Auch wenn Kundenchassis in dieser Saison offiziell noch kein Thema für die Teams sein sollten, so brodelt es unter der Oberfläche wegen des einen oder anderen "Know-how-Austausch" schon gewaltig. Neben Honda und Super Aguri befinden sich seit Anfang der Saison auch Red Bull Racing und die Scuderia Toro Rosso im Kreuzfeuer der Kritik.

Neues Aero-Paket, keine Kamine: der RB3 versucht sich abzuheben., Foto: Sutton
Neues Aero-Paket, keine Kamine: der RB3 versucht sich abzuheben., Foto: Sutton

So wehrt sich Spyker-Teamchef Collin Kolles heftig gegen den Techniktransfer der beiden Red Bull Teams. Wen wundert's? Abgesehen von der Lackierung könnte man meinen der Red Bull RB3 sowie der Toro Rosso STR2 seien ein und dasselbe Fahrzeug.

Unbestreitbar jedoch ist, dass beide Teams mit unterschiedlichen Motoren an den Start gehen. Der im Vorjahr von Red Bull Racing verwendete Ferrari V8 wurde unter anfänglichem Protest von Ferrari zum Red Bull B-Team Toro Rosso abgeschoben. Währenddessen arbeitet im Heck des aktuellen Red Bull der Weltmeistermotor des Vorjahres, der Renault RS27, für dessen Anschaffung sich Technik-Guru Adrian Newey persönlich eingesetzt haben soll.

Beim Betrachten des Bodyworks beider Fahrzeuge liegt der Schluss mehr als nahe, es handle sich um zwei identische Chassis, welche lediglich von einem anderen Motor befeuert werden; von gleichen aerodynamischen Elementen und Anbauteilen wie Front und Heckflügel ganz zu schweigen.

Lediglich die Entwicklungsstufe der jeweiligen Anbauteile kann sich noch unterscheiden. So fuhr Red Bull beim letzten Grand Prix in Spanien mit einem neuen Doppeldecker-Frontflügel während man sich bei Toro Rosso noch mit dem Vorgängermodell zufrieden geben musste. Nicht voneinander zu unterscheidende Einlassöffnungen an den Seitenkästen, eine anscheinend gleich große Airboxöffnung und gleiche Abluftöffnungen lassen rein äußerlich keinen Aufschluss über unterschiedliche Motoren zu. Auch wenn sich das Kühlsystem sowie der Kühlluftbedarf beider Motoren unter der Außenhaut voneinander unterscheiden, ist davon von außen nichts zu merken. Vergleicht man den Renault R27 und den Ferrari F2007 miteinander, so ist ein optischer Unterschied, was die Kühlöffnungen betrifft, unbestreitbar.

Nur verständlich hingegen ist es, so viel Know-how wie möglich von Stardesigner Adria Newey und dessen Red Bull RB3 auf das Schwesterteam aus Italien zu übertragen, so würde sich die Investition Newey für Red Bull doppelt bezahlt machen.

Der Toro Rosso steht weiter im Rampenlicht., Foto: Red Bull/GEPA
Der Toro Rosso steht weiter im Rampenlicht., Foto: Red Bull/GEPA

Was ist die Moral von der Geschichte? Es scheint, als würde man Bei Red Bull und Toro Rosso mit fast gleichen Fahrzeugen antreten. Richtig. Fast gleichen Fahrzeugen. Seit dem Grand Prix von Spanien geht Red Bull Racing ohne die bekannten Warmluftkamine auf den Seitenkästen an den Sart. Stattdessen setzt man an dieser Stelle auf weiter nach vorne gezogene weiterentwickelte Winglets. Bei Toro Rosso werden die zur effektiven Kühlung anscheinend notwendigen Kamine weiterhin eingesetzt.

Das begründet zumindest die Annahme, dass der Renault-Motor mit einem effektiveren Kühlsystem ausgestattet sein muss als der italienische Kontrahent aus Maranello und somit ohne störende Kamine auskommt. Ist dies vielleicht der Grund, warum sich Adrian Newey für den Renault Motor einsetzte? Bedingt durch einen geringeren Kühlflächenbedarf bleibt den Aerodynamikern so mehr Spielraum. Genau das ist Neweys Domäne - die Aerodynamik. In diesem Sinne und vor allem im Sinne von Red Bull Racing und der Scuderia Toro Rosso darf man spätestens seit dem Grand Prix von Spanien von zwei unterschiedlichen Fahrzeugen sprachen, Collin Kolles möge es mir verzeihen.