Mit dem Ablaufen der Qualifyinguhr fuhr Lewis Hamilton die schnellste Zeit des Qualifying und damit zum ersten Mal in seiner noch jungen F1-Karriere auf die Pole Position. "Ich fühle mich toll", strahlte der McLaren-Rookie. "Wir haben die nötige Pace und es war bis zuletzt spannend. Es war nicht einfach, das ist es nie, wenn ein zweifacher Weltmeister hinter dir ist, aber ich habe es geschafft."

Neben ihm startet am Sonntag sein Teamkollege und Co-WM-Leader Fernando Alonso in den Großen Preis von Kanada. Der Spanier war in den Schlusssekunden auf einer Pole-verdächtigen Runde, fuhr dann aber doch nur die zweitschnellste Zeit. "Ich bin ein bisschen von der Ideallinie abgekommen, dabei sind die Reifen etwas schmutzig geworden und ich wollte in der letzten Schikane nicht mehr alles riskieren", begründete Alonso seinen missglückten Poleangriff. "Morgen erhalten wir eine neue Chance und können gewinnen." Der Abstand zu Ferrari überrascht ihn nicht. "Wir haben das Auto weiterentwickelt, nicht nur für Monaco, sondern auch für Montreal. Wir haben den Schwung des Doppelsieges mitgenommen, das sollte auch in Indy funktionieren. Unser Auto ist super verbessert, wir sind viel stärker und überall konkurrenzfähig."

Dennoch erwartet Hamilton ein enges und hartes Rennen in Montreal. "Ich durfte noch nie von der Pole starten", sagte er. "Das wird eine komplett neue Erfahrung für mich. Aber ich habe das richtige Auto, die richtige Strategie und ein gutes Team - ich muss nur einen guten Start hinlegen, die erste Kurve meistern und dann ein konstantes Rennen fahren." Dann könnte er vielleicht seiner ersten Pole den ersten Sieg folgen lassen. Norbert Haug hätte sicher nichts dagegen.

"Das ist ein Traum", kommentierte er die silberne Doppelpole. "Lewis hat diese Runde hingezaubert. Fernando war verdammt schnell, aber im letzten Sektor war irgendetwas. Die ersten beiden Plätze sind nach Monaco ein Traum." Haug betont aber auch, dass Alonso ohne seinen Fehler auf die Pole hätte fahren können. "Trotzdem war es ein tolles Skript. Heute haben wir das Beste erreicht, aber das Rennen haben wir deshalb noch nicht gewonnen." Die erste Startreihe sei aber schon mal die beste Ausgangsbasis dafür. "Unsere Strategie ist nicht so riskant, dass wir nur auf die Pole gegangen sind, wir sollten im Rennen gut aussehen." Außerdem hofft er auf Schützenhilfe von BMW Sauber. Mit Nick Heidfeld steht nämlich ein weiß-blaues Auto vor beiden Ferrari auf Startplatz 3. "Vielleicht gibt er den Roten etwas zu knabbern."

"Ich bin sehr zufrieden", bilanzierte Heidfeld. "Wir waren auf schnellen Strecken schon immer gut, ich freue mich schon jetzt auf Monza." Auch Mario Theissen lobte die Klasseleistung seines Piloten. "Nick kommt mit dem Auto und der Strecke gut zurecht, im Qualifying hat alles gut gepasst. Es war klasse, eine perfekte Runde." Ferrari-Rennleiter Stefano Domenicali rechnet jedoch damit, dass Heidfeld schon bald zum Nachtanken an die Box kommen wird. "Damit kann ich leben", lachte Theissen. "Ich rechne mit einem starken Rennen von Nick und glaube auch, dass Robert gar nicht so schlecht unterwegs ist." Kubica startet neben Nico Rosberg aus der vierten Reihe. Die Top10 komplettieren Giancarlo Fisichella und Jarno Trulli.

Wie schon in Monaco nahmen zwei Deutsche schon in der ersten Qualifyingsession Abschied. Adrian Sutil schied als Vorletzter aus - war aber wieder vor seinem Teamkollegen Christijan Albers. Vor den beiden Spyker landeten zwei Negativüberraschungen: Alex Wurz im Williams und Heikki Kovalainen im Renault. Der Finne schlug hinten rechts an und schied trotz eines Reparaturversuchs aus. Am knappsten scheiterten Anthony Davidson und Ralf Schumacher an der Hürde. "Ich scheine die Verkehrskarte gezogen zu haben", klagte Ralf, der wie in Monaco in Qualifying 1 ausschied. "Auf der ersten Runde fuhren vier Autos vor mir aus der Box, auf der zweiten Runde war Barrichello vor mir; die Aufhängungsprobleme spielen keine Rolle, man muss halt um den Kerb herumfahren."

Adrian Sutil war nicht allzu enttäuscht, immerhin ist er es gewohnt, in der ersten Session auszuscheiden. "Wir wussten, dass es hier wieder schwer wird. Die Strecke liegt uns nicht so gut, auf den Kerbs ist das Auto nicht so gut und auch auf der Geraden sind wir zu langsam, weil das Auto zuviel Drag hat", sagte der Spyker-Pilot. "Es ist schon ein bisschen enttäuschend, ich würde gerne einmal ein bisschen länger fahren, aber das Einzige was zählt, womit man sich abheben kann, ist das Teamduell." Das hat er wieder einmal gewonnen.

Das Qualifying im Überblick

1. Session
Zwischenfälle: Unfall Kovalainen, rote Flagge zur Quali-Mitte.
ausgeschieden: Davidson, Schumacher, Kovalainen, Wurz, Sutil, Albers
Top-6: Räikkönen, Alonso, Hamilton, Massa, Fisichella, Heidfeld
Überraschungen: Schumacher und Wurz wieder im Q1 raus; Liuzzi und Sato in Q2
2. Session
Zwischenfälle: Heidfelds erste Rundenzeit wurde wegen Abkürzens in der Schikane gestrichen; auf letzter Runde fuhr Heidfeld ins Q3, küsste aber die Wall of Champions
ausgeschieden: Sato, Liuzzi, Barrichello, Coulthard, Button, Speed
Top-6: Hamilton, Alonso, Heidfeld, Massa, Rosberg, Webber
Überraschungen: beide Honda raus; Sato vor beiden Werksautos, knapp an Q3 gescheitert.
3. Session
Zwischenfälle:Räikkönen überholt Hamilton schon bei Boxenausfahrt; erste Rosberg-Zeit wegen Abkürzens in der Schikane gestrichen.
Top-6: Hamilton, Alonso, Heidfeld, Räikkönen, Massa, Webber