Alles dreht sich um Balance. Das Leben ist ein Balanceakt zwischen gut und schlecht, richtig und falsch und manchmal auch oben und unten. Wenn es mit der Balance nicht passt, dann gibt es selten Grund zur Freude sondern eher zum Wehklagen. Am Freitag in Malaysia fühlte man sich deshalb in eine Zahnarztpraxis versetzt, wo eine Wurzelbehandlung nach der anderen durchgeführt wurde. Groß schienen die Schmerzen der deutschen und des österreichischen Fahrers beziehungsweise deren Autos zu sein.

Nur nicht zu viele Zähne zeigen, Foto: Sutton
Nur nicht zu viele Zähne zeigen, Foto: Sutton

Das begann schon bei Nico Rosberg, der eigentlich einen guten fünften Platz in der zweiten Session erreichte. "Wenn wir im Qualifying in Top10 kommen, dann ist das gut", sagte er. "Das Auto ist sehr schwer zu fahren, vor allem haben wir ein Problem mit der Hinterachse." Da hätte der der werte Zahnmediziner also noch etwas nachzubohren, damit es schließlich und endlich doch passt, aber immerhin konnte er sich als bestplatzierter Deutscher wähnen, was ihm aber relativ wenig Genugtuung verschaffte. "Dafür gebe ich mir heute Abend einen aus", sagte er grinsend. "Nein im Ernst, das bedeutet mir herzlich wenig."

Bei seinem Teamkollegen Alex Wurz war die Karies schon etwas weiter fortgeschritten. Nachdem er am Vormittag Testfahrer Kazuki Nakajima seinen Platz überlassen musste, hatte er am Nachmittag im Ordinationsstuhl kein erfreuliches Erlebnis. "Wir mussten hart arbeiten, um die Performance der letzten Woche zu wiederholen. Noch sind wir nicht ganz zufrieden, aber wir haben morgen noch etwas Zeit, uns weiter zu verbessern", sagte er. Sechs Zähne waren zwar noch nicht befallen, doch der sechste Platz wurde es am Nachmittag schließlich.

Unter der Haube war einiges los, Foto: Sutton
Unter der Haube war einiges los, Foto: Sutton

Etwas schwieriger hatte es der Herr Doktor schon bei Ralf Schumacher. Er wurde Achter und meinte: "Wir haben es nicht ganz so leicht wie die vier Autos vorne." Das verheißt nichts Gutes. Ob etwas gezogen werden muss, ist noch nicht bekannt, aber Ralf weiß, dass am Samstag eine ungute Nachbehandlung folgen könnte: "Wir versuchen natürlich in die Top10 zu kommen, aber es ist verdammt eng und das macht es nicht gerade einfach." Deswegen hat er für den behandelnden Dentisten auch schon ganz klare Anweisungen: "Wo wir uns bewegen, muss man die Runde perfekt hinbekommen und darf sich keine Fehler leisten."

Auch Nick Heidfeld wird noch einmal ein ordentliches Programm im Zahnarztsessel absolvieren müssen, damit ihn nichts mehr schmerzt. "Morgen brauche ich vormittags eine wirklich gute Session, um mein Auto für Qualifying und Rennen noch vernünftig abzustimmen", erklärte er in seinem Tagebuch. Der Grund dafür war die bereits zuvor angesprochene Balance. "Die Balance war vor allem zu Anfang schlecht. Das Auto war sehr schwer zu fahren. Wir haben dann zwar einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber am Ende hat die Zeit nicht gereicht."

Dank braver Arbeit klappt es auch wieder mit dem Zahnpastalächeln, Foto: Sutton
Dank braver Arbeit klappt es auch wieder mit dem Zahnpastalächeln, Foto: Sutton

Sebastian Vettel hat die Behandlung dafür schon hinter sich, sollte nicht bei Heidfeld oder Robert Kubica noch ein Zahn abbrechen oder eine Brücke den Geist aufgeben. Er musste nur am Vormittag zur Untersuchung antreten und war in Punkto Mundhygiene anscheinend vorbildlich. "Für mich lief es heute Morgen problemlos", meinte er. Einzig der Behandlungsraum des Sepang International Circuit machte ihm noch leichte Schwierigkeiten. "Vor allem in den Abschnitten der Kurven zehn und elf und 13 und 14 muss man erstmal die richtige Linie finden. Aber ich habe mich recht schnell eingewöhnt", erklärte Vettel.

Schließlich war dann noch Adrian Sutil, der bereits in Australien die ganze Kunst mehrerer Zahnärzte in Anspruch nahm und während des Rennens bereits ein paar Mal zur strafweisen Zwischenbehandlung durch die Boxengasse pilgerte. Anscheinend hat er sich in der Zwischenzeit gebessert, immerhin ist sein Teamchef Colin Kolles ein waschechter Zahnarzt. Trotz einer durch gelbe Flaggen beeinträchtigen Sitzung, meinte Sutil nachher: "Es war aber immer noch eine annehmbare Zeit, nur 2,6 Sekunden hinter der Spitze. Ich denke, wir können uns morgen verbessern und einige Autos hinter uns lassen." Allerdings war er beim Testbohren eine Woche vor der allgemeinen Behandlung nicht vor Ort, weswegen er doch noch etwas zu klagen hatte. "Dadurch war es recht schwierig, eine gute allgemeine Balance zu finden", meinte Sutil. Und wenn die Balance nicht passt, dann funktioniert es weder beim Zahnarzt noch auf der Rennstrecke.