Der Saisonauftakt ist vorbei, die Formel 1-Junkies haben wieder einmal einen Schuss bekommen und nun folgen die Nachbetrachtungen. Es gab große Auftritte und ein paar Enttäuschungen, aber insgesamt war es doch toll, oder? Na gut, abgesehen von ein paar Zusammenstößen, auf die man gerne verzichten könnte, war überholtechnisch nicht wirklich viel los. Nico Rosberg setzte ein kleines Highlight, als er sich Ralf Schumacher schnappte und Felipe Massa arbeitete sich ganz nett durch das Feld.

Für Gary Anderson, ehemaliger Technischer Direktor bei Jordan, war es jedenfalls zu wenig und wenn er sich ansieht, was 2008 an Regeländerungen kommt, kann er auch keine Verbesserungen erkennen. "Bis 2008 ist es ein langer Weg in der Formel 1. Ich habe einige der Vorschläge betrachtet und habe nichts gesehen, von dem ich irgendwie angetan wäre, wenn ich ehrlich bin. Um 2010, 2011 gibt es größere Pläne, aber auch darüber würde ich keine schlaflosen Nächte verlieren, weil es zu weit weg ist, um darüber nachzudenken. Da werden sich noch tausend Dinge vorher ändern. Momentan sehe ich nichts, dass die Formel 1 für die Öffentlichkeit interessanter macht", erklärte Anderson gegenüber crash.net.

Überholen ist heutzutage nicht einfach, Foto: Sutton
Überholen ist heutzutage nicht einfach, Foto: Sutton

Und mit dieser nicht gerade guten Show ist es nach seiner Meinung schwer, Seher zu gewinnen, die keine Enthusiasten sind, sondern einfach nur den Fernseher einschalten, um ein Spektakel zu sehen. "Sie wollen mehr Racing sehen, Fahrer, die Seite an Seite sind und fünf Überholmanöver pro Runde. Wir sollten erst wissen, wer der Sieger ist, wenn die schwarz-weiß karierte Fahne geschwenkt wird", meinte Anderson.

Solche packenden Rennen kenne er aus anderen Serien, aber mit den Änderungen, die in den nächsten Jahren in der Formel 1 geplant sind, sieht er das dort nicht passieren. Und genau das könnte seiner Meinung nach zu einem Problem werden, denn so viel wie die Formel 1 momentan koste, bräuchte es auch Menschen, die sie sich im Fernsehen ansehen, ließ Anderson wissen. "Ich denke, dass die Autos und die Regeln in den vergangenen Jahren in die falsche Richtung gegangen sind."

Diese falsche Richtung beinhaltet für ihn, dass die Autos nicht mehr gut hintereinander herfahren könnten, weil sie dabei zu viel Grip verlieren und aufgrund des Qualifying-Formats sei dann am Sonntag eben nichts mehr drin. "Du hast das schnellste Auto im Qualifying ganz vorne und das langsamste hinten und am Sonntag erwarten wir das Wunder, dass ein langsameres Auto ein schnelleres auf dem schmutzigen Teil der Strecke überholt, wenn das Grip-Niveau auf der Rennlinie immer besser ist als daneben. Man muss kein Gehirnchirurg sein, um sich auszurechnen, dass das nicht passiert", monierte er.

Deswegen spricht er sich für einen Wechsel aus, der wieder so etwas wie Racing schaffen soll. "Meiner Meinung nach müssen wir die Startaufstellung umkehren; derjenige, der die Meisterschaft anführt, sollte hinten starten und der mit den Problemen vorne. Wenn man mehr Punkte macht, dann wird sich das ändern. Das ist nicht künstlich. Wenn man so die Meisterschaft gewinnen kann, dann war das ehrlich, weil man alle anderen geschlagen hat", meinte Anderson. Denn dadurch würde es nicht mehr nur genügen schnell zu sein, man müsste auch klug fahren. "Man muss die Strategie verstehen und wirklich Leute überholen. Das bringt eine neue Herausforderung."

Beim Überrunden sieht das Überholen einfacher aus als es ist, Foto: Sutton
Beim Überrunden sieht das Überholen einfacher aus als es ist, Foto: Sutton

Um seine These zu untermauern sprach Anderson von jenen Rennen, in denen die Spitzenfahrer aufgrund irgendwelcher Probleme im Qualifying weiter hinten starten mussten. Hatten sie es dann bis nach vorne geschafft oder waren zumindest unter die Top Drei gekommen, dann hatten sie von einem der besten Rennen gesprochen. "Das sind die Rennen, an die sie sich erinnern und von denen sie die größten Kicks kriegen, also warum machen wir es nicht zum Teil des Racing?", meinte Anderson. Für ihn würde das in jedem Fall mehr bringen, als Änderungen an Aerodynamik, Bremsen oder ähnlichem. "Wenn ein Fahrer ein Rennen von hinten gewonnen hat, dann wäre er damit ziemlich zufrieden und darauf kommt es an. Ein großartiger Rennfahrer sollte in allem großartig sein und das schließt Überholen mit ein."