Der Monaco GP 2007 war nicht der Rede wert, eigentlich war es ein ziemlich langweiliger Sonntagnachmittag im Fürstentum. Keine Ausfälle, kein Safety Car, kein Chaos, keine Action. Nur die Überlegenheit von McLaren Mercedes war eine Schlagzeile wert; oder war es doch eher die fehlende Konkurrenzfähigkeit von Ferrari? Jedenfalls gab es am Sonntagabend keinen Grund zur Aufregung, noch nicht einmal die roten Verlierer verfielen in Panik. Eigentlich war alles wie immer, wie man es in den überholfeindlichen Straßen von Monaco erwarten musste - eine Prozession. Eigentlich, denn einige britische Kollegen sahen im Offensichtlichen eine Verschwörung, in Ermangelung eines neuen Button-, Dämpfer- oder Indy-Gates wurde ein Komplott gegen ihren neuen Helden ersonnen.

"Lewis Hamilton gab alles, aber er durfte nicht gewinnen", stellte der Daily Mirror stellvertretend für die britische Yellow Press das McLaren-Team an den Pranger. "Der Monaco-Traum des 22-Jährigen wurde von dem Mann sabotiert, der abgesehen von Vater Anthony am meisten an seinem kometenhaften Aufstieg Anteil hatte. Gestern zeigte dieser Mann, Ron Dennis, keine Reue." Für einen Großteil der britischen Medien wurde Dennis über Nacht zum Feindbild. Er hatte ihren Lewis zurückgepfiffen, ihm den Sieg geklaut, das Wunder von Monaco vereitelt. Die fast fehlerlose Leistung von Hamilton sei dadurch abgewertet worden. Die vielen Quersteher, Schikanenhopser und Leitplankenberührungen, die Hamilton hinterher, ehrlich wie er ist, eingestand, blendeten die britischen Kollegen ebenso geschickt aus wie die genauso fehlerfreie Fahrt von Fernando Alonso, der den Sieg mindestens genauso verdiente.

Einen kräftigen Schluck nehmen, vor der nächsten medialen Attacke., Foto: Sutton
Einen kräftigen Schluck nehmen, vor der nächsten medialen Attacke., Foto: Sutton

Jetzt, da sie endlich wieder einen einheimischen Helden haben, jetzt, da Jenson Button getrost im Windschatten der Super Aguri fahren kann, jetzt, da sie nicht mehr auf Teamerfolge von McLaren und Williams angewiesen sind, können sie es sich scheinbar leisten, McLaren und allen voran Ron Dennis zu kritisieren. Ganz besonders, nachdem dieser sie in der Freitagspressekonferenz öffentlich für die ganze Hamilton-Mania abgewatscht hatte. Alle wollten so viel Lewis wie sie nur bekommen könnten, exklusiv, ganz allein, nur für sich, ständig, immer zu und jeden Tag, rund um die Uhr. Dabei ist es nur verständlich, wenn das Team den unerfahrenen Nachwuchspiloten, der gerade erst fünf Grand Prix absolviert hat, vor zu viel Medientrubel schützt, ihn auf dem Boden hält. Viel fragwürdiger ist es, wenn ein zweifacher Weltmeister durch das Team von den Medien abgeschottet wird, wenn nur die spanische Presse mit ihm sprechen darf. Aber die Spanier haben keinen Grund auf McLaren sauer zu sein, den Briten kommt die angebliche Stallregie zu Ungunsten ihres Idols gerade recht, um dem Team die unerfüllten Wünsche heimzuzahlen.

McLaren habe zwei geborene Racer davon abgehalten, den Sieg unter sich auszumachen, lautet die Anklage. Sie und der Sport hätten dadurch mehr verloren, als wenn beide Autos in den Leitplanken gelandet wären. Ron Dennis sagte die Schlagzeilen der gleichen Medien für einen solchen Fall schon nach dem Rennen voraus: "Der Teamchef von McLaren ist doch ein Vollidiot, dass er es zulässt, dass seine Fahrer sich gegenseitig abschießen." Die Wahrscheinlichkeit dafür wäre sicherlich größer gewesen, als ein erfolgreiches Überholmanöver oder ein spannendes Duell. Denn die Realität hätte wohl so ausgesehen wie bei den anderen 20 Autos im Feld: eines fährt hinter dem anderen her, der Abstand variiert von Runde zu Runde um ein paar Hundertstel, aber es geschieht nichts. Kein Angriff, kein Versuche, kein Überholmanöver. Solche sind bei gleich schnellen Autos und Fahrern ohne Fehler des Vordermanns in Monaco nämlich schlicht nicht möglich. Genau das sagte übrigens ein gewisser Lewis Hamilton, wenn man ihm zugehört hätte...

Der erste Sieg ist nicht mehr weit, wurde aber nie sabotiert., Foto: Sutton
Der erste Sieg ist nicht mehr weit, wurde aber nie sabotiert., Foto: Sutton

Ron Dennis schien nach dem Rennen ohnehin selbst am meisten betroffen zu sein. Er wollte seine Fahrer nicht einbremsen, wollte nicht schon vor dem Rennen einen seiner Piloten durch die Strategie zum Sieger machen (ohne Safety Car Alonso und mit Safety Car Hamilton), er will seine Fahrer immer kämpfen sehen, er wollte vielleicht sogar seinen Zögling Hamilton siegen sehen, das Monaco-Wunder Realität werden sehen, aber das wäre aus Sicht des Teams und der Sponsoren unverantwortlich, dumm und nicht professionell gewesen. Nicht in Monaco. Das Risiko eines Ausfalls, geschweige denn eines Doppelausfalls, wäre zu groß gewesen.

Seit dem schwarzen Funkspruch von Spielberg 2002 ist in der Formel 1 Teamorder verboten, die das Rennergebnis manipuliert. Wenn es unerlaubte Methoden sind, den Fahrern zu sagen, dass sie sich nicht gegenseitig abschießen sollen, dass sie im Leitplankengewirr von Monaco keine unnötigen Risiken eingehen sollen, dass sie bei einer Minute Vorsprung ihre Motoren für das nächste Rennen schonen sollen, welches Rennen ist dann nicht "manipuliert"? Ron Dennis nennt das Teamstrategie. "Und mit Teamstrategie gewinnt man Grand Prix. Mit Teamorder manipuliert man Grand Prix." Also mit Funksprüchen, die Fahrer Positionen tauschen lassen, mit Krämpfen, die urplötzlich im Bremsfuß auftreten. Das ist laut Artikel 151c des FIA International Sporting Code strafbar - "jeder absichtliche Betrugsversuch zum Nachteile des Motorsports" kann von der FIA geahndet werden. So steht es geschrieben. Anscheinend lesen die FIA-Verantwortlichen aber ausschließlich britische Blätter.