Es war wieder einmal der reinste Wahnsinn, der sich da in der Formel 1 abspielte. Das war wirklich der Stoff, mit denen Psychiater ihre Kinder auf teure Privatschulen schicken können, denn es war von allem etwas dabei. Paranoia, Schizophrenie, Depressionen, Stress, suchen Sie es sich aus. Die vier Deutschen und der eine Österreicher, die durch dieses Jammertal an psychologischen Leckereien marschieren durften, hatten jedenfalls nichts zu lachen, vielleicht bis auf zwei, die aber möglicherweise auch nur eine andere Form von Schock davongetragen haben.

Schizophrenie

Er wollte eigentlich nach vor, hätte aber zurückgemusst und das wusste er auch, weil er in einem kurzen Moment doch lieber zurück gewollt hätte als er nach vor unterwegs war. Ja, Alex Wurz Persönlichkeit erlebte in einem kurzen Moment in der ersten Runde eine Spaltung, die bei Auffahrunfällen üblich ist. "Ich war hinter Ralf als es in Kurve zehn ging und er musste plötzlich lupfen. Es ist da draußen so knapp, dass ich keine Chance zu reagieren hatte und auf seinem Rad geendet bin. Das war das Ende meines Rennens." Und damit auch das Ende des Wahnsinns für Wurz, der in Monaco aber wieder voll mitgehen will.

Stress

Was Wurz aufgrund seines frühen Ausscheidens erspart blieb, war der Stress, den Nico Rosberg während eines ganzen Rennens ohne Trinkflasche und auf der Jagd nach seinem besten Ergebnis in der Formel 1 aushalten musste. Diese Krankheit der Moderne hat mittlerweile ganze Universitätsflügel finanziert doch Rosberg, Workaholic, der er ist, merkte davon kaum etwas: "Im Mittelstint war die Balance perfekt. Ich konnte richtig gut pushen und deswegen ist es [die Taktik] dann auch aufgegangen." Schließlich schlugen die Symptome dann doch durch, als ihn das Team dazu aufforderte, etwas mehr zu pushen. "Ja, push, push, push. Am liebsten würde ich da zurückfunken: 'Was glaubt ihr, was ich tue?'"

Paranoia

Nick Heidfeld fühlte sich wohl verfolgt, Foto: Sutton
Nick Heidfeld fühlte sich wohl verfolgt, Foto: Sutton

Sie fühlen sich ständig verfolgt und wollen schnell Ihre Position wechseln, damit Sie Ihre Verfolger abschütteln können. Paranoia ist wahrlich nicht einfach zu handhaben und wenn man dann auch noch einen Boxenstopp machen muss, sogar noch etwas schwerer. "Das Rad vorne rechts war nicht fest. Wir müssen schauen, wie das passiert ist. Anscheinend hat es mein Team nicht gesehen. Ich habe gewartet und gewartet und gewartet... Ich dachte, dass sie mich zurückschieben, aber als das nicht geschah, bin ich wieder losgefahren", sagte Nick Heidfeld, der so schnell wie möglich das Weite suchen wollte und deswegen gleich eine Runde später wieder an die Box zurückkehren musste. Das Getriebe machte dem Fortlaufen von Nick schließlich ein Ende und wie man nachher sehen konnte, fühlt er sich auch gar nicht verfolgt, sondern hat es nur eilig.

Depression

Ständiger Misserfolg zieht jeden nach unten, auch wenn er noch so ein sonniges Gemüt hat. Wenn man dann noch unschuldig angeschoben wird und schließlich das Rennen aufgeben muss, wird es nicht besser und der Psychiater legt sich schon einmal den neuesten Luxus-Auto-Katalog zur Seite. "Das war ein weiteres schwieriges Wochenende für mich", gestand Ralf Schumacher dann auch. "Es war etwas chaotisch, aber von meinem Startplatz aus muss man das erwarten", drang der Toyota-Pilot zur Wurzel des Problems vor. "So geht es eben manchmal", meinte er schließlich zum Zusammenstoß und hatte damit auch die Sorgen hinter sich gelassen und einen Psychiater um einen teuren Neuwagen gebracht.

Normalität

Nach den Fällen, in denen das Schlimmste gerade noch verhindert werden konnte zu einem, der sich erst an die Normalität gewöhnen muss. Adrian Sutil kam ohne Schwierigkeiten durch die erste Kurve, was er erst einmal verdauen musste. "Das war ein gutes Rennen für mich. Es war wichtig, dass wir ins Ziel gekommen sind", konnte der gut gelaunte Sutil erzählen. Keine Zeichen von Schizophrenie, Stress, Paranoia oder Depression, einfach nur Freude darüber, dass das Auto ins Ziel kam und die Rundenzeiten mit denen der Konkurrenz mithalten konnten. Auch den Rückschlag, als er den Motor an der Box abwürgte, steckte er gut weg. "Ich habe nur drei oder vier Sekunden verloren, aber es war genug um einen Platz einzubüßen." Willkommen in der Welt des Zweikampfes. Andererseits sollte man diesen ganzen psychologischen Kram ohnehin nicht überbewerten - schließlich wollen die einem ja nur zuhören, wenn man dafür zahlt.