn an dieser Stelle mehr Auslaufzonen wie bei den modernen Strecken gewesen wären, wäre Robert gar nichts passiert - er wäre nur durch den Kies, über die Wiese oder den Asphalt gefahren. Solche Strecken verleiten dazu, viel zu riskieren, hier konnte er nicht überholen, wollte sich aber zeigen, den Vordermann unter Druck setzen, um dann in der nächsten kurve anzugreifen. Das ging schief.

Genauso wie bei Adrian Sutil, der mal wieder in der Mauer gelandet ist. Dafür wurde er sogar öffentlich von seinem Team kritisiert. Doch auch alle anderen Fahrer haben Fehler gemacht, sogar der Weltmeister; das ist natürlich kein Freifahrtsschein für Fehler, aber ein Spyker ist auch schwieriger zu fahren als ein Topauto. Man vergisst schnell, dass Adrian noch in seiner ersten Saison ist. Trotzdem hat er seinen erfahrenen Teamkollegen regelmäßig im Griff. Sein Unfall war ärgerlich, aber das passiert eben.

Zur Farbenlehre verdonnert

Das neue Safety Car-Reglement ist noch nicht ganz rund., Foto: Sutton
Das neue Safety Car-Reglement ist noch nicht ganz rund., Foto: Sutton

Schlimmer sind die Vergehen von Felipe Massa und Giancarlo Fisichella, die eine rote Boxenampel überfahren haben. Solche Fehler sollten nicht passieren, es gibt klare Regeln und daran sollte man sich auch in so einem Chaosrennen halten. Dennoch sind auch F1-Fahrer nur Menschen. Die sportliche Leistung von Felipe war wieder gut, sein Auto war nicht ganz so gut und seine Farbenkenntnisse leider erschreckend schlecht. Aber Massa trägt nicht die alleinige Schuld. Das Team hätte ihn warnen können. Beim Boxenstopp bekommen die Fahrer immer wieder zur Erinnerung ins Cockpit gefunkt, welchen Gang sie einlegen müssen, dass sie die Bremse betätigen sollen. Dann hätte man ihm auch funken müssen, dass die Ampel auf Rot steht. Man gewinnt zusammen und man verliert zusammen. Der Fahrer ist nicht alleine schuld, auch wenn er letztlich im Cockpit sitzt und alles im Blick haben muss. Wenn wir im Straßenverkehr eine Ampel überfahren, können wir uns schließlich auch nicht damit herausreden, dass uns niemand angefunkt hat.

Insgesamt sind die neuen Safety-Car-Regeln noch nicht ganz rund. Bislang hat alles gut funktioniert, es waren nur einige Überrundete beim Re-Start dazwischen. Jetzt ist es verwirrend und fraglich, warum manche Fahrer sich zurückrunden und mit vollem Speed um den Kurs fahren dürfen. Natürlich wird es beim Re-Start so viel spannender, aber andererseits kann man es auch so sehen: Durch die Safety Car-Phase verliert der Führende seinen Vorsprung, darüber beklagte sich Hamilton auch nach dem Rennen. Wenn nun noch Überrundete dazwischen liegen, erhält er wenigstens einen kleinen Vorteil zurück.