Manche Menschen wissen alles besser. Es spielt keine Rolle, ob sie von einem Thema Ahnung haben oder nur dieses eine Mal falsch liegen. Es liegt ihnen im Blut, immer Recht haben zu müssen. Sie haben den unfreiwilligen Kontakt mit einer heißen Herdplatte überstanden, den heißesten Sonnenstrahlen ohne ausreichend Sonnencreme getrotzt und schon diverse heiße Nächte verbracht - was soll verglichen damit so heiß daran sein, wenn man anderthalb Stunden mit einem Auto im Kreis herumfährt?

Die Sonne brennt., Foto: Hartley/Sutton
Die Sonne brennt., Foto: Hartley/Sutton

motorsport-magazin.com-Redakteur Falko Schoklitsch veranschaulichte das Hitzephänomen in unserer Streckenvorschau wie folgt: "Wenn Sie wissen wollen, wie es einem Formel 1-Fahrer auf dem Sepang International Circuit geht, dann setzen Sie sich einmal an einem heißen Sommertag mit einem feuerfesten Rennanzug samt Unterwäsche und einem Helm in Ihr Auto und schalten die Heizung ein. Gehören Sie zu den ganz Hartgesottenen, dann können Sie noch eineinhalb Stunden Freunde von links und rechts an sich herumzerren lassen und versuchen, deren Kräften entgegen zu wirken."

Für die eingangs erwähnten Allwissenden klingt das nicht besonders anstrengend oder gar heiß. Hans Joachim Stuck kann das nachvollziehen. "Es ist für jeden Außenstehenden unvorstellbar, was das für eine physische Belastung darstellt", sagte uns der Ex-F1-Fahrer. Zum letzten Mal erlebte er diesen Ausnahmezustand im Cockpit eines GP Masters Autos in Katar. "So lange du fährst, geht es. Sobald du aber in die Box fährst und das Auto steht, ist es, als ob im Körper einer den Wasserhahn aufdreht. Der Körper explodiert, du schwitzt wie es gar nicht sein kann." Hinzu kommen die lange Renndistanz und die hohe Konzentration. "Das ist Leistungssport pur."

Marc Surer kennt ein gutes Mittel gegen Konzentrationsverluste bei Hitzerennen. "Wenn du beschäftigt bist, im Rennen gegen andere Fahrer kämpfen musst, dann ist es okay", verriet er uns. "Der Frust kommt erst, wenn du alleine fährst, nicht vorwärts kommst und plötzlich beginnst, darüber nachzudenken. Dann merkst du, dass dir die Flüssigkeit ausgeht, du nur noch warme Luft einatmest, dann wird dir die Hitze bewusst. So lange du im Zweikampf bist, merkst du es nicht."

Da moderne Formel 1-Rennen zum Leidwesen der Fans, und wie wir jetzt wissen auch der Fahrer, nicht nur aus Zweikämpfen bestehen, müssen die Piloten sich auf die Dürreperiode dazwischen vorbereiten. Sie müssen ihr Training vor den Hitzerennen gezielt erhöhen und sich auf den Punkt genau perfekt einstellen. Weil nur die wenigsten Rennfahrer an heißen Sommertagen in ihre Privatautos klettern und Freunde in verschiedene Richtungen an ihrem Helm zerren lassen, findet diese Vorbereitung im Fitnessstudio statt. "Grundsätzlich muss man am Rennwochenende von der Arbeit des letzten halben Jahres im Fitnesscenter profitieren", weiß Alex Wurz, der als einer der fittesten F1-Piloten gilt.

Stuck sieht nur noch einen aktuellen Fahrer in besserer konditioneller Verfassung als den Österreicher. "Michael Schumacher war immer dafür bekannt. Heute kann ihm wohl am ehesten Takuma Sato das Wasser reichen." Wenn dem so ist, dann müsste Sato die kleinen masochistischen Tendenzen von Alex Wurz teilen. "Ich habe es gern, wenn es heiß ist", lächelte er uns an. "Ich hoffe auf schönes, ganz brutal heißes Wetter; hoffentlich müssen wir alle leiden." Der ebenso smarte wie fitte Alex hat dabei natürlich einen Hintergedanken: "Wenn es ganz brutal heiß wird, dann bin ich einer der Besten. Darauf zähle ich."

Michael Schumacher galt immer als Fitnesswunder unter den Fahrern., Foto: Sutton
Michael Schumacher galt immer als Fitnesswunder unter den Fahrern., Foto: Sutton

Hans Joachim Stuck kann diesen Gedankengang nachvollziehen. "Das Training zahlt sich im Rennen aus", betonte er. "Denn Kondition und Konzentration liegen ganz nah beieinander. Wenn du nach 20 Runden jede Kurve 50 Meter früher anbremsen musst, fehlt dir am Ende eine halbe Sekunde." Das addiert sich bis zum Rennende auf und kostet schnell ein paar Positionen. Christian Danner sieht deshalb die gut durchtrainierten Fahrer im Vorteil. "Einige werden mit einem blassen Gesicht aussteigen", sagt er voraus. "Wenn ein Fahrer stark schwitzt", grenzt Stuck ein, "bedeutet das aber nicht im Umkehrschluss, dass er nicht fit ist. Ich zum Beispiel schwitze immer wie ein Schwein und bin trotzdem fit."

Wer es also nicht nur besser, sondern richtig wissen und selbst spüren will, dem bleiben nur zwei Möglichkeiten: ein langwieriger, teurer und höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilter Aufstieg zum Profirennfahrer oder ein kurzer Anruf bei ein paar Freunden mit starken Oberarmen. Der Rennanzug, die feuerfeste Wäsche und das Auto stehen schon in der brütenden Hitze bereit...