Melbourne war ein Ferrari-Wochenende. Das ist eindeutig, daran gibt es nichts zu rütteln. Deswegen war es aber noch lange nicht langweilig oder uninteressant. Das ist ein Saisonauftakt nie. Gerade die vielen Wechsel in der Winterpause machen die neue Saison besonders spannend.

Der Neue bei Ferrari heißt Kimi Räikkönen. Er scheint sich bei den Italienern gut eingelebt zu haben und richtig wohl zu fühlen. Weil gleichzeitig das Auto top ist, lief der Saisonstart für ihn wie geschmiert. Dass er selbst schnell ist und kann Rennen gewinnen kann, stand schon vorher fest. Allerdings ist es schwierig zu sagen, wie das Teamduell gegen Felipe Massa ausgegangen wäre, wenn dieser im Qualifying kein Getriebeproblem gehabt hätte. Einige Experten wie Marc Surer haben gesagt, dass Kimi bei den Tests noch nicht alles gegeben hätte, den Nachweis blieb der Australien GP schuldig. Denn leider war unter diesen Umständen kein fairer Vergleich mit Felipe möglich. Trotzdem muss man festhalten, dass auch Massa in einer Bombenform war und ohne die Probleme garantiert 1. oder 2. geworden wäre.

Dann wäre es interessant geworden: Hätten sich Massa und Räikkönen brav hintereinander eingereiht und einen Nichtangriffspakt geschlossen oder hätten sie sich gegenseitig unter Druck gesetzt, angegriffen und duelliert? Jean Todt betonte, dass es momentan keine Nummer 1 gebe. Trotzdem würde die Kollisionsgefahr und die erhöhte Fehlergefahr gegen einen Zweikampf bis zur letzten Reifenrille sprechen. Gerade beim ersten Rennen der Saison schwebt aber noch ein anderes Fragezeichen über den Autos: Von zwei Topfahrern wie Kimi und Felipe erwartet man, dass sie sich nicht gegenseitig rauskicken, aber würde das Team seine Fahrer gleich beim ersten Rennen voll am Limit fahren lassen, wo die Zuverlässigkeit noch nicht hundertprozentig sichergestellt ist? Wohl eher nicht...

Ein erwartet starkes Debüt

Die zweite Kraft hinter Ferrari war McLaren Mercedes. Normalerweise sollte man meinen, dass die Verhältnisse dort ganz klar geregelt sind: Fernando Alonso ist zweifacher Weltmeister und damit die unumstrittene Nummer 1 gegenüber dem Neuling Lewis Hamilton. Allerdings ist Hamilton nicht irgendein Rookie, er ist ein Rookie, der vom ersten Rennen an konkurrenzfähig ist. Ab dem nächsten Rennen gilt er sogar offiziell als Kandidat für einen weiteren Podestplatz und vielleicht den Sieg. Wenn das Auto gut genug ist, kann er genauso gut abschneiden wie Alonso.

Hamilton, Kovalainen, Sutil - der Rookiejahrgang 2007., Foto: Sutton
Hamilton, Kovalainen, Sutil - der Rookiejahrgang 2007., Foto: Sutton

Hamilton hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er Meisterschaften gewinnen, konstant fahren, Gegner in unmöglichen Situationen überholen, viele Plätze gutmachen und die Übersicht behalten kann. Das hat sich auch bei seinem ersten F1-Start gezeigt, bei dem er seinen weltmeisterlichen Teamkollegen überholte. Lewis ist eben schon jetzt mit allen Wassern gewaschen. Für Außenstehende mag Hamiltons Debüt eine Sensation gewesen sein, aber wer ihn schon im Kart, der Formel 3 und der GP2 gesehen hat, der weiß, wie gut er ist und für den war zu erwarten, dass Hamilton von Anfang an so stark sein würde. Eins konnte aber niemand vorhersagen, dass Lewis Fernando Alonso für einen Großteil des Rennens auf Distanz halten würde. Ein gutes Debüt in den Punkten oder auf dem Podium war aber jederzeit zu erwarten.

Ein zu stark kritisiertes Debüt

Das gleiche konnte man von Heikki Kovalainen erwarten. Aber er hat einige Fehler gemacht, vielleicht weil das Auto schwer zu fahren ist, vielleicht weil ihm die Rennpraxis fehlte, vielleicht weil der Druck, entgegen seinen Beteuerungen, doch zu groß war. Dennoch ist er talentiert genug, um seinen Weg zu gehen, und Fisico das Leben schwer zu machen. Trotz aller harten Kritik von Flavio Briatore darf man nicht vergessen, dass Heikki eben doch ein Neuling ist, auch wenn er schon über 30.000 Testkilometer gefahren ist. Es ist nicht immer der richtige Weg, den Fahrer direkt unter Druck zu setzen. Der Teamchef muss ihm nicht um jeden Preis und entgegen jeglicher Logik von Fehlern freisprechen, aber er sollte ihm den Rücken stärken und nicht über die Maßen kritisieren; schon gar nicht, nachdem er ihn selbst als neuen Superstar, ja sogar als Anti-Alonso angepriesen hat.

Trotzdem hat Briatore wieder einmal gezeigt, dass es richtig ist, jungen Talenten eine Chance zu geben. Damit kann man mehr gewinnen als mit alten, etablierten Fahrern. Zudem sollte man nicht vergessen, was Pat Symonds in der Winterpause über Kovalainens Debütsaison sagte: "Heikki könnte schon in diesem Jahr sein erstes Rennen gewinnen, das ist möglich. Wir werden am Ende aber auch auf ein paar spektakuläre Fehler zurückblicken und uns fragen: Warum um alles in der Welt hat er das getan?" Melbourne war ein klassisches Beispiel für ein solches Rennen. Flavio, Pat und Heikki werden sich noch lange an den Kopf schlagen und fragen: Was war das denn? Aber das gehört zum Lernprozess dazu.

Auch wenn es nach dem Podiums-Debüt von Sunnyboy Hamilton nicht danach aussieht, könnte es beim nächsten Rennen schon ihn treffen. Vor Fehlern sind Rookies genauso wenig gefeit wie erfahrene Hasen, das zeigte die Kollision zwischen David Coulthard und Alexander Wurz. Umso spannender wird es, zu sehen, wie sich die Neulinge in den nächsten Rennen schlagen werden. Wann gewinnt Hamilton sein erstes Rennen? Schon in diesem Jahr? Wann fährt Kovalainen das erste Mal in die Punkte? Und wann schlagen sich die Chefs eines der Rookies zum nächsten Mal mit der Hand vor die Stirn?